Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman
ich und wer noch dir bringen? «
» Babys, Darling. Du hast ein Alter erreicht, in dem man ans Heiraten denken sollte. Du bevorzugst doch nicht etwa junge Männer, oder? «
» Nur zum Spielen « , sagte ich. » Aber Mädchen mag ich auch nicht– jedenfalls keine so sehr, dass ich sie ehelichen würde. «
» Keine Sorge, Darling. Ich kümmere mich darum. «
» Das ist wirklich verdammt anständig von dir. «
» Ich muss mich nur erst in meinem neuen Lebensstil zurechtfinden, dann widme ich mich dir. «
Tante Mame fand sich sehr rasch in ihrem neuen Lebensstil zurecht. Sie kaufte jede Menge neue Kleider im New-Look-Stil– » viel eleganter und würdevoller als diese engen Apachenkleidchen, die wir während der Kriegsjahre trugen « – und belegte unzählige Kurse an der New School for Social Research– » damit ich deinen lieben Kindlein auch intellektuellen Anreiz bieten kann «. Ich zuckte zusammen.
Im Herbst bekam ich eine Stelle in einer kleinen Werbeagentur und textete für achtzig Dollar die Woche Werbesprüche für den Elektroherd Itsa-Daisy. Tante Mame fand, das reiche nicht, um Frau und Kinder zu ernähren, aber wenigstens sei ein Anfang gemacht. Ich bezog auch eine eigene Wohnung– ein Zimmer mit Nasszelle am University Plaza–, und Tante Mame fand wieder, das reiche bei weitem nicht, um Frau und Kinder unterzubringen, aber wenigstens sei ein Anfang gemacht. Obwohl ich nicht mehr unter einem Dach mit ihr lebte– ich hätte sie nicht viel öfter gesehen, wenn wir auch noch das Bett geteilt hätten. Im Durchschnitt fünfmal die Woche lud sie mich zum Abendessen ein, und jedes Mal gab es viele, leicht aphrodisische Gerichte, auf denen, mit Spritztüte geschrieben, » Amour « stand, und als Zugabe ein hübsches, alleinstehendes Mädchen, das Tante Mame für mich ausgewählt hatte. Tante Mame sprach ausnahmslos über die Themen Ehe und Kinder, füllte mich mit Champagner und Brandy ab, schlich sich dann wegen einer angeblichen Verabredung davon und ließ mich mit ihrer jeweils neuesten Kandidatin für das Brautsofa allein. Sie war aufdringlich wie die Madam eines Freudenhauses, aber irgendwie war keines der Mädchen die Richtige.
Der Herbst brachte eine verwirrende Abfolge betörend schöner Frauen. Zum Beispiel Vivian, Tante Mames Meinung nach ein » perfektes Prachtweib, wie geschaffen fürs Kinderkriegen– sieh dir nur diese Hüften an! « Vivian allerdings konnte über nichts anderes reden als Tennis und Reiten und Harpunenfischen, und bei unserem letzten Rendezvous schwärmte sie so von Jujitsu, dass sie mich aufs Kreuz legte und ich die nächsten zwei Wochen in einem Stützkorsett herumlaufen und zum Chiropraktiker humpeln musste.
Als Nächste kam Elaine. Sie war ein eher dunkler Ostküstentyp und hatte nur Politik im Kopf, und an dem Abend, als ich ihre Hand hielt und sie fragte, ob sie gerne die Nacht über bleiben würde, sah sie mir mit schmachtendem Blick in die Augen und sagte: » Warum lässt du dich nicht als Kandidat auf die liberale Liste setzen als symbolischen Protest gegen Tammany Hall. « Damit war der Fall erledigt.
Es folgte Carolyn, die weder rauchte noch trank und die versuchte, mich zur Kirche der Christlichen Wissenschaft zu bekehren. Helena war attraktiv und intelligent, aber so steif und effizient, als würde man mit einer Maschine schmusen. Mary und ich wurden ganz kirre bei dem Versuch, das Doppelrätsel in der Saturday Review zu lösen, aber unsere Affäre fand ein schnelles Ende, als ich sie in einem Taxi küsste und sie mich fragte: » Hinduistischer Philosoph, um achthundert, acht Buchstaben. « Dotty war für meinen Geschmack viel zu energisch. Fran kehrte zu sehr die Südstaatlerin heraus. Isabelle war zu geheimnisumwittert. Mit anderen Worten, aus dem Ganzen wurde nichts.
Tante Mame war stinkwütend. » Du solltest dir Hormone spritzen lassen oder zum Psychiater gehen, was weiß ich. Was ist los mit dir? Ich ziehe lauter hübsche Mädchen für dich an Land, und was passiert– du schnüffelst wie ein kastrierter Kater an ihnen rum und stakst davon. Ist ja widerlich! «
» Warum lässt du mich nicht endlich in Ruhe? Ich heirate wen und wann es mir passt. «
Gegen Ende des Jahres wurde Tante Mame die Rolle der Kupplerin leid, und sie begab sich ins sonnige Mexiko. Dort blieb sie und blieb und blieb. Und sie brachte die Psychologie, die sie in der New School gelernt hatte, zur praktischen Anwendung. Regelmäßig schrieb sie mir Briefe, und jedem legte sie
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