Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

die Kinder lernen die Schwerkraft kennen, indem sie in sechzig Meter Höhe eine eingefettete Seilbrücke überqueren, die Reibung durch das Skilaufen auf einer Glassplitter-und-Schotter-Piste und die Anziehungskraft, indem sie in einem magnetisierten Anzug an einen riesigen Kühlschrank geworfenwerden. Die Brown’sche Molekularbewegung wird sogar mit Tierverhaltensstudien kombiniert, indem man die Klasse in einem eigens konstruierten Stahlkasten eine halbe Stunde lang mit einem Wolf alleinlässt. Für Brangelina war das Schönste natürlich der Souvenirladen, wo sie ein »Kannste Wissenschaft, kannste alles!«-T-Shirt, ein »Kannste Wissenschaft, kannste alles!«-Federmäppchen und eine »Kannste Wissenschaft, kannste alles!«-Tetanusspritze bekommen hat.
    6. Juli, Mittwoch
     
    Habe eine Überraschung erlebt, als ich heute Vormittag Viennettas Zimmer saubergemacht habe. Ich staubte gerade das Geheimfach hinter ihrer Höschenschublade ab, als mir rein zufällig ein Buch in die Hände fiel. Ich halte mich für genauso tolerant wie den Rest der Welt – na ja, Mrs. Norton mal ausgenommen –, aber ich war doch schockiert, in welcher Sprache da eine ganze Palette an körperlichen Exerzitien beschrieben wurde. So was hab’ ich ja noch nie gelesen. Ich war richtig erleichtert, als ich merkte, dass es nur ihr Tagebuch war!
    7. Juli, Donnerstag
     
    Habe gerade meinen Badeanzug anprobiert. Ich sehe darin natürlich phantastisch aus, zumal mit meinem roten Samtbadehut, aber ich habe den Eindruck, eswürde nicht schaden, wenn ich ein paar Pfund abnähme. Ich habe daher beschlossen, dass Stephen und ich eine Schlankheitskur machen werden (auf den ersten Blick hat er zwar kein Übergewicht, aber ich bin der festen Überzeugung, die Schnellimbisse und die Nächte unten im Pub setzen sich irgendwo in ihm fest wie eine gesättigte Zeitbombe, und er hat nicht die Willenskraft, das allein zu schaffen).
    Für mich ist dieses Projekt auch eine willkommene Gelegenheit, um etwas mit der ganzen Familie zu unternehmen. Schließlich werden wir im Fernsehen und in der Boulevardpresse heutzutage unaufhörlich mit Berichten über die Fettleibigkeitsepidemie unter den Kindern unseres Landes bombardiert. Ich mache mir da allerdings keine großen Sorgen, denn ich habe sie alle schon als kleine Kinder impfen lassen, und damit sie fit bleiben, gebe ich ihnen so oft und so reichhaltig wie möglich zu essen.
    8. Juli, Freitag
     
    Es ist eine so warme Nacht, dass Stephen keine Pyjamahose anhat. Wahrscheinlich ist das im Pub gar nicht weiter aufgefallen.
    9. Juli, Samstag
     
    Stephen und ich waren heute im Fitnessstudio die Straße hoch, um uns für den Urlaub in Form zu bringen. Esgibt da einen eigenen Übungsplan namens Supa-cise. Stephen war anfangs nicht gerade scharf darauf, aber nach der Vorstellungsrunde mit unserer persönlichen Fitnesskoordinatorin wirkte er schon deutlich angeregter. Er bestand sogar darauf, dass wir uns ihr persönliches Trainingsvideo anschaffen,
Kelly-Ann-Marie ruckelt dich fit,
einfach damit »unsere Begeisterung nicht erlahmt«.
    10. Juli, Sonntag
     
    Ach du liebe Zeit, welch ein Tag! Die arme Viennetta hat sich in ihrem Zimmer eingeschlossen. Als liebevolle Mutter bin ich natürlich hochgegangen und wollte wissen, was sie denn bedrückt. Schließlich hat sie sich die Augen ausgeweint, seit sie aufgestanden ist, und die letzte Folge von
Herzschlag des Lebens
kam schon letzte Woche, daran kann es also nicht liegen.
    Am Ende konnte ich sie dazu bringen aufzuschließen. Wir setzten uns auf ihr Bett, und ich legte ihr den Arm um die Schultern, wie es im Handbuch auf S. 16 empfohlen wird. Als ihr Schluchzen verebbte, erzählte sie, was sie beunruhigte. Ich kann nicht behaupten, dass es mich überrascht hätte. Eher erstaunt es mich, dass sie so lange ohne Schwangerschaft durchgekommen ist.
    Ich fragte, ob sie sicher sei, und sie griff unters Kopfkissen und zog den Beweis hervor. Es gab keinen Zweifel. Da stand es schwarz auf weiß – TEENAGER BEI
SUCH DEN STAR
IN BABYSCHANDE.
    Möchtegernsängerin Viennetta Fry musste sich gestern aus dem regionalen Halbfinale von
Such den Star
zurückziehen,
als die vorgeschriebenen Untersuchungen ergaben, dass sie im vierten Monat schwanger ist. Viennetta, 86-61-81, sagte, die Vorschrift sei ihr unbekannt gewesen, und gab ihre Absicht bekannt, als Britney-Spears-Imitatorin weiterzumachen und im Dezember bei
England sucht das kleine Supertalent
mit einem neuen Doppelsolo sowie als