Das 1. Buch Des Blutes - 1
hochgestülpt wie bei einer Bulldogge, die Ohren abgerissen, das Rückgrat geknickt, das Menschsein in einen andren Zustand hineinverhext.
»Ein Tier bist du«, hatte sie gesagt. Nicht übel, dieses Faksimile der Bestialität.
Brechreiz würgte den Mann mit der Schußwaffe, als er Bruchstücke seines Herrn wiedererkannte. Er stand auf, fettigen Glanz auf dem Kinn, und warf einen Blick auf die Frau hinter sich.
Jacqueline zuckte die Achseln.
»Waren Sie das?« In die Abscheu mischte sich Ehrfurcht.
Sie nickte.
»Hierher, Titus«, sagte sie und schnalzte mit den Fingern.
Schluchzend schüttelte die Bestie den Kopf.
»Hierher, Titus«, sagte sie nachdrücklicher, und Titus Pettifer watschelte heraus aus seinem Versteck und hinterließ dabei eine Spur wie ein lecker Fleischsack.
Rein instinktiv feuerte der Mann auf Pettifers Überreste. Jedes, aber auch jedes Mittel war recht, um diese ekelerregende Kreatur davon abzuhalten, sich ihm zu nähern.
Titus strauchelte auf seinen blutigen Pfoten zwei Schritt zurück, schüttelte sich, als wollte er den Tod aus sich herausbeuteln, was ihm mißlang, und starb.
»Zufrieden?« fragte sie.
Der Revolvermann blickte auf von der Hinrichtung. Sprach die Macht etwa mit ihm? Nein. Jacqueline starrte Pettifers Leichnam an, ihm hatte sie die Frage gestellt.
Zufrieden?
Der Revolvermann ließ seine Waffe fallen. Der andere Mann ebenfalls.
»Wie ist das passiert?« fragte der Mann an der Tür. Eine einfache Frage, eine Kinderfrage.
»Er hat drum gebeten«, sagte Jacqueline. »Mehr könnt’ ich ihm beim besten Willen nicht bieten.«
Der Revolvermann nickte und fiel auf die Knie.
Vassis Niederschrift (Letzter Teil)
Der Zufall spielt eine beunruhigend große Rolle in meiner Romanze mit Jacqueline Ess. Manchmal habe ich den Eindruck, Spielball jeder wechselhaften Strömung zu sein, die die Welt durchzieht; das leiseste Zucken im Handgelenk des Zufalls, und schon werde ich im Kreis herumgewirbelt. Dann wieder habe ich den Verdacht, daß sie mein Leben auf raffinierte Art lenkte wie das von hundert anderen, tausend anderen auch, daß sie jede geglückte Begegnung arrangierte,, meine Siege und Niederlagen choreographierte und mich, blindlings, zu diesem letzten Zusammentreffen geleitete.
Ich fand sie - ironischerweise ohne zu wissen, daß ich sie gefunden hatte. Zunächst hatte ich ihre Spur bis zu einem Haus in Surrey verfolgt, einem Haus, das ein Jahr zuvor der Schauplatz der Ermordung eines gewissen Titus Pettifer gewesen war, eines Milliardärs, den einer seiner eigenen Leibwächter erschossen hatte. Das Zimmer im oberen Stockwerk, in dem der Mord stattgefunden hatte, wirkte absolut friedlich. Sollte sie dort gewesen sein, dann hatte man jedenfalls alle Anzeichen entfernt. Aber das mehr oder minder zur Ruine heruntergekommene Haus mußte jetzt alle nur denkbaren Arten von Graffiti über sich ergehen lassen, und hier in diesem Zimmer hatte jemand auf den fleckigen Wandputz eine Frau gekritzelt. Ihre Formen waren obszön übersteigert; unruhig loderte einem ihr klaffendes Geschlecht entgegen wie ein Blitz. Und ihr zu Füßen befand sich ein undefinierbares Geschöpf. Vielleicht ein Taschenkrebs, vielleicht ein Hund, vielleicht sogar ein Mensch. Was es auch war, es hatte keinerlei Gewalt über sich. Es saß im Licht ihrer peinigenden Gegenwart und schätzte sich glücklich. Beim Anblick dieses verhutzelten Geschöpfs mit den nach oben verdrehten, die brennende Madonna anglotzenden Augen wußte ich: Das Bild stellte Jacqueline dar.
Ich weiß nicht, wie lange ich in den Anblick des Graffito versunken dastand, aber ich wurde von einem Mann gestört, der sich augenscheinlich in noch schlimmerer Verfassung befand als ich. Ein nie gestutzter, nie gewaschener Bart, eine so ausgemergelte Statur, daß ich mich fragte, wie er es fertigbrachte, aufrecht zu stehen, und ein Geruch, dessen sich ein Stinktier nicht hätte zu schämen brauchen.
Seinen Namen habe ich nie erfahren. Aber er war, wie er mir sagte, der Urheber des Bildes an der Wand. Es fiel nicht schwer, das zu glauben. Seine Verzweiflung, sein Hunger, seine Verwirrung waren typische Merkmale eines Mannes, der Jacqueline gesehen hatte.
Sollte ich in dem Verhör, das ich mit ihm anstellte, grob gewesen sein, dann bin ich sicher, daß er es mir nicht übelnahm. Es war eine große Entlastung für ihn, alles zu erzählen, was er an dem Tag, an dem Pettifer getötet worden war, gesehen hatte, und zu wissen, daß ich das alles
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