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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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Geldautomaten. Zu teuer für die paar Leute, heißt es. Der Geldwechsel dauert fast eine halbe Stunde.
    Die Einwohner sind überwiegend britischer Herkunft, viele Familien vor Generationen aus Nordengland und Schottland eingewandert - politisch halbwegs unabhängig, militärisch weitgehend abhängig von der Heimat ihrer Vorfahren, seit Argentinien sein Herz für die Falklands neu entdeckt hat. In Buenos Aires kann niemand regieren, der nicht das Recht auf die Malvinas einfordert. Die neue Präsidentin Cristina Kirschner macht da keine Ausnahme. Ob die Argentinier überhaupt wissen, mit welchem Menschenschlag sie es hier zu tun haben? Das ist keine Kolonie, in der eine Handvoll Europäer Massen angestammter Ureinwohner gegen deren Willen zu schaffen macht. Hier lebt alteingesessenes, starrköpfiges britannisches Landvolk, das sich nicht einfach von Gaucho-Generälen herumkommandieren lässt.
    Was würden sie mit Leuten wie Jane Cameron machen, die bei der Eisernen Lady zur Schule gegangen sein könnte? Sie arbeitet im Inselarchiv und empfängt mich mit schneidender Gouvernantenhöflichkeit.
»Darwin? Natürlich«, sagt sie, »ein Teil unserer Geschichte.« Aber ich könne doch nicht mir nichts, dir nichts am frühen Morgen in ihre Routine platzen und um Auskunft bitten. »Auf so etwas muss ich mich vorbereiten können.«
    Mit Druck ist da nichts zu gewinnen. Ich versuche es mit Nettigkeit. »Come on, you are such a charming person.« Da blitzen ihre wasserblauen Augen auf. »I … am … NOT … charming!« Ich glaube, Lady Thatcher persönlich zu hören, wie sie ihren europäischen Kollegen mit dem berüchtigten »No« über den Mund fährt. Unwillkürlich muss ich lachen. Einen Moment lang schaut mich die Archivarin an, als hätte ich ihr gerade einen miesen Witz erzählt. Dann bricht es auch aus ihr heraus, sie lacht aus vollem Herzen. Humortest bestanden. Ich bekomme alles, was ich brauche. Einem Argentinier hätte sie die Tür gezeigt.
     
    Die Geschichte des Falklandkonflikts nimmt genau in jenen Tagen ihren Anfang, da die Beagle zum ersten Mal die damalige Hauptsiedlung Port Louis nördlich des heutigen Stanley anläuft. Darwin geht noch davon aus, in einer argentinischen Kolonie zu landen. Die erste Neuigkeit, die wir empfingen, war zu unserer Überraschung, dass England von den Falkland-Inseln Besitz ergriffen hatte und dass unsere Flagge nun wehte. Erst einen Monat zuvor hat das Kriegsschiff »Clio« die britischen Ansprüche geltend gemacht, die auf englische Seefahrer zurückgehen. Darwin beschreibt eine gespenstische Szene: Die gegenwärtige Bevölkerung besteht aus einem Engländer, der hier seit einigen Jahren wohnt und nun die Verantwortung für die britische Flagge hat, 20 Spaniern und drei Frauen, von denen zwei Negerinnen sind. Außer dem Hüter der Flagge, einem Iren namens Dickson, gibt es bis dahin keinen offiziellen Vertreter der Krone auf dem windumtosten Archipel. Aus Buenos Aires reist als Zweiter der britische Kapitän Brisbane an, der am Bau der Siedlung beteiligt war. Das hätte er besser nicht getan.
    Als die Beagle ein Jahr später erneut Port Louis angesteuert hat, kommt ein inzwischen als Gouverneur eingesetzter Leutnant namens Smith an Bord und gibt einen erschütternden Bericht ab. Die Gauchos und drei von den Argentiniern auf die Inseln verbannte Indianer haben sich erhoben und den armen Brisbane und Dickson und ihren Anführer umgebracht, und es wird befürchtet, noch etliche andere.

    Von einem Mann namens Keith, der in einem fort Lakritze kaut und dessen Auto nach Bier riecht, lasse ich mich für teure Falkland-Sterlings über die Ostinsel nach Port Louis fahren. Das Theater ist der Szenen wert, die darin gespielt werden. Das gewellte Land mit seinem trostlosen und erbärmlichen Aussehen ist überall von Torfboden und hartem Gras bedeckt, alles in einem monotonen Braun. Worum in aller Welt wurde hier eigentlich gekämpft? Wir halten an den Trümmern eines verkohlten argentinischen Hubschraubers. »Ein Wahnsinn«, sagt Keith. »Gegen England hatten die keine Chance.«
    Der Falklandkrieg endet nach vierundsiebzig Tagen mit etwa tausend Toten, die meisten aufseiten der Argentinier, eine traurig rekordverdächtige Quote von fast zehn Gefallenen auf fünfundzwanzig verteidigte Einwohner. Welch ein Wahnsinn, nur wegen der Wiederwahl einer angeschlagenen Premierministerin. Das sieht Keith völlig anders, da wird er ganz Brite, wenn auch schon in soundsovielter Generation

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