Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)
an der Darmhaut andockt und sich dort festhängt. Von dort dringt sie in unsere Zellen ein, diese entzünden sich und schleusen jede Menge Flüssigkeit aus den Zellen in den Darm, um diesen Erreger so schnell wie möglich auszuspülen.
Von zufälliger Einnahme bis wasserreicher Ausschleusung vergehen wenige Stunden bis ein paar Tage. Ist man nicht zu klein, zu alt oder zu geschwächt, dann funktioniert so eine Selbstausspülung gut, Antibiotika würden mehr schaden als nutzen. Dennoch sollte man seinen Darm unterstützen und alles tun, um die Salmonellen fies auszugrenzen. Weder nach dem Toilettengang noch nach einer vollgekotzten Plastiktüte darf man sie an der Hand nehmen und ihnen das Leben da draußen zeigen. Man muss sie eiskalt knallheiß mit Seife und Wasser abspülen und ihnen damit klarmachen: Es liegt nicht an dir, es liegt an mir – ich komme mit deiner Anhänglichkeit einfach nicht zurecht.
Salmonellen sind die häufigsten Übeltäter, wenn man sich durch Essen etwas einfängt. Es gibt sie nicht nur auf Hühnerprodukten, allerdings tummeln sie sich dort besonders gerne. Es gibt verschiedene Sorten von ihnen. Wenn wir in unserem Labor Stuhlproben von Patienten bekommen, können wir diese mit unterschiedlichen Antikörpern testen. Bindet ein Antikörper die Salmonellen, klumpen sie zu großen Brocken zusammen. Das kann man mit bloßem Auge sehen.
Passiert das, kann man sogar sagen: Der Antikörper gegen die Kotz-Brech-Salmonelle Nummer XY reagiert sehr stark, also ist es wohl eine Kotz-Brech-Salmonelle XY . Das ist der gleiche Mechanismus, der auch in unserem Körper passiert. Unser Immunsystem lernt ein paar neue Salmonellen kennen und sagt sich: »Hey, dazu hast du doch irgendwo vielleicht noch einen passenden Hut.« Dann geht es los und sucht in seinen Kleiderschränken den passenden Hut, rückt den noch etwas zurecht und beauftragt dann einen Hutmacher, der für eine Million Salmonellen die richtigen Hüte anfertigt. Wenn alle Salmonellen so einen Hut aufhaben, schauen sie nicht mehr gefährlich aus, sondern lächerlich. Sie sind dann zu schwer, um noch wendig umherschwirren zu können, und sehen auch nicht mehr genug, um noch irgendwas gezielt anzugreifen. Die Antikörper im Labor sind dann sozusagen eine kleine Auswahl verschiedener Hüte. Wenn einer passt, sinken die nun schwer behüteten Bakterien in Klumpen ab, und man kann – je nach Hut – sagen, welche Salmonellensorte in der Stuhlprobe vorkam.
Wenn man sein Immunsystem gar nicht erst auf Hutsuche schicken möchte und auch nicht unbedingt der größte Fan von Brechdurchfall ist, dann gibt es ein paar einfache Regeln.
Regel Nummer eins: Plastikbretter, denn die kann man besser waschen, und Bakterien überleben in ihren Rillen nicht so gut wie in Holz.
Regel Nummer zwei: Alles, was in Kontakt mit rohem Fleisch oder Eierschale kommt, sollte heiß und gründlich abgewaschen werden: Bretter und Hände, Besteck, Schwämme oder Salatsiebe.
Regel Nummer drei: Fleisch oder eiige Nahrung – wenn möglich – gut durcherhitzen. Beim romantischen Dinner aufzustehen, um das Tiramisu zur Sicherheit noch mal in die Mikrowelle zu schieben, wäre hier ein etwas drastischer Move. Bei solchen Gerichten ist es einfach nur wichtig, frische und gute Eier zu kaufen und diese immer unter 10 °C zu lagern.
Regel Nummer vier: Denke außerhalb der Küche. Wer schon mal seinen Leguan gefüttert hat und kurz danach sich selbst und wiederum kurz danach die Kloschüssel, erinnert sich vielleicht an meine Worte: Salmonellen sind normale Darmflora-Bakterien bei Reptilien.
Helicobacter – das älteste
»Haustier« der Menschheit
Thor Heyerdahl war ein ruhiger Mann mit klaren Ansichten. Er beobachtete Meeresströmungen und Winde, interessierte sich für alte Angelhaken oder Kleidung aus Baumrinde. All das zusammen brachte ihn zu der Überzeugung, dass Polynesien von Seglern aus Südamerika und Südostasien besiedelt worden sei. Per Floß könnten sie durch die Strömungen dorthin gelangt sein, lautete seine These. Niemand hielt es damals für möglich, dass ein einfaches Floß 8000 Kilometer auf dem Pazifik überstehen könnte. Thor Heyerdahl hielt sich nicht damit auf, andere stundenlang mit Argumenten zu bekehren. Er ging nach Südamerika, baute ein altertümliches Floß aus Bäumen, nahm ein paar Kokosnüsse und Dosenananas mit und fuhr nach Polynesien. Vier Monate später konnte er guten Gewissens sagen: »Aha! Es ist also möglich.«
Dreißig Jahre später
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