Darkyn: Ruf der Schatten (German Edition)
kleine Royal-Doulton-Porzellankanne hängte. Falls dieser Hang zur Philanthropie anhielt, würde er darüber nachdenken müssen, einen Assistenten einzustellen, der mit ihm reiste.
Er begutachtete den Inhalt des kleinen Kühlschranks und wählte einige Sandwichs und Früchte aus, die er auf ein Tablett legte. Dann stellte er die Kanne und eine Tasse dazu und balancierte beides vorsichtig mit seiner gesunden Hand, während er damit zurück in die Kabine ging.
»Miss Harper « , sagte er, »wären Sie wohl so nett, mir zu helfen ?«
Liling war sofort da, nahm ihm das Tablett ab und stellte es auf den Konsolentisch neben seinem Sitz. Sie lächelte ihn an, bevor sie sich umdrehte, um zurück zu ihrem Platz zu gehen.
Sie glaubte, er hätte das Essen für sich selbst geholt. »Das ist für Sie, Miss Harper .«
»Für mich ?« Ihre Stimme klang schrill, und ihre dunklen Augen blickten ihn bestürzt an. »Aber ich bin nicht … Sie müssen mir nichts zu essen machen, Mr Jaus. Mir geht es gut .«
»Dann ist das hier verschwendet, denn ich mag keinen Tee « , erklärte er ihr. »Von Früchten bekomme ich Bauchschmerzen, und kleine Sandwichs finde ich lästig .«
»Ich könnte Ihnen etwas anderes machen .« Sie blickte an ihm vorbei in den Küchenbereich. »Alles, was sie wollen .«
Ich will deinen Zopf öffnen, dachte Valentin, und sehen, ob du auf deinem Haar sitzen kannst. Dann will ich es um meine Faust wickeln und es benutzen, um deinen Kopf zurückzuziehen, damit dein schmaler, goldener Hals entblößt ist …
Sie starrte ihn jetzt an.
»Nein, danke. Ich trinke oder esse nie etwas … in Flugzeugen .« Er deutete auf den Sitz ihm gegenüber. »Ich fände es jedoch schön, wenn Sie mir etwas Gesellschaft leisteten .«
Die junge Frau setzte sich zögernd, als erwarte sie, dass der Sitz unter ihr explodieren würde, und goss sich vorsichtig Tee in die Tasse. Sie fügte keine Milch und keinen Zucker hinzu, sondern nahm einen kleinen Schluck von der dampfenden Flüssigkeit und zuckte zusammen.
Ihr verlegener Blick traf seinen. »Sehr heiß .«
»Ich habe kochendes Wasser benutzt .« Als Nächstes würden sie sich über das Wetter unterhalten. »Sagen Sie mir, warum Sie ausgerechnet in einer Pflegeeinrichtung arbeiten. Es scheint mir eine merkwürdige Entscheidung für eine so talentierte Gärtnerin zu sein .«
»Gärten sind wie kleine Zufluchtsorte, in denen man vor den Problemen der Welt fliehen kann « , sagte sie. »Nichts ist unmöglich, wenn man von Blumen und grünen, wachsenden Dingen umgeben ist. Die meisten medizinischen Einrichtungen haben professionell angelegte Gärten, aber mir ist aufgefallen, dass nur wenige mehr tun. Ich schätze, deshalb hat es mich gereizt, in Pflegeheimen oder Krankenhäusern zu arbeiten. Ich bin keine ausgebildete Therapeutin, aber ich weiß, dass meine Gärten und meine Blumen den Patienten helfen, selbst wenn sie nur ihre Laune heben .«
Valentin betrachtete ihr Gesicht. »Was Sie sagen, stimmt. Ich stelle fest, dass ich nur in meinem Garten wirklich Ruhe finde .« Es war nicht das Glück, von dem sie letzte Nacht behauptet hatte, dass er es empfinden müsste, aber es reichte ihm.
»Luisa hat mir erzählt, dass Sie Kamelien züchten. Die Sträuße, die Sie für ihr Zimmer mitgebracht haben, sind so ungewöhnlich .« Sie sah aus, als wollte sie noch mehr sagen, aber dann wandte sie den Kopf ab.
Irgendwie machte er sie nervös. »Die Kamelien, die ich züchte, nennen sich Daijohkhan oder Burgkamelien. Sie stammen ursprünglich aus dem Schloss Nayoga in Japan, aber außerhalb ihres Heimatlandes sind sie wenig bekannt .«
»Ich konnte sie in keinem der Blumenbestimmungsbücher finden, in denen ich nachgesehen habe .« Ihr Lächeln kam und ging, schnell und schüchtern. »Sie sind so weiß und perfekt. Wie schaffen Sie es, dass sie so große Blüten treiben ?«
»Ich lasse nur jeweils eine Knospe an jedem Stiel « , erklärte er. »Kamelien sind wie Rosen in der Hinsicht, dass sie egoistisch sind. Je weniger Konkurrenz sie haben, desto mehr blühen sie auf. Sie haben einige Kamelien am Lighthouse gepflanzt, die ich nicht kenne .«
»Es sind Hakutsuras « , sagte sie. »Ich habe mehrere Töpfe davon bei einer Fachtagung letzten Frühling gefunden. Ich hatte Angst, dass die Winter hier zu kalt für sie sind, aber der Züchter erklärte mir, dass sie aus Asien stammen und dass sie gut gedeihen würden – und das sind sie in der Tat .«
»Ah, der ›Weiße Kranich ‹.« Er
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