Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman
Tischdamen abserviert hatte, tanzte ich die meiste Zeit mit Gloria, und sie klammerte sich an mich wie nie zuvor. » Das ist der schönste Tag in meinem Leben, ich war noch nie so glücklich « , flüsterte sie mir ins Ohr. Tante Mame war die gefragteste Tanzpartnerin des Abends, von halb zehn Uhr an tanzte sie ununterbrochen, bis ich sie von einem neuerlichen schwungvollen Schottischen mit meinem zukünftigen Schwiegervater erlöste.
» Darf ich? « , sagte ich.
» Dass das junge Gemüse aber auch immer nur das Beste kriegt, was, Cuddles? « , raunzte er vergnügt und kniff sie zum Abschied ein letztes Mal in den freien Rücken.
» Aua! Sie bringen mich noch um, Buster « , kreischte Tante Mame schrill.
» Was dagegen, wenn ich dich ablöse, Tante Mame? « , fragte ich.
» Was dagegen? Ich hätte mir das Bein amputieren lassen müssen, wenn du nicht gekommen wärst. Ich war noch nie auf einem Ball, wo auf der Tanzfläche Rugby gespielt wird. Willst du mir auch erzählen, wie man einen Daiquiri zubereitet? Man nimmt einfach Honig statt… «
» Bitte nicht, ich weiß es schon. « Ich lachte. » Aber amüsieren tust du dich prächtig, oder? «
» Bes– tens! Habe ich dir schon erzählt, wie Mr. Abbot mal beim vierzehnten Loch mit nur einem Schlag eingelocht hat? Vorgegeben sind drei Schläge. Also, er stand da mit seinem Neger-Caddie… «
» Hör zu, Tante Mame. Ganz im Ernst: Ob du dich nun amüsierst oder nicht– du bist der wundervollste Mensch im ganzen Bundesstaat Connecticut… «
» Wenn du mir nichts Nettes zu sagen hast, sag es lieber gar nicht. «
» Nein, ich meine es ernst. Du bist absolut wunderbar, und ich liebe dich umso mehr. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so stolz auf einen Menschen. «
» Aber das ist doch ein Kinderspiel, mein Lieber. Man nimmt einfach nur ein bisschen Honig und schüttelt wie verrückt. Oje, da kommt der blonde Ringer zur vierten Runde. «
» Darf ich? « , sagte Mr. Abbot-Habit-Cabot-Rabbit-Mabbit.
» Hoffentlich langweilen Sie sich heute nicht « , sagte Mrs. Upson am nächsten Morgen und reichte Tante Mame den Heim-und-Garten-Teil der Herald Tribune, » aber Sonntag ist bei uns immer Familientag. Claude schlägt morgens seine achtzehn Löcher auf dem Golfplatz– ich sag’ ihm immer, er soll lieber in die Kirche gehen, aber er meint, Gott würde er draußen auf dem Platz oft genug zu Hilfe rufen. Ist er nicht schrecklich? «
» Schrecklich? « , sagte Tante Mame. » Meine Liebe, er ist… «
» Aber wie gesagt, Mame, heute machen wir einen auf gemütlich. Wir bleiben zu Hause, auf unseren Zimmern, und meistens kommen Boyd– unser Junge– und Emily, und wir unterhalten uns und sitzen rum. Mögen Sie eigentlich gerne Gin? «
» Gerne? Drin baden könnte ich! «
» Na fein. Ich hole nur eben die Karten und den Punktzettel, und dann spielen wir erst mal eine Runde… «
» Oh « , sagte Tante Mame geknickt.
» Manche Leute haben natürlich Vorbehalte gegen das Kartenspielen am Sonntag. Von wegen Visitenkarten des Teufels und so. «
» Vielleicht sollte ich mich doch lieber mit dem Heim-und-Garten-Teil begnügen. Ich möchte nicht allzu aufgeputscht sein, wenn Floyd nachher kommt. «
» Boyd. «
» Entschuldigung. Ja, Boyd und Emily. «
Der Sonntag zog sich träge dahin. Gloria schlief bis mittags, den Nachmittag verbrachte sie auf ihrem Zimmer und schrieb an ferne Freunde über ihr neues Glück. Mrs. Upson zog mit Tante Mame davon, um eine Frau zu besuchen, die die größte Milchgläsersammlung in Mountebank hatte, und ich hockte schwitzend und gelangweilt auf der Terrasse.
Um fünf Uhr versammelte sich alles auf der Terrasse, wo Mr. Upson, rot und proper vom Golfspiel, eine Runde Daiquiris mixte und uns von neuem erzählte, wie es gemacht wurde. Diesmal war Tante Mame unerbittlich, was ihren Wunsch nach Whiskey pur betraf, und ich trank Bier. Gerade hatten wir uns niedergelassen, da wurden wir durch die Ankunft eines Ford Cabrio, in dem Boyd Upson, seine Frau Emily und ihre Tochter Deborah saßen, auch schon wieder aufgescheucht.
» Huhu! « , rief Mrs. Upson. » Huhu! Boydie-boy, Emily! «
Ungestümes Füßchengetrippel, und Deborah, ein ziemlich hübsches Kind von drei Jahren, kam auf die Terrasse gerast.
» Ach, mein Schätzchen! Komm zu Omilein, Debbie, Schätzchen. Gib Omilein ein Küsschen! Ist das nicht urkomisch « , sagte sie und lächelte affektiert Tante Mame an, » in meinem Alter schon Großmutter zu sein? «
» Komisch? « ,
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