Das 10. Gebot - Women's Murder Club -: Thriller (German Edition)
Kreuzung mit der Montgomery. Wir traten durch die Tür, tauchten in den beschwingten Rhythmus der Steel Drums und das Gelächter ein und winkten ein paar flüchtigen Bekannten zu. Wir passierten die Theke und gelangten durch den schmalen, von aromatischen Düften erfüllten Gang an der Küche vorbei in das gemütliche Hinterzimmer, wo Yuki unsere Nische bereits besetzt hatte.
»Hallo, alle zusammen«, rief Lorraine und brachte uns einen eiskalten Krug mit Bier und dazu eine Wassermelonen-Margarita für Yuki. Yuki verträgt zwar so gut wie keinen Alkohol, aber das hindert sie nicht daran, welchen zu trinken.
Ich schob mich neben Yuki auf die Sitzbank, und Claire nahm die gegenüberliegende Seite. Yuki hob das Glas mit dem rosafarbenen Hirnverwirrer und nahm einen tiefen Schluck.
» Nur nippen! «, riefen wir anderen gleichzeitig.
Yuki schnaubte Tequila durch die Nase und stammelte unter Husten: »Ich habe mir einen Schwips redlich verdient. Ich habe ein absolut brillantes Eröffnungsplädoyer gehalten, und plötzlich klingelt das Handy des Richters. Seine schwer kranke Mutter liegt im Sterben. Er unterbricht die Sitzung bis morgen. Bis dahin hat Phil Hoffman das Protokoll natürlich gelesen. Er wird mich nach allen Regeln der Kunst in der Luft zerfetzen.«
Im selben Moment kam Cindy herein, wie immer als Letzte. Sie rutschte neben Claire auf die Bank, versetzte ihr ein paar Stöße mit der Hüfte und sagte: »Nun komm schon, Mädchen, wenigstens ein paar Zentimeter.«
Claire ging nicht weiter darauf ein, sondern sagte: »Dürfte ich euch jetzt vielleicht endlich mal erzählen, was ich heute erlebt habe? Oder muss ich um das Redestöckchen kämpfen? Ich wäre absolut bereit dazu.«
»Fang an«, meinte Yuki und hielt ihr leeres Glas ins Licht. Claire wartete nicht, bis jemand widersprechen konnte.
»Eine Freundin hat mich gefragt, ob ich ihr einen Gefallen tun kann, und mich gebeten, in ein Haus im Sacramento Delta zu kommen«, sagte sie. »Ich setze mich also ins Auto und fahre da raus in diese Sumpflandschaft. Jede Menge winzig kleiner Sträßchen und Deiche, anders kommt man da gar nicht hin. Irgendwann stehe ich dann vor der Jagdhütte, um die es geht. Der alte Mann, der dort wohnt, hatte alle seine Rechnungen zwei Wochen im Voraus bezahlt, und seither hat ihn kein Mensch mehr gesehen. Jetzt haben die Leute so langsam angefangen, sich zu fragen: ›Was ist eigentlich mit Mr Wingnut los?‹«
Während Claires Erzählung hantierte Cindy mit ihrem Smartphone herum.
»Unter der Bettdecke lag so ein länglicher Klumpen«, fuhr Claire fort, während sie gleichzeitig Cindy das Telefon aus der Hand nahm und es in ihre Tasche steckte, als wäre Cindy noch ein kleines Mädchen.
»He!«, sagte Cindy.
Ich hatte das dringende Bedürfnis zu lachen … Und tat es auch.
Claire machte weiter, ohne Cindy zu beachten, die in ihrer Tasche herumwühlte und das Telefon herausfischte. »Ich ziehe also die Decken zurück und sehe, dass der Tote durch die Wärme quasi mumifiziert worden ist. Und im Arm hält er eine AK -47.«
Cindy unterbrach ihre Tätigkeit und starrte Claire an.
»Er war tot? Und hatte eine AK -47 im Arm?«
»Er hat sich damit selbst erschossen«, sagte Claire. »Mein Puls war schlagartig bei knapp zweihundert, das kannst du mir glauben.«
Cindy sah erschüttert aus.
»Jetzt geht es schon wieder, Herzchen«, sagte Claire. »Ich hab mich bloß erschrocken.«
Cindy drehte sich zu mir um. Ihre blonden Locken hüpften und der Blick aus ihren hellen blauen Augen bohrte sich in meine. »Gerade habe ich eine SMS aus der Notaufnahme des Metro Hospital bekommen«, sagte sie. »Jetzt ist noch eine Frau aufgetaucht, die glaubt, dass sie vergewaltigt worden ist.«
»Noch eine Frau? Die glaubt , dass sie vergewaltigt worden ist?«
»Linds, ich habe es im Gefühl. Da kommt eine ganz schräge Geschichte auf uns zu. Kannst du mir einen Gefallen tun, bitte? Kannst du mich ins Krankenhaus fahren?«
16 Ich trieb meinen Explorer mit Höchstgeschwindigkeit über die Columbus Av enue in die Montgomery Street, vorbei an der Transamerica Pyramid, dem höchsten Wolkenkratzer in San Francisco. Meine Sirene verschaffte uns im abendlichen Verkehr den nötigen Freiraum.
Cindy saß neben mir, klammerte sich an ihre Armlehne und erzählte mir von Laura Rizzo, die möglicherweise in derselben Nacht, in der man Av is Richardson fünfundzwanzig Kilometer nördlich von San Francisco orientierungslos unter einem mondlosen Himmel
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