Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
Vom Netzwerk:
innen her aufgesaugt, aufgezehrt durch sich selbst.
    Wie die Hülse eines Menschen sah er aus: fleckig und grau die Haut.
    Nur seine Augen glitzerten, und zwar wie die eines tollwütigen Hundes.
    Er war tadellos gekleidet, wie zu einer Hochzeit.
    »J.«
    »Titus.«
    Er musterte sie von Kopf bis Fuß.
    »Geht’s dir gut?«
    »Danke, ja.«
    »Und du bekommst alles, was du verlangst?«
    »Perfekte Gastgeber.«
    »Du hast dich nicht dagegen gewehrt.«
    »Wogegen?«
    »Gegen das hier. Daß man dich einsperrt. Nach Lyndon war ich auf ein weiteres Abschlachten Unschuldiger gefaßt.«
    »Lyndon war nicht unschuldig, Titus. Diese Leute hier schon. Hast ihnen nichts davon gesagt.«
    »Das hielt ich nicht für nötig. Darf ich die Tür zumachen?«
    Er war es, der sie gefangengesetzt hatte. Aber er kam wie ei»
    Abgesandter zum Lager einer höheren Macht. Es gefiel ihr, wie ermit ihr umging, verschüchtert, aber freudig erregt. Er machte die Tür zu und sperrte ab.
    »Ich liebe dich, J. Und ich hab’ Angst vor dir. Ja, genau, ich glaub’, ich liebe dich, weil ich Angst hab’ vor dir. Ist das krankhaft?«
    »Das würd’ ich schon meinen.«
    »Ja, ich auch.«
    »Wieso kommst du eigentlich erst jetzt?«
    »Ich mußte meine Angelegenheiten in Ordnung bringen. Andernfalli war’ das Chaos ausgebrochen. Sobald ich nicht mehr da war.«
    »Du gehst weg?«
    Er sah in sie hinein, die Gesichtsmuskeln gesträubt vor Erwartung,
    »Hoffentlich.«
    »Und wohin?«
    Noch immer erriet sie nicht, was ihn hierhergebracht hatte - nach säuberlicher Regelung seiner Angelegenheiten, nachdem er seine Frau - da sie schlief, ohne ihr Wissen - um Vergebung gebeten, alle Fluchtwege abgeschnitten, alle Widerreden zum Verstummen gebracht hatte.
    Noch immer erriet sie nicht, daß er gekommen war um zu sterben.
    »Du hast mich verwandelt,. Zu nichts verwandelt. Nirgendwo könnt’ ich noch hingehn. Kannst du mir folgen?«
    »Nein.«
    »Ich kann ohne dich nicht leben«, sagte er. Unverzeihliches Klischee.
    Hätte er sich nicht eine bessere Formulierung ausdenken können? Sie mußte beinah lachen, es war so abgeschmackt.
    Aber er war noch nicht fertig.
    »… und ganz sicher kann ich nicht mit dir leben.« Abrupt änderte sich der Tonfall. »Weil du mich zutiefst abstößt, Weib, dein ganzes Wesen widert mich an.«
    »Ah ja?« fragte sie sanft.
    »Und deshalb…« Er war wieder weich, und sie fing an zu begreifen,
    »…töte mich.«
    Es war absurd. Die glitzernden Augen ruhten ständig auf ihr.
    »Das will ich«, sagte er. »Glaub’ mir, nur das will ich, sonst nichts.
    Töte mich, ganz so, wie’s dir paßt. Ich werd’ mich nicht wehren, nicht beklagen.«
    Ihr fiel der alte Witz ein. Sagt der Masochist zum Sadisten: Tu mir weh! Um Christi willen, tu mir weh! Sagt der Sadist zum Masochisten: Nein.
    »Und wenn ich mich weigere?« sagte sie.
    »Das kannst du nicht. Ich bin ein Stück Dreck.«
    »Aber ich hass’ dich nicht, Titus.«
    »Das solltest du aber. Ich bin schwach. Unbrauchbar für dich. Nichts hab’ ich dir beigebracht.«
    »Du hast mir eine Menge beigebracht. Ich hab’ mich jetzt unter Kontrolle.«
    »Lyndon kam kontrolliert zu Tode, ja?«
    »Sicher.«
    »Sah mir eher nach einem Exzeß aus.«
    »Er bekam nur, was er verdiente.«
    »Dann gib auch mir, was ich verdiene. Ich hab’ dich eingesperrt. Ich hab’ dich zurückgestoßen, als du mich dringend brauchtest. Bestraf’
    mich dafür.«
    »Ich hab’s überlebt.«
    »J.!« Selbst in dieser verzweifelten Lage konnte er sie nicht mit vollem Namen anreden. »O Gott bitte, bitte, mein Gott. Ich fleh’ dich an: nur um dies eine. Tu’s, egal welches Motiv du dafür hast. Mitleid oder Verachtung oder Liebe. Aber tu es, bitte tu’s.«
    »Nein«, sagte sie.
    Plötzlich kam er quer durchs Zimmer und schlug sie, mit voller Wucht.
    »Lyndon hat gesagt, du bist eine Hure. Recht hat er gehabt; du bist eine. Ein verkommenes Nuttenstück, mehr nicht.« Er ließ sie stehen, drehte sich um, kam zurück, schlug sie wieder, schneller, heftiger, und wieder, sechs- oder siebenmal, von hinten, von vorn.
    Dann hielt er keuchend inne.
    »Willst du Geld?« Gefeilsche jetzt. Erst Schläge, dann Gefeilsche.
    Verzerrt sah sie ihn durch die Tränen, die der Schock ausgelöst hatte, war außerstande, sie zurückzuhalten.
    »Willst du Geld?« sagte er wieder.
    »Was glaubst du denn?«
    Er hörte ihren Sarkasmus nicht und fing an, ihr Banknoten um die Füße zu streuen, Dutzende und Aberdutzende, wie Opfergaben um die

Weitere Kostenlose Bücher