Darling Jim
Ua Eitirsceoil vorbeiritten, mit umgeschnallten Schwertern, die gegen die Flanken ihrer Pferde klirrten.«
»Hatte die Burg auch einen Namen?«, fragte Bronagh, die ihr frisch gezapftes Pint völlig vergessen hatte. Sie hatte das Kinn auf die Uniform gesenkt, als sei sie schüchtern. Aber in ihren Augen leuchtete alles andere als Schüchternheit. Sie hätte Jim auch gebannt zugehört, wenn er ihr aus dem verdammten Telefonbuch vorgelesen hätte.
Jim erlaubte ihr, den Bann für einen Moment zu brechen. Ein paar Stammgäste starrten Bronagh tadelnd an, und sie spielte zur Ablenkung mit dem Reißverschluss ihrer Jacke. Jim griff nach seinem eigenen Bier, nahm einen extralangen Schluck und nickte. Eine schwarze Locke fiel ihm in die Stirn, und ich sah Aoife interessiert blinzeln. Auch sie hatte inzwischen gewittert, dass dieser Mann etwas Besonderes war. Wieder spürte ich einen jähen Anflug von Eifersucht. Und die Geschichte hatte noch gar nicht richtig begonnen.
»Wenn man dem alten Mann glauben will, der mir die Geschichte erzählt hat, dann wurde sie viele Jahre lang von den Bewohnern der Umgebung ehrfürchtig Dun an Bhaintrigh genannt, die Festung des Witwers. Denn der Burgherr, König Stiofan, trauerte seit langer Zeit um seine Frau. Deshalb war auch das Tor so schwarz wie das Leichentuch, in dem man sie im zarten Alter von neunzehn Jahren begraben hatte. Die Geburt ihrer Zwillingssöhne hatte ihren zarten Körper zerstört. Der König war inzwischen fast siebzig Jahre alt und herrschte noch immer über die Festung, die Felder und die Wälder der Umgebung. Aber sogar die Wölfe, die manchmal mutig genug waren, die äußeren Schutzwälle zu umstreifen, wichen schnell zurück, wenn der greise König über die Brustwehr wandelte. Sein Bart berührte beinahe den Boden, und er trug einen Fetzen schwarzes Tuch wie eine Reliquie in den Händen. Sein Klagegeheul übertraf das der Raubtiere des undurchdringlichen Waldes an Schmerz und Wildheit bei Weitem. Denn das Alter hatte nur seinen Verstand getrübt. Sein Leid und seine Liebe blieben in seinem Herzen so frisch, als seien sie unter ewigem Eis begraben. Sein Leben kümmerte ihn nicht mehr. Sogar seine treuesten Krieger murrten, die Burg werde bald fallen, wenn es nichts anderes zu bewahren gebe als die Schatten einer glorreichen Vergangenheit. Euan und Ned, die Söhne des Königs, erreichten das Mannesalter gerade rechtzeitig, um ihre Heimstatt und ihren gebrechlichen Vater zu verteidigen. Denn der Krieg, der das übrige Irland bereits verschlungen hatte, stand nun an den Grenzen von Munster und damit auch West Cork.
Man schrieb das Jahr 1177, und die siegreichen Armeen der Normannen und Engländer hatten schon seit sieben Jahren große Teile von Ulster, Leinster und Connacht in Angst und Schrecken versetzt. Leinsters König Dennot McMurroagh hatte die Lunte 1168 gezündet, als man ihn aus seiner Burg vertrieb und er sich gezwungen sah, auf der anderen Seite der irischen See um Hilfe zu flehen. Der walisisch-normannische Lord Richard de Clare, Zweiter Earl of Pembroke, den alle nur „Strongbow< nannten, war gerne bereit, ihn zu unterstützen, und half ihm dabei, riesige Teile der verlorenen Gebiete zurückzuerobern.
Die normannische Invasion hatte begonnen.
Und sie war natürlich noch lange nicht zu Ende, denn Macht ist so unberechenbar wie ein Waldbrand.
Bald brachen überall Scharmützel aus, und die an die Macht gelangten irischen Kriegsherren wurden nach und nach eine echte Gefahr für die englischen Herren, die sie unterstützt hatten. In den folgenden zweihundert Jahren tobten sowohl Schlachten zwischen irischen Königen und Normannen als auch zwischen den Iren untereinander. Landkarten wurden neu gezeichnet. Bündnisse wechselten schneller als die Gezeiten. Und nur die Kämpferischsten und Schlauesten hissten am Abend nach der Schlacht noch ihre Flaggen um die Lager der Anführer.
Doch in all diesen Jahren hatte es keine Invasionsarmee geschafft, die Mauern von Dun an Bhaintrigh zu erstürmen.
„Gebt mir eine Rüstung und ein Schwert, Vater«, forderte Ned an seinem siebzehnten Geburtstag, als die Truppen des normannischen Lords Miles de Cogan durch das östliche Cork zogen, Tribute einforderten und allen Widerstand niederschlugen. Bald würden sie vor dem schwarzen Tor stehen und versuchen, es niederzureißen. Oe Cogan verfügte über Bogenschützen aus Wales und Kavallerie aus Frankreich. Seine Truppen waren wohlgenährt und gut bewaffnet und sein
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