Darwin - Das Abenteuer Des Lebens
Gegenschein wie in einem Milchglasspiegel die Reflexion der irdischen Strahlung messen. Die Vegetation mit ihrem grünen Chlorophyll absorbiert so viel rotes Licht, dass die Erde ein bestimmtes Spektrum abstrahlt. »Wir müssen nachweisen, was wir bereits wissen«, erklärt Sterzik: »Dass es auf der Erde Leben gibt. Erst wenn wir hier ein positives Signal empfangen, können wir der Methode vertrauen.«
Im nächsten Schritt will er eine Eigenschaft des irdischen Lebens nutzen, die Wissenschaftler bis heute vor Rätsel stellt: Alle Aminosäuren, aus denen die Eiweiße als Grundelemente des Lebens bestehen, sind in ihrem Aufbau »linksdrehend«. Niemand weiß, warum. Stellt man Aminosäuren künstlich her, kommt immer eine Mischung aus rechts- und linksdrehenden heraus. Ob erst das Leben die Wahl zwischen den beiden Formen getroffen hat oder ob durch interstellare Prozesse nur die eine Variante entstanden und dann auf die Erde gelangt ist, interessiert Sterzik weniger. Vielmehr hält er es für möglich, die einseitige »Helikalität« aller Biomoleküle über Polarisationsmessungen zum Parameter für Lebendiges zu machen.
In einem Punkt sind sich alle Entdeckungsreisenden auf der Suche nach Leben im All einig: Ohne Evolution wäre es nicht möglich. Zu sehen, ob sie nach ähnlichen Prinzipien abläuft wie die auf der Erde, wäre der ultimative Testfall für Darwins Theorie. Natürlich läge eine Reise zu anderen Planeten des Lebens völlig außer der Reichweite menschlicher Möglichkeiten. Mit heutiger Höchstgeschwindigkeit bräuchten wir allein bis Gliese 581c eine halbe Million Jahre. Doch Daten, mit Lichtgeschwindigkeit transportiert, legen den Weg innerhalb der Lebenszeit eines Menschen zurück, jeweils zwanzig Jahre für eine Strecke.
In der Science-Fiction könnte die Menschheit, bevor ihr Planet sich erschöpft, ihre gesamten biologischen Daten zusammen mit ihrem kulturellen Wissen auf einen belebten Planeten beamen, um dort als Klon ihrer selbst zu überleben. So wäre der unwiederbringliche Schatz an Lösungen, die biologische und kulturelle Evolution auf der Erde geschaffen haben, zu retten.
Die Bio-Astronomen sehen ihre Forschungen als Vorbereitungen für ein künftiges Großprojekt. Ab dem Jahr 2015 wollen sie vier oder mehr Satelliten ins All schicken, um dort mit viel weiter reichenden Instrumenten nach Lebenszeichen zu suchen. Wenn es irgendwo Leben gibt, davon gehen sie aus, dann hat es auch eine Evolution durchlaufen. Die europäische Weltraummission hat bei ihrer Gründung einen unverwechselbaren Namen erhalten. Sie heißt »Darwin«.
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Galápagos
Die Verwunschenen · »Lonesome George« · Darwins Versuchsballons Bedrohlicher Tourismus · Im Labor der Evolution · Das Prinzip Insel Die Aufspaltung von Arten · Radiation · Darwins Konkurrent · »Die Entstehung der Arten«
Endlich auf der Beagle, Höhepunkt der Reise, ein Grad Süd, 90 Grad West - Galápagos. Die Brigantine, ein schlanker Zweimaster Baujahr 1970, in etwa so lang wie FitzRoys gleichnamige Brigg, aber viel schmaler und kaum halb so viel verdrängtes Wasser, fährt hart am Wind. Die Segel weiß und straff, die See tiefblau und klar, am Horizont die Silhouetten karger Inseln. Robben schnellen aus den Wellen hervor und jagen fliegende Fische. Tölpel schießen wie Pfeile in die Wasserhaut. Pelikane segeln auf breiten Schwingen.
Feiner Nieselregen, schwere Wolken, Frieren am Äquator, dann wieder blendender Sonnenschein. Wo auf Darwins Beagle drangvolle Enge herrschte, reisen wir in Doppelkabinen mit eigenem Bad, und an Bord gibt es ausreichend Platz, um sich mit einem Buch vom Rest der Mitreisenden abzusondern. Zwölf Passagiere, sechs Mann Besatzung, eine Zweckgemeinschaft aus kräftig Zahlenden und mäßig Bezahlten, die niemals zusammengekommen wäre, hätte Darwin nicht am 16. September 1835 seinen Fuß auf die verbrannte Erde im Pazifik gesetzt.
Kein Ort ruft seinen Namen so stark ins Gedächtnis wie der Archipel knapp tausend Kilometer vor der Küste Ecuadors. Hier ist der Mythos vom Genie entstanden, dem das Leben in Form von Vogelschnäbeln und Schildkrötenpanzern ein tiefes Geheimnis anvertraut hat. Schon Schulkinder hören von den »Darwinfinken«, die ihm die Augen geöffnet haben sollen, von zahmen Vögeln, Riesenechsen und anderen Urtieren auf kargen Felsen. Die ersten Entdecker glaubten
hier sogar die Hölle auf Erden zu erblicken, Piraten nannten sie später »Las Encantadas«, die Verwunschenen. Das
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