Darwin - Das Abenteuer Des Lebens
Ursprungs auch immer, wahrhaftig gleiche Partner sind mit
gleichen Chancen und mit gleichem Anteil, das nächste Kapitel zu formen in der Geschichte dieses großartigen Landes, Australien.«
Tausende Ureinwohner sind in die Hauptstadt Canberra gereist. Sie kampieren auf den Wiesen vor dem Parlamentsgebäude und verfolgen den bewegenden Moment in ihrer Geschichte über Großbildleinwände. Für sie gilt nach wie vor das gesprochene Wort. Die Abgeordneten stimmen mit überwältigender Mehrheit zu. Im Parlament und davor fallen sich Menschen in die Arme. Überall im Land habe man Tränen der Freude gesehen, berichtet die Weltpresse. Sie seien nicht nur bei denen geflossen, die sich Aborigines nennen.
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Canberra und Melbourne
Die Welt der Käfer · Genetische Drift · Neutrale Theorie · Retortenbabys, Gentests und Klone · Der nächste Rubikon
Familie Oberprieler wohnt in einem der austauschbaren Vororte der australischen Hauptstadt Canberra in einem freundlichen Bungalow. Ein offenes Haus, wo man zusammenrückt, wenn Gäste kommen, und angesichts meiner VW-Büchse eine Tochter ausquartiert, damit ich in ihrem Zimmer nächtigen kann. Der Tag beginnt mit Müsli und Obstsalat und endet beim Barbecue. Auf dem Grill unter der Weinlaube brät Kängurufleisch. Kakadus klauen Nüsse vom Walnussbaum.
Hier mache ich eine Erfahrung, wie Darwin sie ständig macht, wenn er überall in der Welt auf britische Auswanderer und deren Nachfahren stößt. Ich treffe deutsch aussehende, deutsch sprechende, denkende, kochende und feiernde Deutschstämmige, die mit Deutschland über Gene und Kultur verbunden sind, aber nicht über ein Heimatgefühl. Die bei Überlegungen, wo sie ihr Alter verbringen wollen, Deutschland nicht einmal nennen. Eine Spur vom Zipfelchen deutscher Kolonialgeschichte, die Südwestafrika hieß. Mit Fotos von Familienfesten in Wohnzimmern, wie sie auch in Wuppertal oder Weimar zu finden waren. Mit Kaffee und Kuchen und Bierflasche zum Abendbrot.
Rolf Oberprieler, gebürtiger Hamburger, in Namibia aufgewachsen, wo auch seine Frau Beate geboren ist, hat siebzehn Jahre lang an der Nationalen Insektensammlung Südafrikas in Pretoria die Rüsselkäfer unter sich gehabt. Seit gut zehn Jahren arbeitet er in gleicher Funktion in Australien - einer der weltweit führenden Experten, der Darwins jugendliche Leidenschaft für die fantastische Welt der Käfer teilt. Ich bin überrascht , schreibt Darwin gegen Ende seines Lebens, was für einen unauslöschlichen Eindruck viele von den Käfern, die ich in Cambridge
gefangen habe, in meinem Gedächtnis hinterlassen haben. Deshalb habe ich den Landweg von Sydney nach Melbourne über Canberra gewählt - die Beagle nimmt direkt Kurs auf Tasmanien.
Die australische Hauptstadt erfüllt meine Erwartungen. Sauber, ordentlich, gleichförmig, steril, statt Zentrum Zersiedlung, statt Lebendigkeit Langeweile. Das Wort Urbanität muss anderswo erfunden worden sein. Zwischen sehenswerten Museen, besonders der feinen Nationalgalerie, Botschaften und dem futuristischen Parlament herrscht die schöne Öde der Trennung von Staat und Land. Das kleine Bonn als Hauptstadt war dagegen eine pulsierende Metropole.
In einem Eimer auf Oberprielers Terrasse steckt ein Büschel grüner Eukalyptuszweige. Auf denen wie auch auf den Zimmerpflanzen im Haus winden sich fette grüne Raupen. In seiner Freizeit züchtet der Käferforscher auch noch Nachtschmetterlinge. »Entspannender Ausgleich« für die taxonomische Schwerarbeit, die er in seinem Institut zu leisten hat. Die beiden Töchter, kurz vor dem Flüggewerden, unterstützen den Vater bei seinem Hobby. Ein Entomologenhaushalt.
Als ich in Deutschland einem befreundeten Käfersammler erzählte, ich wolle einen Experten für Rüsselkäfer treffen, hat er nur gesagt: »Das sind die ganz Irren.« Rolf Oberprieler, ansonsten die Bescheidenheit in Person, klingt wie ein Besessener, wenn er sein Spezialgebiet vorstellt, die Curculioniden oder Rüsselkäfer. Diese größte Familie der Käfer allein umfasst unvorstellbare 62000 bekannte Spezies. Fast vier Mal so viele sollen noch unentdeckt sein. Die Gesamtzahl wird auf 220 000 Arten geschätzt. Und das in der einen Familie. Entsprechend könnte die Zahl der Käferarten von heute bekannten 400000 auf zwei Millionen anwachsen. Man muss einen starken Charakter haben, um bei solchen Dimensionen die Ruhe zu bewahren.
Der Biologe hat ausgerechnet, dass mit derselben Rate wie in den vergangenen
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