Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry
machen, die die Kinder die Osterferien über beschäftigen. Heute Nachmittag gehen sie zum Glück auf Ei-Pott-Suche. Sollten sie erwischt werden, drohen sie jetzt schon damit, ihre MP3s zu entsichern.
22. April, Freitag
Auf in den Supermarkt. Ich habe beschlossen, dass das Haus einen anständigen Frühjahrsputz braucht, und hab’ schon mal notiert, was alles fehlt …
Das sollte eigentlich reichen. Irgendwo muss das Baby doch abgeblieben sein.
23. April, Samstag
Stephen ist wie immer am Georgstag zur Karaokenacht ins Red Lion. Er hofft, sie mit einem mitreißenden Potpourri englischer Klassiker umzuhauen – »God Save the Queen«, »Jerusalem« und »Tiger Feet«.
Schon nach Mitternacht. Stephen ist noch nicht zurück, und ich gehe mit Migräne ins Bett. So eine schöne Migräne – für nichts und wieder nichts.
24. April, Sonntag
Ostersonntag. Die morgendliche Eierjagd war ein voller Erfolg. Die Kinder haben jede Menge gefunden – von Steinadler, Wanderfalke und Fabergé …
25. April, Montag
Richtig schöner Gammeltag. Haben auf der faulen Haut gelegen und die üblichen Ostermontagsfilme geglotzt –
Gesprengte Ketten, Meine Lieder – meine Träume
und
Texas Chainsaw Massacre.
Manchmal sehe ich mich richtig als Julie Andrews von heute. Ich singe, ich tanze, und heute erst habe ich wunderschöne Vorhänge aus den Kinderkleidern geschneidert.
26. April, Dienstag
Mrs. Nortons Buch ist heute angekommen. Das Titelbild zeigt eine blutbefleckte Begonie oder so. Na gut, jedem Tierchen sein Pläsierchen, also Augen zu und durch …
KAPITEL EINS
Professor Dirk Duval, blond und mit kantigem Kinn, der 1,88 m große Professor für religiöse Gartenkultur an der englischen Cambridge University, hob den Hörer des grünen Telephons ab.
»Abteilung für religiöse Gartenkultur. Professor Duval am Apparat. Wie bitte, Giselle? Professor Johnson ist tot? Ermordet? Mit einer Hacke totgeschlagen? Ich komme sofort rüber.«
Professor Duval knallte den Hörer auf die Gabel des Telephons auf seinem alten Teak-Schreibtisch und griff nach seiner Tweedjacke. Der mit den ledernen Ellenbogenschützern. In der ihm keine Frau widerstehen konnte. Er ging zur Tür hinaus. Und schloss sie hinter sich. So ein Mann war er.
Du kriegst die Motten! Das ist doch Edelramsch! Und für so eine Plastikliteratur hab’ ich gutes Geld bezahlt? Na gut, jedem Tierchen sein Pläsierchen, wie gesagt. Also das erste Kapitel les’ ich noch durch, bevor ich das Buch zusammen mit Stephens Cheeky-Girls-Postern in den Secondhand-Laden bringe.
27. April, Mittwoch
Habe mich überwunden, in dem lächerlichen Buch weiterzulesen. Ich kann schließlich schlecht das Treffen unseres Buchclubs leiten, wenn ich nicht wenigstens ein paar Kapitel gelesen habe, oder? Dieser Professor Duval hat anscheinend die Theorie aufgestellt, dass der Garten Eden in Wirklichkeit von dem berühmten Landschaftsarchitekten Capability Brown entworfen wurde. Zusammen mit seiner bildschönen französischen Forschungsassistentin Giselle reist Duval durch die Welt und sucht den Garten. Ach, und dann werden unter geheimnisvollenUmständen laufend Leute von einem einarmigen Gärtner umgebracht, der vielleicht im Auftrag einer uralten Sekte namens Interflora handelt.
Also, das ist wirklich alles unsäglich dummes Zeug. Wenn das nicht bald besser wird, les’ ich das letzte Kapitel nun aber wirklich nicht mehr.
28. April, Donnerstag
Heute war das erste Treffen unseres kleinen Buchclubs. Und was sagt man dazu? Ich war die Einzige, die das alberne Buch gelesen hatte! Ich war sogar die Einzige, die es gekauft hatte. Wobei – so schlecht war es am Ende gar nicht. Zum Glück konnte ich mich so weit daran erinnern, dass ich es für die anderen zusammenfassen konnte, und anscheinend gefiel ihnen meine Nacherzählung, auch wenn Mrs. Winton nach sechs Stunden losmusste, um ihre Kleine von der Schule abzuholen. Insgesamt finde ich, der Aufwand hat sich absolut gelohnt. Dieser Buchclub könnte ein großer Erfolg werden.
29. April, Freitag
Welch ein Abend! Morgen ist Mrs. Barrowmans Scheidungstermin vor Gericht, und darum hat sie Mrs. Norton, Mrs. Winton, Mrs. Biggins und mich heute zum Gattinnenabschied eingeladen. Normalerweise halte ich nicht viel von solchen Dingen, aber da ich mich nichterinnern kann, wann ich das letzte Mal mit den Mädels um die Häuser gezogen bin, hab’ ich mitgemacht und muss sagen, es hat mir die Augen
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