Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)
nach Äthiopien flogen«, erzählte ihm Leann. »Ich habe alles hier. Ist sie wieder in Chicago? Ich habe in ihrer Praxis angerufen, aber die Dame am Telefon sagte, ihre Praxis wäre geschlossen.«
Alex hatte ihre Praxis geschlossen? Unmöglich.
»Sie ist im Moment auf einem Ärztekongress.« John griff nach einem Bleistift. »Aber ich werde in der Stadt sein, und ich hole die Informationen gerne für Alex ab. Geben Sie mir bitte Ihre Adresse?«
Leann nannte sie ihm und beschrieb ihm auch, wie er ihr Haus finden konnte. »Ich bin immer so gegen sechs Uhr von der Arbeit zurück, deshalb können Sie danach jederzeit vorbeikommen.«
»Danke, Miss Pollock. Wir sehen uns morgen Abend.« John legte auf und rief das Büro des Erzbischofs an. »Ich muss mit dem Erzbischof sprechen«, sagte er zu Cabreri. Ein neuer Elan ließ seine Stimme stark und sicher klingen. »Ich möchte ab sofort beurlaubt werden.«
Der Rosenduft löste langsam den Knoten in Alex’ Magen. Sie zwang sich, Cyprien beim Trinken zuzusehen, den Vorgang zu beobachten, die Details, wie es funktionierte. Wie seine Pupillen sich zusammenzogen, die genaue Stelle, an der er die junge Frau biss, und wie er mit dem Mund die Wunde umschloss, während er das Blut trank. Er riss ihr keine Wunde in den Hals oder tat ihr weh; tatsächlich hielt er sie vorsichtig fest. Fast zärtlich.
Närrin . Alexandra hielt nicht allzu viel von Cypriens mehr als williger Spenderin. Zieht sich an wie Morticia * und nennt sich selbst Tod. Sie war direkt in die Arme des Todes gelaufen. Der Tod saugte ihr gerade das Leben aus dem Körper, und ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, genoss sie es in vollen Zügen.
Alex war kalt, und sie fühlte sich unbeteiligt. Wenn sie Cyprien vor ein paar Wochen dabei beobachtet hätte, dann hätte sie ihn von dem Mädchen weggezogen, ihn bewusstlos geschlagen und nach der Polizei gerufen. Jetzt war sie sicher, dass er es kontrollieren konnte und sein Versprechen halten würde, dem Mädchen nicht wehzutun.
Denn wenn er es tat, würde er eine Kniescheibe verlieren.
Ich werde ihr nicht wehtun.
Wenn Alex etwas über die Kyn lernen wollte, dann musste sie sich das ansehen. Sie musste damit fertig werden, musste es auf einfache, klinische Begriffe reduzieren. Es war nicht romantisch oder aufregend oder erregend wie in den Büchern und Filmen. Es war, als würde man jemandem dabei zusehen, wie er einen Milchshake trank. Nein, sie konnte Cyprien dabei zusehen, wie er das Blut dieser dummen, dummen Frau trank und daraus lernen und ansonsten nichts fühlen.
Nichts, außer diesem nagenden Gefühl der Wut darüber, dass er sie betatschte.
Das Problem war nicht das Beißen oder das Saugen. Cyprien biss nicht nur und saugte. Er berührte Ediths Gesicht, ihre Schultern, ihre blöden abstehenden Haare. Seine andere lange, schöne Hand strich ihr in einer sanften, beruhigenden Liebkosung über den Rücken.
Diese unnötigen Berührungen gingen ihr wirklich unter die Haut. »Also gut, Prinz der Dunkelheit, das reicht.«
Cyprien hörte nicht sofort auf, aber er hob den Kopf ein paar Sekunden, bevor Alex ihn trat. Zwei Blutstropfen liefen aus den Punktwunden seitlich an Ediths Hals, auf die er ein Taschentuch presste.
»Sieht du? Nichts passiert.« Seine Fangzähne waren noch zu sehen, deshalb lispelte er ein wenig.
»Wir werden sehen.« Sie prüfte den Puls der jungen Frau, der stark und regelmäßig war. »Edith, kannst du mich hören?« Ein langsames, schweres Nicken. »Sie ist immer noch weggetreten von dem, was du mit ihr gemacht hast.« Alex schlüpfte aus ihrer Jacke und legte sie um die junge Frau.
Er zuckte mit den Schultern. »Das ist der Effekt von l’attrait . Wenn wir gehen, wird er vergehen, und sie ist wieder sie selbst.«
Alex legte einen Arm um die entspannten Schultern. »Oh nein, wir werden sie nicht in diesem Zustand auf einem Friedhof zurücklassen.«
Cyprien machte keinen Aufstand, sondern fuhr das Mädchen zusammen mit Alex zu dem Doppelhaus, in dem sie wohnte. Es schien ihn sogar zu amüsieren. »Das hier ist nicht nötig, Alexandra. Sie wäre ein paar Sekunden nach unserem Weggang wieder aufgewacht. Sie ist durch mich nicht entrückt.«
»Das bin ich auch nicht. Bleib hier.« Sie ging mit Edith zur Tür und suchte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel. Sie musste danach tasten, weil das Licht am Eingang nicht brannte und dicke Wolken das Mondlicht verdeckten. »Edith, du darfst von jetzt an nicht mehr auf Friedhöfe
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