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Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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gegeben, dass deine Frau viel jünger ist. Du siehst müde aus, mein Junge, ziemlich müde. « Beau küsste sie ehrerbietig auf die Stirn, dann stellte er mich vor. Ich nahm ihre wurstige alte Hand und machte meinen schönsten Tanzschulendiener.
    » Bist ja ganz höflich « , sagte sie, » für einen Yankee. «
    Tante Mame hatte sich von dem anfänglichen Sperrfeuer erholt und machte einen zaghaften zweiten Versuch. » Was für ein wunder-, wunderschönes altes neoklassizistisches Haus, Mutter– äh, Mrs. Burnside. « Mir fiel auf, dass alle Spuren ihres Südstaatendialekts verschwunden waren.
    » Uns gefällt es « , sagte Mrs. Burnside knapp, wandte sich dann wieder Beau zu und setzte zu einer langen Anekdote über ihre Gedärme an.
    Das Abendessen war die reinste Trauergesellschaft.
    Es gab dicke Suppe, fetten Schweinebraten, Röstkartoffeln, kandierte Bataten, Maisbrei, Maisbrot und einen gestürzten Ananaskuchen. Ich hatte anschließend schreckliche Albträume, und selbst Tante Mame musste ein leichtes Magenkneifen vor Übersäuerung eingestehen. Nur sporadisch kam ein Tischgespräch zustande. Tante Mame ließ sich weiter tapfer über den Charme alter Häuser im neoklassizistischen Stil aus und den Einfluss von Virtruvius, der von Palladio, Castle, Jones, Adam und schließlich Thomas Jefferson weitergeführt worden sei. Beau stellte– wenig überzeugend– ungefähr sechsmal fest, wie gut es täte, wieder zu Hause zu sein. Miss Fan schnatterte viel, bis Mrs. Burnside mit einer Gabel heftig auf sie einstach und sagte, sie solle still sein. Dies sowie einige herkulische Rülpser waren ihre einzigen Beiträge zu dem Gelage. Nach dem Essen begab sie sich unverzüglich zu Bett, und Miss Fan trippelte hinter ihr her, um ihr beim Ausziehen zu helfen und ein Kapitel aus der Bibel vorzulesen. Tante Mames Besuch hatte keinen guten Anfang genommen.
    Es war Beau, der schließlich das große Familientreffen anregte. Von sich aus hätte Mrs. Burnside ihrer neuen Schwiegertochter keinen Funken Beachtung geschenkt, doch da es allein Beau zu verdanken war, dass sie und die übrigen aristokratischen Verwandten nicht im Armenhaus residierten, willigte sie widerstrebend in seinen Wunsch ein, in seinem eigenen Haus sein eigenes Geld für seine eigene Frau ausgeben zu dürfen, und die Zusammenkunft des Clans wurde in Angriff genommen.
    Am Sonntag darauf, als sich ihre neuen Verwandten massenhaft zu einem Grillfest versammelten, wurde die Braut offiziell präsentiert. Mittags kamen wir alle auf der Veranda zusammen. Tante Mame sah in ihrem gelb gepunkteten Schweizermusselin und dem großen Hut aus feinem Strohgeflecht bezaubernd und zierlich aus. Onkel Beau, stolz wie ein Pfau, stand in seinem cremefarbenen Anzug neben ihr. Mrs. Burnside hatte sich für die nächste Eiszeit ausstaffiert. Sie saß in einem Schaukelstuhl, trug ein ausladendes schwarzes Seidenkleid, schwarze Stiefelchen, einen schwarzen Schal, eine schwarze Brille, einen schwarzen Sonnenschirm, schwarze Handschuhe und einen schwarzen Hut. Sie begrüßte mich mit einem melancholischen Rülpser und schickte Miss Fan nach der Arznei.
    Dann trafen die Verwandten ein. Ein Auto nach dem anderen raste in die Einfahrt und parkte vorne auf dem Gras. » Ruiniert den Rasen « , brummte Mrs. Burnside, und ihr Magen knurrte furchterregend.
    Weder vorher noch nachher habe ich je so viele Südstaatler auf einem Haufen gesehen. Es schien mir unmöglich, dass sie alle aus einer Familie stammten, sogar aus einem County, aber so war es. Als Erste kamen Beaus Schwestern, Willie Mae, Sally Randolph und Georgia Lee, mit ihren Männern. Die Schwestern hatten es fertiggebracht, je sechs Kinder unter fünf Jahren in die Welt zu setzen, und es gab jede Menge Begrüßungen und Küsse und » alle, wie ihr da seid « . Es waren keine sehr attraktiven Menschen, dennoch versprühte Tante Mame ihren Charme, Mrs. Burnside versprühte keinen. Mit jedem neuen Gesicht meldete ihr Verdauungstrakt beredten Protest an.
    Immer mehr Verwandte kamen. Alle hatten zwei Vornamen, manche sogar zwei Nachnamen. Es gab ungefähr sechs Männer, die Moultrie hießen, vier, die Calhoun hießen, und acht mit Namen Randolph, und fast jeder und jede hatte irgendwo ein Lee im Namen untergebracht. Um das Ganze noch verwirrender zu machen, hatte die Hälfte der Frauen männliche Namen. Es gab Damen, die hießen Sarah John, Liza William, Susie Carter, Lizzie Beaufort– Bohfohr ausgesprochen–, Mary Arnold, Annie Bryan, Lois

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