Darkyn: Ruf der Schatten (German Edition)
gestehen, erfuhr ich, was sie wirklich für mich empfand. Sie machte sich nichts aus mir. Ich habe ihr all diese Jahre mein Herz geschenkt, und sie machte sich nichts aus mir. Sie dachte nie an mich. Ich war niemand, nichts, ein netter Mann, den sie kaum kannte .«
Liling sagte nichts, sondern legte ihre Hand auf seinen Unterschenkel.
»Dreißig Jahre meines Lebens, auf einen Schlag bedeutungslos. Und dann erfuhr ich, dass sie mit einem anderen Mann zusammen gewesen war. Einem Mann, den ich kannte. Er hieß Thierry. Sie liebte ihn .«
Er ging in die Hocke, lehnte den Rücken gegen die Fensterbank und starrte in die Flammen im Kamin.
»Ich war noch nie so wütend « , sagte er, und seine Stimme brach beim letzten Wort. »Ich glaube, ich verlor den Verstand. Ich griff Thierry an. Wir kämpften um sie, und obwohl er besser mit dem Schwert umgehen konnte, hatte ich nichts mehr, für das es sich zu leben lohnte. Ich wollte ihn töten oder bei dem Versuch sterben .«
Liling blickte zum Kamin. »Hast du ihn getötet ?«
»Fast. Jema lenkte ihn ab, weißt du, und Thierry war für einen Moment unaufmerksam. Nur für einen Moment, aber das reichte. Ich nutzte diese Chance. Ich stieß zu, und dann stand sie vor Thierry, zwischen uns .« Er schüttelte den Kopf. »Es passierte so schnell. Ich konnte es nicht mehr verhindern … « Er schloss die Augen. »Nachdem mein Schwert sie durchbohrt hatte, schlug Thierry mir den Arm ab .«
»Oh, Valentin .« Sie rutschte von der Fensterbank herunter und setzte sich neben ihn, legte ihre Wange an seine Schulter.
»Sie hat überlebt. Sie ist jetzt mit Thierry zusammen. Man hat mir erzählt, dass sie sehr glücklich sind .« Er zog den Kopf ein. »Du denkst, deshalb konnte ich meinen Arm nicht benutzen ?«
»Das ergibt einen Sinn « , sagte sie zaghaft.
Er blickte auf seine Hand und ballte sie zur Faust. »Weil ich, als ich ihn zuletzt benutzte, fast die Frau getötet hätte, die ich liebte .«
»Das Herz trifft harte Entscheidungen « , sagte sie leise. »Solange du deinen Arm nicht benutzen konntest, konntest du auch kein Schwert mehr halten und keine andere Frau verletzen .«
Er sah ihr in die Augen. »Hast du Angst vor mir, Liling ?«
»Nein .« Sie sagte das, ohne zu zögern.
»Das solltest du aber .« Er richtete sich auf und verließ die Hütte.
Valentin lief blindlings los, nahm seine Umgebung kaum wahr. Er blieb vor einer riesigen Eiche stehen. Baumrinde explodierte, als er mit der Faust in den Stamm schlug.
»Warum sollte ich Angst vor dir haben ?« , fragte eine leise Stimme hinter ihm. »Ich bin kein Baum .«
Er lehnte sich gegen den vernarbten Baum und versteckte seine blutige Hand vor ihr. Dann drehte er sich um und streckte sie ihr entgegen. »Hier. Hier ist einer der Gründe .« Als sie den Blick abwandte, ging er zu ihr und griff in ihr Haar, zwang sie, ihn anzusehen. »Sieh es dir an. Sieh hin .« Sie holte tief Luft und sah, wie seine Wunden sich langsam schlossen und verschwanden. »Siehst du? Ich brauche dich nicht, um mich zu heilen .« Er ließ sie los. »Ich brauche niemanden .«
»Valentin .« Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und hob das Gesicht, um seine nasse Wange zu küssen. »Ich habe immer noch keine Angst vor dir .«
»Du glaubst, ich brauche deine höflichen Lügen ?« Er legte eine Hand an ihren Hals. »Und jetzt sag mir die Wahrheit. Sag mir, dass du mich verachtest für das, was ich bin und was ich getan habe. Sag mir, dass du es gar nicht erwarten kannst, mich wieder los zu sein. Sag es mir .«
»Ich verachte dich nicht « , sagte sie langsam, mit stockender Stimme. »Was passiert ist, war ein Unfall. Ich weiß, dass du Jema niemals wehtun wolltest und dass du mir niemals wehtun würdest. Ich will dich nicht los sein. Ich möchte dich nicht verlassen, wenn wir in Atlanta ankommen. Ich möchte bei dir bleiben. Ich weiß, was du willst. Ich kann es dir geben .«
Die Stelle auf seiner Wange, wo sie ihn geküsst hatte, brannte unter seinen Fingern. »Was will ich denn ?«
Sie presste sich an ihn und lehnte ihre Wange an seine Schulter. »Dass ich mich dir unterwerfe .«
Seine Berührung zwang sie, ehrlich zu ihm zu sein, deshalb konnte sie nicht lügen. Er wusste nicht, wie er das verstehen sollte. »Warum ?«
»Weil es dir genauso viel Freude bereiten wird wie mir .« Sie vergrub ihr Gesicht an seinem Hals.
Valentin nahm sie auf die Arme und trug sie zurück in die Hütte. Er brachte sie ins Schlafzimmer und zog ihr das
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