Das 10. Gebot - Women's Murder Club -: Thriller (German Edition)
gefunden hatte, unter Drogen gesetzt und misshandelt worden war.
Ich musste wissen, ob an Cindys »schräger Geschichte« etwas dran war.
Zwei, vielleicht auch drei junge Frauen waren misshandelt worden, aber keine konnte sich an die Misshandlungen erinnern? Gab es da womöglich eine Querverbindung zu Av is Richardson? Oder suchte ich nur verzweifelt nach einer Spur, und wenn sie noch so fragwürdig war?
Ich machte Cindy mit den wichtigsten Fakten im Fall Richardson vertraut und schoss auf die Kreuzung von Montgomery Street und Market Street zu. Nur knapp verfehlte ich das dicke Heck eines Lexus und fuhr auf den Straßenbahnschienen, die sich die New Montgomery Street entlangzogen, weiter. Mit einem Ruck am Lenkrad ließ ich den Stau hinter mir. Cindy war blass im Gesicht, aber ich raste weiter.
»Vor ein paar Tagen hat ein zufällig vorbeifahrendes Ehepaar ein junges Mädchen gefunden und in die Notaufnahme im Metro Hospital gebracht«, sagte ich. »Das ist aber streng vertraulich.«
»Okay.«
»Okay? Ist das dein Ernst?«
»Ja, Lindsay. O. Ka. Y. Streng vertraulich.«
Ich nickte, riss das Steuer nach rechts, kreischte auf zwei Rädern in die Mission Street und flog an den Yerba Buena Gardens auf der linken Straßenseite vorbei. Von Cindy musste man sich solche Zusagen fast schriftlich geben lassen. Sie ist ein ehrlicher Mensch, aber was soll ich sagen? Sie ist Journalistin. Und wir wollten auf gar keinen Fall mit einer Geschichte über ein entführtes Baby einen Sturm entfachen.
Mir war immer noch nicht klar, womit wir es eigentlich zu tun hatten. War Av is Richardson das Opfer mehrerer scheußlicher Verbrechen geworden? Oder hatte sie ihr eigenes Kind getötet? Ich drückte das Gaspedal bis zum Anschlag durch, als könnte ich damit das neugeborene Baby nach Hause holen.
»Dieses Mädchen hat erst kürzlich ein Kind zur Welt gebracht«, fuhr ich fort, während ich mitten durch das Latinoviertel bretterte, vorbei an primitiven Wechselstuben und Souvenirhändlern, die in den verfallenen Theatergebäuden aus den Zwanzigerjahren unter rissigen, verblassten Markisen ihre T-Shirts verkauften.
Als ich nach rechts in die 26th Street abbog, redete ich immer noch. »Die Sache ist die, Cindy. Bisher ist nirgendwo ein Neugeborenes gefunden worden. Das Mädchen kann sich an die Geburt nicht erinnern, und jetzt, da der Schock langsam nachlässt und sie vielleicht mit uns reden könnte, will sie nicht mehr.«
»Wieso denn nicht?«
»Ich weiß es nicht, beim besten Willen nicht.«
Cindy nahm mir das Versprechen ab, ihr alles zu sagen, was ich wusste, sobald ich es wusste, und zwar nicht vertraulich. Ich nickte, machte eine letzte Linkskurve und stellte meine alte Schüssel in der Valencia Street vor dem Krankenhaus ab.
17 Cindy und ich betraten das leb hafte Foyer des Metropolitan Hospital. Cindys Freundin, Joyce Miller, erwartete uns bereits am Empfang. Sie hatte dunkle Haare, war ungefähr Mitte dreißig und trug Schwesterntracht.
Sie nahm meine Hand in ihre beiden und schüttelte sie kräftig.
»Vielen Dank, dass Sie gekommen sind, Lindsay. Ganz herzlichen Dank.«
Wir folgten ihr durch eine ganze Anzahl von Korridoren mit Linoleumfußböden, nahmen diverse Abzweigungen und gelangten schließlich in die Notaufnahme, bewältigten einen Hindernisparcours voller Krankenhausbetten und Rollstühle, bis wir schließlich vor einem Patientenabteil standen. Dort lernten wir Anne Bennett kennen, die womöglich Opfer einer Vergewaltigung geworden war.
Ms Bennett arbeitete in einem Reisebüro und war Anfang vierzig. Sie sah unglaublich erschöpft aus, als hätte sie acht Stunden auf dem Laufband hinter sich.
Mit zitternder Stimme erzählte sie uns, dass sie sich noch daran erinnern konnte, wie sie an diesem Morgen ein Taxi genommen hatte, um zur Arbeit zu fahren. Dann war sie hinter einem Müllcontainer in einer schmalen Gasse in der Nähe ihrer Wohnung wieder aufgewacht.
»Ich weiß nichts mehr, überhaupt nichts«, sagte sie. »Meine Bluse war falsch zugeknöpft. Meine Strumpfhose war ver schwunden, aber ich hatte immer noch die schwarzen Pumps mit den Goldschnallen an. Meine Handtasche lag auf meiner Brust, mitsamt Handy und Portemonnaie. Vierundvierzig Dollar. Genau so viel, wie ich dabeihatte.«
»Aber Sie haben keinerlei Erinnerung an das, was in den zehn Stunden zwischen Ihrer Abfahrt ins Büro und dem Aufwachen passiert ist?«
»Ich fühle mich, als hätte mir irgendjemand das Licht ausgeknipst«, sagte
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