Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)
schlichtweg schon erledigt ist. Es gibt allerdings eine Ausnahme: Zäpfchen. Zäpfchen können viel weniger Medikament enthalten als schluckbare Pillen und wirken trotzdem schneller. Tabletten und Säfte müssen wir oft nur deshalb so hoch dosieren, weil die Leber einen großen Teil davon entgiftet, bevor sie überhaupt an den Wirkungsort gelangen. Das ist allerdings unpraktisch, weil wir diese »Giftstoffe« ja wegen ihrer praktischen Effekte haben wollen. Wer die Leber erst gar nicht mit Fiebersenkern und Co. belasten will, nutzt die Abkürzung des Enddarms mit Zäpfchen gut aus. Das ist vor allem bei Kindern und älteren Menschen eine prima Idee.
Was wir wirklich essen
Die wichtigste Phase unserer Verdauung findet im Dünndarm statt, wenn die maximale Fläche auf die winzigste Zerkleinerung der Nahrung trifft. Hier entscheidet sich, ob wir Laktose vertragen, was gesunde Nahrung ist oder welches Essen Allergien hervorruft. Unsere Verdauungsenzyme arbeiten in dieser letzten Etappe wie winzige Scheren: Sie zerschnippeln das Essen so lange, bis es den kleinsten gemeinsamen Nenner mit unseren Körperzellen hat. Der Trick der Natur ist nämlich, dass alle lebendigen Dinge aus den gleichen Grundmaterialien bestehen: aus Zuckermolekülen, Aminosäuren und Fetten. All unsere Nahrungsmittel kommen von Lebewesen – dazu gehört nach biologischer Definition ein Apfelbaum genauso wie eine Kuh.
Zuckermoleküle können zu komplexen Ketten verknüpft werden. Sie schmecken dann nicht mehr süß und sind die sogenannten Kohlenhydrate in Lebensmitteln wie Brot, Nudeln oder Reis. Wer eine Scheibe Toastbrot verdaut, bekommt nach der Schnippelarbeit der Enzyme folgendes Endprodukt: die gleiche Menge Zuckermoleküle, wie wenn er ein paar Löffel weißen Haushaltszucker gegessen hätte. Der einzige Unterschied besteht darin, dass Haushaltszucker keine große Enzymbearbeitung braucht, sondern schon so kleingestückelt im Dünndarm ankommt, dass er direkt ins Blut aufgenommen werden kann. Zu viel purer Zucker auf einmal versüßt unser Blut für kurze Zeit.
Der Zucker aus sehr hellem Toastbrot wird von den Enzymen relativ schnell verdaut. Bei Vollkornbrot geht es viel langsamer vonstatten! Es besteht aus besonders komplizierten Zuckerketten, die Stück für Stück auseinandergebaut werden müssen. Vollkornbrot ist deshalb keine Zuckerbombe, sondern ein wohltuendes Zuckerdepot. Übrigens: Auf eine plötzliche Versüßung muss der Körper viel heftiger reagieren, um alles wieder in ein gesundes Gleichgewicht zurückzubringen. Er schüttet dann große Mengen Hormone aus, vor allem Insulin, und das bewirkt, dass man, wenn der Sondereinsatz vorbei ist, schneller wieder müde ist. Wenn Zucker nicht zu schnell aufgenommen wird, ist er ein wichtiger Rohstoff. Dann können wir ihn als heizendes Brennholz für unsere Zellen nutzen oder auch, um eigene Zuckerstrukturen wie die Hirschgeweih-Glykokalix auf unseren Darmzellen herzustellen.
Trotzdem mag unser Körper zuckrig Süßes, denn er spart Arbeit – eben weil es schneller aufnehmbar ist, genauso wie warme Proteine. Hinzu kommt, dass Zucker enorm schnell in Energie umgesetzt wird. Diese erfolgreiche Energiezufuhr wiederum wird vom Gehirn mit guten Gefühlen belohnt. Es gibt allerdings einen Fallstrick: Noch nie in der Geschichte der Menschheit mussten wir mit einem so enormen Überangebot an Zucker umgehen. In amerikanischen Supermärkten ist bereits in rund 80 Prozent der verarbeiteten Produkte Zucker zugesetzt. Evolutionstechnisch hat unser Körper also gerade das Süßigkeitenversteck gefunden und frisst sich ahnungslos voll, bevor er mit Zuckerschock und Bauchweh auf dem Sofa zusammensackt.
Auch wenn wir wissen, dass zu viel Naschen ungesund ist, unseren Instinkten kann man es nicht verübeln, wenn sie begeistert zuschlagen. Essen wir zu viel Zucker, speichern wir ihn einfach für harte Zeiten ab. Das ist eigentlich eine praktische Sache. Zum einen erledigen wir das, indem wir ihn wieder zu langen Zuckerketten formen und als sogenanntes Glykogen in der Leber lagern, zum anderen, indem wir ihn zu Fett umbauen und im Fettgewebe horten. Zucker ist der einzige Stoff, den unser Körper mit wenig Aufwand zur Fettherstellung nutzen kann.
Die Glykogenspeicher sind schon nach einer Weile Joggen aufgebraucht – ziemlich genau dann, wenn man denkt: Jetzt fühlt es sich aber plötzlich anstrengend an. Deshalb raten Ernährungsphysiologen, mindestens eine Stunde Sport zu treiben, wenn man Fett
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