Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
Vom Netzwerk:
Winterhalter nicht mehr lebe.
    Ihre Aussprache wurde etwas breiter, weicher und war nicht mehr so abgehakt. Sie nannte mich jetzt häufig » mein Süßer « und benutzte die Redewendung » alle, wie ihr da seid « , egal ob sie mit einer oder mit mehreren Personen sprach.
    Zu meinem dreizehnten Geburtstag schickte sie mir einen ganzen Sack voller Geschenke. Besonders heraus ragte ein wunderschöner antiker Satz fein ziselierter Spielsoldaten der Konföderierten Armee, den ich immer noch habe, ein dreibändiges Werk über General Lee und, ausgerechnet, eine vergilbte Erstausgabe von Der kleine Colonel. Ich ahnte, was auf mich zukam.
    Im Juni des Jahres wechselte ich von der Hauptschule auf die Oberschule. Ich hätte es auch allein geschafft, aber Tante Mame schrieb einen überschwänglichen Brief, in dem sie ankündigte, dass sie und Onkel Beau mit dem Auto nach St. Boniface fahren wollten, um an der Zeremonie teilzunehmen. » Und noch etwas, mein Süßer « , schrieb sie, » ich habe eine Überraschung für dich. Du und dein Onkel Beauregard und ich, wir fahren nach Georgia, um den Sommer auf unserer alten Plantage zu verbringen und meine reizende liebe alte Schwiegermama zu besuchen. Entschuldige, aber ich bin in Eile, heute versammeln sich die ›Töchter der Konföderierten‹ hier bei mir. «
    Auf der Festveranstaltung verkörperte sie den Triumph der holden Weiblichkeit und des Südens. Sie trug ein weißes, gekräuseltes Gartenpartykleid, das aussah, als wäre es aus Zuckerwatte, dazu Spitzenhandschuhe, Spitzenhäubchen und einen Spitzenschirm, den sie auf kokette Weise schwang, und ein Schultertuch aus Spitze, das sie dauernd hinfallen ließ, damit die verpickelten Kavaliere von St. Boniface es für sie aufheben konnten. Ich gewann den Preis für den besten Aufsatz, und Tante Mame sagte anschließend zu meinem Englischlehrer: » Ich bin ja so stolz auf den Jungen, glatt platzen könnte ich. Aber was will man erwarten, bei dem Vater, einem der gebildetsten Männer bei uns daheim. «
    In Onkel Beaus großem Duesenberg-Tourenwagen fuhren wir nach Georgia, hielten unterwegs mal hier, um uns irgendein berühmtes altes Denkmal anzusehen, mal da, um ein berüchtigtes altes Schlachtfeld zu besichtigen, auf dem » unsere Jungs aus den Südstaaten « gekämpft und für ihre Überzeugungen den Heldentod gestorben waren. In meinen Augen sah die Landschaft ziemlich öde aus, doch Tante Mame, die vorher bereits mal im Schlafwagen nach Palm Beach durchgefahren war, ließ sich lang und breit über das kultivierte gewachsene Erbe und die reiche Geschichte aus.
    Als der Wagen vor dem Säulengang von Peckerwood, der Plantage der Burnsides, zum Stehen kam, trat ein freundlicher alter Majordomus zu uns, um das Gepäck ins Haus zu tragen, und eine riesenhafte farbige Frau, die der Werbung für Pfannkuchenmehl entsprungen zu sein schien, sagte ungefähr dreißigmal » Herrgottimhimmel « . Tante Mame war in ihrem Element.
    Beaus Gewinne aus dem texanischen Ölgeschäft, dem kubanischen Zuckergeschäft, dem New Yorker Aktiengeschäft, dem kanadischen Bergbaugeschäft– alle hatten dazu beigetragen, die geschmackvollen Räume von Peckerwood in ihrer Vorkriegsherrlichkeit wieder aufleben zu lassen. Das Haus war mit Damasttapeten, Stühlen aus Rosenholz, Sheraton-Tischen und Kristalllüstern mit sturmfesten Lampenzylindern ausgestattet. Tante Mame meinte, es sei » einfach wunderbar « . Man zeigte mir mein Zimmer im ersten Stock, eine gewaltige Räumlichkeit mit einem Himmelbett, einer Chippendale-Doppelkommode und Schwingtüren, die auf eine Veranda hinausgingen. Daneben befand sich ein echtes Yankee-Badezimmer aus der Nachbürgerkriegszeit mit sanitären Einrichtungen von Crane.
    Tante Mame war leicht verstimmt, dass sie nicht auch im Haupthaus untergebracht war, doch der Sohn wohnte mit seiner Frau traditionell im Brautgemach, einem Cottage hinter dem Buchsbaumlabyrinth im Garten. Ich glaube, später war sie ganz froh darum.
    » Beau, mein Süßer « , wiederholte sie ständig beim Auspacken ihrer Leibchen, » wann lerne ich denn nun endlich dein niedliches kleines altes Mütterchen kennen? «
    Bei aller Phantasie, aber Mrs. Burnside konnte man weder niedlich noch klein nennen. Alt war sie allerdings, und ich vermute, dass Gott in seinem unergründlichen Ratschluss es für richtig gehalten hatte, sie zur Mutter zu machen, obwohl ich mich, Lästerung riskierend, oft gefragt habe, warum. Sie war gebaut wie ein

Weitere Kostenlose Bücher