Darwin - Das Abenteuer Des Lebens
Geld und »Ruhm« vor den Karren spannen lässt.
Das Ziel ist klar erkennbar: ID durch die Hintertür der Wissenschaft als Gegenmodell zur Evolutionstheorie aufzubauen und damit zur Theorie zu adeln. Wenn Theorie gegen Theorie steht, muss die »Kontroverse« an Schulen unterrichtet werden, damit sich die Kinder eine »eigene Meinung« bilden können. Im nächsten Schritt wird dann nicht mehr über Inhalte gesprochen, sondern nur noch über das Gebot wissenschaftlicher Fairness, beide Seiten zu hören. So sichert man sich nicht nur die öffentliche Unterstützung konservativer amerikanischer Präsidenten. Auch ein kleiner deutscher Landesfürst wie der thüringische Ministerpräsident lobt die Schöpfungsgeschichte gegen die »scheinbar in sich schlüssige Theorie« der Evolution.
Selbst wenn die amerikanischen Evolutionsgegner hier und da einen provinziellen Elternbeirat auf ihre Seite ziehen - bisher sind sie vor allen Gerichten gescheitert. Die Trennung von Staat und Religion gehört zu den Heiligtümern der amerikanischen Verfassung. Und doch hat es ihnen nicht geschadet, im Gegenteil: Der als ID verpackte Kreationismus befindet sich zwar wissenschaftlich im Rückzugsgefecht, gewinnt ideologisch aber an Boden.
Erst die scheinbare Verwissenschaftlichung verleiht der antiwissenschaftlichen Bewegung ihr Moment, das weit über die Grenzen der traditionell christlich-fundamentalistischen USA hinausreicht. In Lateinamerika ist sie ebenso auf dem Vormarsch wie in Europa. Vor
allem in protestantischen Kreisen organisieren sich jenseits der öffentlichen Wahrnehmung kreationistische Netzwerke, die in Bibeltreue das Heil gegen die Herausforderungen der Moderne suchen. In Großbritannien haben sie geschafft, wovon die amerikanischen Brüder noch träumen: Die Schöpfungsgeschichte wird in manchen Schulen der Evolutionstheorie gleichwertig gegenübergestellt. In Italien, Polen und den Niederlanden sprechen sich Regierungsmitglieder für den »Dialog« zwischen den ungleichen Weltdeutungen aus.
Die größte christliche Kirche, die katholische, hat zumindest nach außen ihren Frieden mit Darwin geschlossen. Der Jesuit George Coyne durfte als Chefastronom des Vatikans erklären, dass zwischen der katholischen Lehre und der Evolutionsbiologie inklusive deren Aussagen über den Ursprung des Menschen kein Konflikt bestehe. Die darwinistische Theorie sei nicht nur mit dem christlichen Glauben vereinbar, sondern glorifiziere Gott. Allein die Seele als Atem Gottes stehe außerhalb jeder materialistischen Deutung. Die Kirchenführung hat Coynes Ausführungen nicht widersprochen, ihn aber bald danach in den Ruhestand versetzt.
Dass Wissenschaft nicht die einzige Quelle des Wissens ist und dass es Fragen gibt, die sie nicht beantworten kann, steht außer Frage. Doch was verbirgt sich hinter der aufgeklärten Liberalität, wenn Papst Benedikt XVI. in heutiger Zeit erklärt, das Universum sei »ein intelligentes Projekt«? Der Vatikan hat auch kein Dementi verlauten lassen, als sich der Wiener Kardinal Christoph Schönborn - mit Hilfe des Discovery Institute - in der New York Times gegen Darwin und für ID ausspricht.
Offiziell hat der Vatikan kürzlich auf seine eigene Art die Flucht nach vorn angetreten. Da wird in der Manier von Naturwissenschaft eine Art Supercode ins Spiel gebracht, in dem die eigentliche Botschaft des Schöpfers stecke: Gott spricht zu uns durch die DNA, verkündet Rom. Tatsächlich könnte es im Buch des Lebens im Rahmen der Naturgesetze solch einen Metatext geben. Er könnte die Gene wie Wörter zu einer sinnvollen Erzählung zusammenfügen. Das aber wäre nur eine höhere Stufe der Information. Die Existenz Gottes bewiese es nicht. Es sei denn, man stellt einen intelligenten Autor an den Anfang. Auch wenn sie ihre eigene Version vertritt, steht die katholische Kirche den Gedanken des ID ziemlich nahe.
Wer aber den Schöpfer einerseits als superintelligenten Planer versteht, der sein Werk mit Erschaffung der Naturgesetze abgeschlossen hat, kann ihn eigentlich nicht andrerseits bitten, seine Pläne später wieder zu korrigieren. Schon Leibniz empfand es »als eben für ihn beleidigend«, dass wir Gott durch sein gelegentliches Eingreifen für unser Schicksal verantwortlich machen. Man unterstellt dem Fehlerlosen Fehler und lässt den Gesetzgeber seine Gesetze übertreten. Doch der Gott des großen Wurfes, der die Welt erfunden und vielleicht auch intelligent geplant hat, erhört keine Gebete. Er hat sein
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