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Darling

Darling

Titel: Darling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Hartmann
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einer lässigen Handbewegung ab.
    „Nichts zu danken, Edith. Wobei das mit dem Feierabend heute wohl noch dauert. Ich habe eben vom Rettungsarzt die Leiche eines toten Taxifahrers reinbekommen. Wir sollen abklären, ob der Mann an Herzinfarkt gestorben ist. Reine Routine.“
    Stefan schüttelte dem Arzt die Hand.
    „Dann bis bald.“
    Beim Hinausgehen warf Edith einen letzten Blick auf die Tote, bevor sie das kühle, unterirdisch gelegene Institut zügig verließ. Sie war immer wieder erleichtert, wenn sie aus der Pathologie ans Tageslicht zurückkehren konnte. Aus unerfindlichen Gründen war Edith allerdings sicher, dass ihr noch eine lange Nacht im Präsidium bevorstand.

28
    Der Tag war einfach nur schrecklich gewesen. Annikas Präsentation war fürchterlich gelaufen, und die Marketing-Chefin hatte mehr als nur ungehalten reagiert.
    „Entschuldigung, aber ich hab’ schlimme Migräne.“
    Annika fühlte, dass ihre Ausrede unglaubwürdig wirkte. Doch sie wollte einfach nur noch nach Hause. Und da sie Dutzende von Überstunden vor sich herschob, fand sie es diesmal völlig legitim, nach dem Desaster einfach mal zu gehen.
    Doch irgendwie war heute nicht ihr Tag. An der Hanauer Landstraße standen endlos viele Menschen an der Haltestelle und warteten auf die 11. Das war auf der Strecke nicht ungewöhnlich. Dann eben ein Taxi, dachte Annika und winkte einen Wagen heran. Kaum waren sie losgefahren, hielt der Fahrer schon wieder und ließ an der Schielestraße weitere Fahrgäste zusteigen.
    „Unfall vor Gref-Völsing“, zuckte der Fahrer sichtlich genervt mit den Achseln. „Die Strecke ist gesperrt. Wir halten den Verkehr für die VGF aufrecht.“
    Annika blinzelte erschöpft aus dem Fenster des Wagens. Irgendwie war ihr mittlerweile alles egal. Plötzlich sah sie Adrian an der gegenüberliegenden Straßenbahnhaltestelle. Annika überlegte, ob sie aussteigen und zu ihm gehen sollte. Doch in dem Moment fuhr das Taxi an.
    „Ich bringe Sie zur Ostendstraße. Dort steigen Sie am besten in die U-Bahn, damit kommen Sie am schnellsten in die Innenstadt.“ Annika lehnte sich zurück. Sie war müde und kaputt. Irgendwo focht ein Rest von Stolz in ihr. Aber gleichzeitig vermisste sie Adrian unendlich. Sie bereute das Theater, das sie vergangene Nacht aufgeführt hatte. Es war einfach nur kindisch und dumm gewesen. Einem Reflex folgend zog sie ihr Handy aus der Handtasche und wählte Adrians Nummer. Es klingelte. Dreimal. Viermal. Als sie gerade auflegen wollte, klickte es in der Leitung.
    „Hallo?“, fragte eine männliche Stimme. Annika stutzte.
    „Adrian?“
    „Mh.“
    „Adrian, bitte leg nicht auf!“ Wie eine Ertrinkende umklammerte Annika ihr Samsung. „Es tut mir leid, was heute Nacht passiert ist. Verzeih mir. Ich würde dich gerne wiedersehen. Lass uns noch mal reden. Du kannst doch nach so einer furchtbaren Nacht nicht einfach gehen. … Es tut mir wirklich unendlich leid. Ich weiß, dass du manchmal schreckliche Fahrgäste hast, die dich fertigmachen. … Adrian? Adrian! Adrian, sag doch bitte was!“
    Verzweifelt starrte Annika auf ihr Handy. Sie hörte nur ein ruhiges Atmen. Dann war die Verbindung unterbrochen. Annika war perplex. Wieso hatte er aufgelegt, ohne einen Ton zu sagen? Hastig tippte sie die Wahlwiederholung. Doch Adrian hob nicht mehr ab. Tränen rannen ihr übers Gesicht, und sie fühlte sich plötzlich unendlich allein.

29
    „Sissi, was ist mit Karl? Ist er immer noch krank?“
    Es war kurz vor sechs. Adrian stand nach den Fahrten für die VGF und einer Tour zum Flughafen wieder am Halteplatz vor dem Hauptbahnhof.
    „Bin ich Kindermädchen?“, quakte die Stimme der Taxichefin entrüstet zurück. „Ach, wo ich dich gerade spreche, du bist doch auch gestern Nacht gefahren. Hast du was von der Mainleiche mitbekommen? Die Kripo fragt rum, ob die Fahrer gestern Abend etwas Auffälliges bemerkt haben.“
    Adrian schluckte. Gott sei Dank saß er Sissi jetzt nicht gegenüber. Sie hatte ein ausgesprochen feines Gespür für Stimmungen und Lügen.
    „Nö. Nix gesehen.“ Adrian blieb einsilbig.
    Nur nicht zu gelangweilt wirken, sonst würde Sissi anfangen, merkwürdige Fragen zu stellen. Sie hatte die Fahrer recht gut im Griff, das musste man ihr anerkennend zugestehen. Obwohl es seit Jahren immer weniger Kunden für immer mehr Fahrer bei permanent steigenden Benzinpreisen gab, führte Sissi nach Auffassung der Mehrheit der Fahrer das Unternehmen ausgesprochen fair.
    „Kannst du heute bis

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