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Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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General-Electric-Kühlschrank und sah aus wie eine Kreuzung aus Caligula und einem Kakadu. Mutter Burnside hatte glänzende Äuglein, eine herrische schnabelartige Nase, eine fahle Haut und Mundgeruch. Sie trug eine steife schwarze Perücke und ein steifes schwarzes Kleid, und den ganzen Tag lang saß sie in einem abgedunkelten Salon, die wulstigen Hände– mit schmutzigen Diamantringen überkrustet– vor dem wulstigen Bauch gefaltet. Sie war eine verbiesterte, verschlossene Frau; nur wenn sie sich anstrengte, konnte sie sich über mehrere Themen unterhalten: a) ihre hochrangigen Vorfahren, b) wie unverschämt die Neger würden, c) die Yankees, d) wie nichtswürdig alle anderen außer Mrs. Burnside waren, e) der beklagenswerte Zustand ihres Darms. Meistens aber saß sie nur mit schmallippiger Missbilligung des Geschehens da, der giftige Blick aus den schwarzen Augen umherhuschend wie der eines bösartigen alten Papageis.
    Es gab noch einen anderen Bewohner des Herrenhauses von Peckerwood, Cousine Fan, die verarmteste von allen Verwandten. Sie war eine verblichene, schüchterne, geistesabwesende alte Jungfer, die für ihre Armut dadurch bestraft wurde, dass sie nach Mutter Burnsides Pfeife zu tanzen hatte. Eigentlich war Miss Fan ganz süß und mitfühlend, auf masochistische Weise. Sie hatte einen Intelligenzquotienten von ungefähr fünfunddreißig, und in der wenigen Zeit, die nicht damit ausgefüllt war, den dumpfen Launen von Mrs. Burnside zu gehorchen, tat sie » gute Werke « für die Neger und betete zu einem vornehmen und stocktauben Gott der Episkopalkirche.
    Nachdem ich auf dem Klo gewesen war und meine Sachen ausgepackt hatte, kratzte Miss Fan an meiner Schlafzimmertür. » Hallo « , flüsterte sie, » ich bin Miss Fanny Burnside, Beaus Cousine. Entschuldige, dass ich euch nicht unten an der Haustür begrüßt habe, als ihr ankamt, alle, wie ihr da seid, aber ich war gerade oben und gab Cousine Euphemia– ich meine, Miz Burnside– ihr Abführmittel. Du bist Miz Beaus Neffe, stimmt’s? «
    Ich sagte ja und guten Tag.
    » Hast du Lust, nach unten zu kommen und dich ein Weilchen auf die Terrasse zu setzen? Miz Burnside wacht nie vor vier aus ihrem Nickerchen auf. «
    Miss Fan und ich saßen in Schaukelstühlen, und endlich kamen Tante Mame und Onkel Beau aus ihrem Brautgemach herübergeschlendert. Tante Mame war beängstigend gut gelaunt, küsste Miss Fan mehrere Male und sagte Cousine Fanny zu ihr. Der alte farbige Diener brachte eine große Karaffe mit Bourbon und Coca-Cola, und Tante Mame wurde schrecklich leutselig auf der Terrasse. » Was soll ich sagen, Cousine Fanny « , kreischte sie, » süß sind Sie wie ein Käferchen! «
    Miss Fan kicherte nervös.
    Es war nicht zu übersehen, dass Onkel Beau sehr stolz auf Tante Mame war. Sie nannte ihn ihr großes altes Lammkälbchen und drehte immerzu Strähnen seines rotblonden Haars zu Löckchen. Miss Fan gickerte ängstlich und sagte, sie freue sich sehr, dass der liebe Vetter Beau so ein nettes kleines Frauchen gefunden habe.
    In dem Moment tönte von irgendwoher im Haus ein schreckliches Stampfen, und Miss Fan wurde aschfahl im Gesicht. » Gnade « , sagte sie, » hoffentlich hat unser Gerede Cousine Euphemia nicht gestört. Sonst wacht sie nie so früh auf. « Wieder das Stampfen, und Miss Fan eilte ins Haus.
    Das Zusammentreffen von Tante Mame und ihrer Schwiegermutter war von homerischer Größe. Gerade schenkte Beau eine neue Runde Bourbon ein, da kam Miss Fan auf die Terrasse gehuscht. » Sie ist jetzt bereit, euch zu empfangen, alle, wie ihr da seid. «
    » Oh, ich bin hin und weg, Beau, mein Süßer! « , schwärmte Tante Mame. » Kann es kaum erwarten! « Ich konnte schon.
    Zaghaft geleitete Miss Fan uns in den hinteren Salon, und dort thronte Mutter Burnside.
    » Mutter, meine Liebe « , schrie Tante Mame und eilte zu ihr, um sie zu küssen. Genügte Mutter Burnsides beißender Mundgeruch nicht, weitere Intimitäten zu verhindern, so tat es ihre einleitende Bemerkung.
    » Sie sehn älter aus, als ich dachte « , sagte sie.
    Tante Mame wankte. Nie gab sie ihr wahres Alter an, und auf offizielle Dokumente schrieb sie immer nur » über einundzwanzig « , was nie jemand in Frage zu stellen für nötig befunden hatte. Ich vermutete, dass sie zwischen fünfunddreißig und vierzig war, aber sie wirkte wesentlich jünger.
    Mrs. Burnside bedachte Onkel Beau mit ihrem hasserfüllten düsteren Blick. » Ja, doch, Beauregard, du hast mir zu verstehen

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