Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

vertraulich– gesteckt, dass sie ihr einen ›Berufsschreiber‹ besorgen wollen. Ach, sie ist sehr gekränkt, und Muttilein und Edna und ich fanden das Buch einfach wunderschön. So wie Kino. Dieser Berufsreimer, oder wie das heißt, soll jetzt gleich kommen. Sie ist ja so froh, dass sie in dieser Krise wenigstens einen geliebten Menschen wie Sie um sich hat. «
    Ich lief nach oben und hörte schon auf der Treppe Stimmen aus Tante Mames Schlafzimmer. Alle redeten auf einmal, aber Tante Mame war die lauteste. » …und Sie, Mary Lord? Was meinen Sie damit, mein Buch hätte nicht den richtigen Ton? «
    » Tante Mame « , sagte ich, » da bin ich! «
    » Darling « , rief sie vom Bett aus und breitete mit einem theatralischen Wedeln der bortenverzierten Chiffonärmel ihrer Bluse die Arme aus. » Da bist du ja endlich. Steh mir bei. Diese Literaturgeier lassen kein gutes Haar an meinem Lebenswerk. Komm her, setz dich neben mich aufs Bett, damit ich von deiner Kraft zehren kann. «
    » Wirklich, Mame, finden Sie nicht, dass Sie ein klein wenig übertreiben? « , sagte Mary Lord Bishop verständlicherweise. Mrs. Bishop versuchte, ihre beeindruckende Seelenruhe wiederzuerlangen, aber die Mühe war vergeblich.
    » Wirklich, Mame « , sagte Mr. Woolsey, » durch Ihre Ausfälle gegen Mary und mich wird Buffalo Braut auch nicht lesbarer oder verkauft sich besser. « Mr. Woolsey, normalerweise eher durchtrieben und diplomatisch, zeigte erste Anzeichen von Ermüdung. » Wir drei sind doch erwachsene Menschen und können über alles reden. «
    » Ja, ja « , tobte Mame, » natürlich können wir reden. Reden, reden, immer nur reden, zu was anderem sind Sie anscheinend gar nicht mehr fähig. Sie haben mich dazu überredet, dieses Buch zu schreiben, und jetzt wollen Sie es mir wieder ausreden, weil es zufällig das Ergebnis ernsthafter literarischer Erwägungen ist. Eins sage ich Ihnen, Lindsay Woolsey, meine Überzeugungen können Sie mir nicht ausreden, und das wird auch sonst keinem gelingen, der mit den ganzen anderen Parvenüs von Buffalo in der Linwood Avenue aufgewachsen ist. «
    » Mame, bitte « , schmeichelte Mr. Woolsey, » wir haben Buffalo Braut nicht abgelehnt. Wir sind nur der Meinung, dass Sie etwas Hilfe von außen benötigen. Wir halten das immer noch für eine großartige Idee. «
    » Ja, Lindsay « , sagte Mrs. Bishop aufgeregt, » beinahe glänzend, aber wie so viele Ama…– ich meine, neue Autoren, braucht Mame etwas redaktionellen Beistand, der ihr über die schwierigen Stellen hinweghilft. Ich glaube, wenn wir einen erfahrenen Autor fänden, der hier und da ein Wort hinzufügt, ein paar kluge Kürzungen vornimmt… «
    » Genau « , sagte Woolsey, » Kürzungen sind von entscheidender Bedeutung. «
    » …aber natürlich vollkommen anonym bleibt, nur im Hintergrund, um ein Auge auf… «
    » Ach so! « , brüllte Tante Mame, » jetzt soll mir also auch noch der letzte Rest meiner Selbstachtung genommen werden. Man will mir einen Berufsschreiber an die Seite stellen– irgend so einen unsäglichen Schmierfink, der den Sinn meines Lebens und meine Gesinnung entstellen und verdrehen soll. «
    » Mame « , sagte Mrs. Bishop geduldig, » es soll kein Berufsschreiber sein. Er hätte eher die Funktion eines Lektors… «
    » Man könnte sagen, ein literarischer Berater– was meinen Sie, Mary? «
    » Wer? « , fragte Tante Mame misstrauisch.
    » Also, Elizabeth und ich kennen einen besonders talentierten jungen Mann, der so etwas schon häufiger gemacht hat und der bestens geeignet wäre, Ihr Buch zu überarbeiten. Gestern habe ich ihn getroffen und ihm Ihr Manuskript gezeigt, und Mr. O’Bannion fand das Material wirklich packend. «
    » Ach. Wirklich? « , sagte Tante Mame und kam aus ihrem Schmollwinkel.
    » Ja. Tatsächlich. Er sagte, Sie besäßen die allererstaunlichste Erfindungsgabe. «
    » Das hat er gesagt? « , fragte Tante Mame. » Wie heißt er doch gleich? «
    » Brian O’Bannion. Er ist ein… «
    » Oh Gott, verschont mich! « , stöhnte Tante Mame. » Ich sehe ihn schon vor mir– einer von diesen typischen bierseligen irischen Tenören mit losem Mundwerk und schnurriger Schlagfertigkeit. «
    » Das ist wirklich unfair ihm gegenüber « , sagte Mrs. Bishop unerschütterlich. » Er ist sogar ein ziemlich guter Dichter. Von ihm stammt der Band Die verwundete Tulpe, der bei… «
    » Auch noch ein Warmer « , murmelte Tante Mame.
    » Außerdem hat er solche Überarbeitungen schon häufig gemacht,