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Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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er kennt den Buchmarkt, und er hat ein untrügliches Gespür für… «
    » Sie müssen verrückt sein, wenn Sie glauben, ich ließe so einen nachtblinden, zwitterhaften Verseschmied mit blutleerem irischem Witz in meinen Memoiren herumfuhrwerken. Lieber spüle ich mein Buch die Toilette hinunter, als mich der stumpfsinnigen und beschämenden Prozedur… «
    Miss Goochs formlose Gestalt erschien im Türrahmen. » Mrs. Burnside? Mr. O’Bannion ist da. « Wir vier schauten auf, und da stand Mr. O’Bannion.
    Tante Mame verschlug es vor Staunen die Sprache. Ihren Schilderungen nach hatte ich einen kleinen, verschrumpelten Iren erwartet. Brian O’Bannion war stattdessen das, was auch als White Irish bezeichnet wird. Um die dreißig, groß und sehr schlank. Er hatte sehr weiße Haut und pechrabenschwarze Haare, kurz und lockig. Seine Augen waren türkisblau, beschattet von dichten, schwarzen Wimpern, und in dem Moment, als ich ihn sah, musste ich an einen siamesischen Kater denken. Er hatte sich in schlichtem wie scheußlichem Tweed kostümiert, mit dicken Wildlederflicken an den Ellbogen und einem locker über eine Schulter geworfenen Trenchcoat. Anmutig verlagerte er, im Türrahmen stehend, das Gewicht und schenkte Tante Mame ein langsam sich entfaltendes, trauriges Lächeln, zeigte eine Reihe regelmäßiger Zähne, während der intensive Blick aus seinen blauen Augen nach vorne strebte und– wenn man so sagen darf– Tante Mame sanft berührte.
    Tante Mame schluckte, dann fingerte sie an ihrem Bettjäckchen herum. Sie lächelte äußerst charmant und sagte: » Kommen Sie doch herein, Mr. O’Bannion. Wir haben gerade über Sie gesprochen. «
    Mr. O’Bannion ging– stahl sich, wäre vielleicht der passendere Ausdruck– ins Zimmer, und wieder dachte ich an eine Katze, die sich an ihre Beute heranpirscht. Während Mary Lord Bishop den Leibeigenen ihrer Agentur vorführte, griff sich Tante Mame rasch ihre Schminkdose, warf einen kritischen Blick in den Handspiegel und sagte dann gnädig: » Setzen Sie sich hierher, Mr. O’Bannion, wo ich Sie sehen kann. Es ist überaus freundlich von Ihnen, einem richtigen Dichter, mir bei meinem naiven Geschreibsel ein wenig behilflich zu sein. « Wieder verschlang er sie mit heißem Blick, und sie räusperte sich. » Was meinen Sie « , sagte sie, sein Lachen erwidernd, » glauben Sie, dass Sie und ich weit kommen werden? Ich meine natürlich mit dem Buch. «
    Mr. O’Bannion setzte wieder sein sanftes, trauriges Lächeln auf und sagte mit tiefer einschmeichelnder Stimme: » Wir beide werden etwas Wundervolles erschaffen, davon bin ich überzeugt. «
    Noch am selben Nachmittag wurde ich mit der Nachricht, Tante Mame befände sich auf dem Weg der Besserung, nach St. Boniface zurückgeschickt.
    In den nächsten vier Wochen hörte ich kein Wort mehr von Tante Mame, und als ich wieder was von ihr hörte, war jedes zweite Wort Brian. » …Brian und ich kommen gerade von einem kurzen Spaziergang durchs Moor von Oyster Bay heim. So wie Brian habe ich meine besten Gedanken auch immer draußen an der frischen Luft… « oder » …Mitternacht ist vorbei, und Brian und ich sitzen gerade am Kamin und lesen Yeats und schauen zu, wie der Rauch aus Brians Pfeife quillt… « oder » …heute wie ein Pferd geackert. Das Zusammensein mit Brian hat mir eine völlig neue Sichtweise auf meine Mädchenjahre vermittelt. Ich kann dir gar nicht sagen, was es bedeutet, einen Mann um sich zu haben, nach all den Monaten mit dieser langweiligen Agnes. « Allmählich dämmerte es mir, sogar aus der Ferne.
    Auch Miss Gooch machte es sich zur Gewohnheit, mir zu schreiben, auf eigene Faust. Immer wieder betonte sie, Tante Mames Memoiren, in Zusammenarbeit mit Brian, machten nur ganz allmählich Fortschritte, aber was bislang entstanden sei, sei höchst spannend. Von Tante Mame schrieb sie nicht ganz so überschwänglich, aber für Brian O’Bannion hatte sie nur Lob übrig. Gottchen, sie könne die Weihnachtsferien kaum erwarten, wenn sie und Tante Mame und der nette O’Bannion und ich alle zusammen wären und ein flottes Quartett bilden würden. Wobei, das sagte sie nicht. Für meinen Teil konnte Weihnachten noch lange warten, aber schließlich kam es doch.
    » Missy Burnside mit dem Iren weg, und Missy Brillenschlange oben « , empfing mich Ito an der Haustür.
    Miss Gooch war tatsächlich oben, und ich fand sie in Tränen aufgelöst vor, in Brians Gedichtbändchen Die verwundete Tulpe vertieft. » Was

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