Darling
zu.
25
Der Notarzt konnte nur noch Karls Tod feststellen.
„Vermute mal Herzinfarkt“, sagte er. „Aber um sicherzugehen, wird der Tote ans Institut für Rechtsmedizin in die Uniklinik überstellt. Die sollen den Befund bestätigen.“
Mit elegantem Schnörkel unterschrieb der Arzt ein Blatt Papier und reichte es den schwarz gekleideten Männern vom Bestattungsunternehmen. Dann schloss sich der Zinksarg über Karl Blum.
Der Fahrer des Rettungswagens kümmerte sich unterdessen in der Küche um die immer noch von Weinkrämpfen geschüttelte Anneliese.
„Können wir Ihnen ein paar Fragen stellen?“, fragte eine Polizistin mit sichtlichem Mitgefühl.
Anneliese musterte die junge Frau wie durch einen zerrissenen Schleier. Krampfhaft hielt sie den hypernervösen und völlig verstörten Zwergpudel auf ihrem Schoß und nickte.
Doch der Arzt schüttelte verneinend den Kopf und zog die Schutzkappe von der Kanüle einer Beruhigungsspritze.
„Kommen Sie lieber heute Nachmittag zurück, wenn es ihr besser geht und sie über den ersten Schock hinweg ist. In ihrem jetzigen Zustand muss ich die Befragung der Zeugin leider ablehnen.“
Der Rettungssanitäter stützte Anneliese, die sich mit zitternden Beinen vom Stuhl erhob.
„Okay, ich sage den Kollegen von der Spätschicht Bescheid. Dann machen Sie mit denen einen Termin für Ihre Zeugenaussage aus, ja?“
Anneliese nickte. Als sie auf den heftig zitternden Fuzzi blickte, schossen ihr erneut Tränen in die Augen. Dann fing sie bitterlich an zu weinen.
26
Adrian überlegte, ob er Annika anrufen sollte. Irgendwie plagte ihn doch sein Gewissen. So herzlos wie vergangene Nacht wollte er die Beziehung mit ihr nicht beenden.
Es war kurz vor zwei. Er hatte noch Zeit, bis seine Schicht begann. Aus einem unbestimmten Impuls heraus rief er trotzdem Sissi an.
„Gut, dass du anrufst. Hier ist gerade die Hölle los. In der Hanauer Landstraße hat mal wieder ein Vollidiot quer über alle vier Spuren gewendet, ohne in den Rückspiegel zu schauen. Die 11 ist voll in den Wagen geknallt. Jetzt hat die VGF zehn Taxen angefordert, bis die Unfallstelle geräumt ist. Wir halten den Straßenbahnbetrieb zwischen Ostendstraße und Ratswegkreisel provisorisch aufrecht. Ich brauche also jeden Fahrer!“
Sissi klang sichtlich genervt.
„Karl, Yassin und Parves sind krank. Mir fehlen in der Schicht gerade drei Leute. By the way, warum gehst du nicht an dein Handy?“, meckerte es aus dem Funkgerät.
„Hab ich gestern verloren“, gab Adrian kurz angebunden zurück. „Hab aber von einem Kumpel schon Ersatz. Ich rufe dich an, wenn der Auftrag erledigt ist. Dann kannst du dir die Nummer notieren.“
„Alles klar.“
Dann war das Funkgerät still.
Karl ist also immer noch krank, dachte Adrian betrübt. Aber er hat den Autoschlüssel anscheinend im Briefkasten gefunden, sonst hätte er sich sicherlich beschwert.
27
Dr. Ullrich blickte von der vor ihm liegenden Frauenleiche auf die beiden Kommissare.
„Hallo, meine Liebe. Lange nicht gesehen.“
Mit freundlichem Handschlag und Küsschen begrüßte er sichtlich erfreut Edith Tannhäuser.
„Nichts für ungut, Herr Doktor. Aber dienstlich bin ich nicht sonderlich darauf erpicht, Ihnen öfter als notwendig zu begegnen“, antwortete Edith augenzwinkernd.
Der Pathologe am Institut für Rechtsmedizin der Universität Frankfurt lachte dröhnend auf. Dann zeigte er auf die Tote, die in der Mitte des Raumes auf einem fahrbaren Stahltisch aufgebahrt war.
„Können Sie uns ungefähr sagen, wann die Frau ertrunken ist?“, fragte Edith den Arzt.
„Sie ist nicht ertrunken.“
Dr. Ullrich schob seine Brille energisch zurück auf die Nase. Edith war sichtlich überrascht.
„Sie war schon tot, als sie in den Main geworfen wurde. Der Tod ist durch Herzstillstand eingetreten. Vermutlich Elektroschock.“
Edith schaute auf die vor ihr liegende Frau, während Dr. Ullrich ihre biometrischen Merkmale monoton in sein Diktiergerät leierte. „Zirka 1,78 Meter groß, 65 Kilo, 22 bis 25 Jahre alt, sehr schlank, dunkelbraune Augen, gefärbte blonde Haare. Vermutlich Migrationshintergrund.“
„Es gab übrigens keinen Kampf. Ihre French manikürten Fingernägel sind komplett intakt“, fuhr er fort.
„Das Einzige, was auf ein Gewaltverbrechen schließen lässt, sind diese Druckstellen am Hals, an den Hand und an den Fußgelenken.“
„An den Füßen auch?“ Edith war überrascht.
„Ja, wieso?“, wollte der Arzt wissen.
„Ach, ich
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