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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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Wirbeltiere, so weiß allein die Vorsehung, ob ich je eines angeln werde, und falls ja, ob ich imstande sein werde, es zu ernähren. Der notorische Notizenschreiber behandelt das Thema wie seine wissenschaftlichen Probleme und hinterlässt, im Sommer 1838 auf ein Blatt gekritzelt, ein einmaliges Dokument aus zwei Listen - »Heiraten« und »Nicht heiraten«.
    Pro: Kinder (so Gott will).
    Contra: Kosten für Kinder, Sorgen um sie.

    Pro: Ständige Gefährtin (und Freundin im Alter), die sich für einen interessiert. Jedenfalls besser als ein Hund.
    Contra: Gespräche mit klugen Männern in Clubs.
    Pro: Charme von Musik und weiblichem Geplauder.
    Contra: Nicht gezwungen, Verwandte zu besuchen und sich jeder Kleinigkeit zu unterwerfen.
    Pro: Eigenes Heim und jemand, der den Haushalt führt.
    Contra: Vielleicht mag meine Frau London nicht; dann lautet das Urteil Verbannung und Degradierung zu einem nutzlosen, faulen Narren.
    Schließlich bricht es aus ihm heraus, man sieht förmlich, wie sein Abwägen in einer Entscheidung mündet.
    Pro: Mein Gott, es ist unerträglich, sich vorzustellen, dass man sein Leben lang wie eine geschlechtslose Arbeitsbiene nur schuftet. Nein, nein, das geht nicht. … Halte das Bild einer lieben, sanften Frau auf einem Sofa am Kaminfeuer dagegen … Heiraten - heiraten - heiraten. Q.E.D.
    Viel beschäftigter Intellektueller sucht musizierende Hausfrau als Mutter und Unterhalterin. Darwins Frauenbild ist weit rückständiger als sein Menschenbild. Die Bekanntschaft mit Henrietta Martineau, Freundin seines Bruders Erasmus und eine der fortschrittlichsten unabhängigen Frauen in London, ändert daran ebenso wenig wie die Krönung der gerade neunzehnjährigen Victoria zur Königin von England Ende Juni 1838. Nur einmal in diesen Tagen äußert er fortschrittliche Ideen. Unterricht für alle Schichten, schreibt er zwischen seine wissenschaftlichen Notizen, Bildung für die Frauen (doppelter Einfluss), und es wird mit der Menschheit aufwärts gehen. Doch der großartige Gedanke verhallt folgenlos. Die ersten Schritte zur rechtlichen Gleichstellung des weiblichen Geschlechts liegen noch mehr als ein halbes Jahrhundert entfernt.
    Eine Frau wie Margrith Ettlin kommt in seinen kühnsten Vorstellungen nicht vor. Die Erste Offizierin auf der Bremen hat in ihrer Schweizer Heimat als einzige Frau mit Kapitänspatent Schlagzeilen gemacht. Ein sonderbarer Beruf für Eidgenossen, die nur auf Binnengewässern kreuzen können. Nicht lange hat es die Siebenunddreißigjährige auf dem Zürichsee gehalten. Jetzt befährt sie die Weltmeere, während ihrer Wachen verantwortlich für Crew und Kurs. In ein paar Jahren wird die kleine Person selber auf großen Schiffen als Kapitänin auf der Brücke stehen.

    Frauen können heute im Prinzip fast alles. Noch vor hundert Jahren durften sie fast nichts. Vielleicht der größte Fortschritt in der Menschheitsgeschichte, und das innerhalb von gerade mal drei oder vier Generationen. Kulturelle Gleichheit übertrumpft biologische Unterschiede.
    Darwins Verhältnis zum anderen Geschlecht, nicht zuletzt geprägt von der Erziehung durch seine älteren Schwestern, bleibt sein großes Geheimnis. Wir wissen nichts über seine Erfahrungen, so er sie gemacht hat, seine Fantasien, seinen Geschmack. Was die Mutter seiner Kinder betrifft, so zeigt sich der Entdecker der sexuellen Selektion nicht gerade wählerisch. Statt den atemlosen Kreativitätsschub nach seiner Rückkehr zu stören und auf Brautschau zu gehen, fällt sein Auge auf die buchstäblich erste Beste: Cousine Emma, mit neunundzwanzig ein Jahr älter als er und auf dem besten Weg, unverheiratet zu bleiben. Alle Bewerber hat sie abgelehnt, jetzt fesselt sie die Pflege der Mutter nach deren Schlaganfall ans Elternhaus.
    Darwin weiß um die damals schon bekannten Gefahren einer Ehe zwischen Vettern ersten Grades für den möglichen Nachwuchs. Die Ähnlichkeit der Erbanlagen kann zu Missbildungen, Krankheiten und frühem Tod der Kinder führen. Doch gerade in wohlhabenden Kreisen sind Hochzeiten zwischen nahe verwandten Familien damals nicht unüblich. So lassen sich am besten Geld und Güter zusammenhalten. Vor Kurzem hat Darwins siebenunddreißigjährige Schwester Caroline, die sich ebenfalls schon als Jungfer alt werden sah, seinen Cousin Josiah Wedgwood geheiratet, Emmas Bruder. Cousine Emma bringt als Tochter eines Großindustriellen eine fürstliche Mitgift mit in die Ehe. Und sie ist die einzig greifbare Frau in seiner

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