Das 10. Gebot - Women's Murder Club -: Thriller (German Edition)
lassen«, sagte sie, »aber der Richter hat mich in sein Amtszimmer bestellt. Ich habe wieder einmal den Schwarzen Peter. Mach mir ja keinen Ärger, Lindsay. Das meine ich ernst.«
Ich wünschte ihr viel Glück bei LaVan und rannte los, bevor sie es sich anders überlegen konnte.
85 Wenige Minuten, nachdem ich Yukis Büro verlassen hatte, trug ich mich in das Besucherregister am Eingang des Frauengefängnisses im sechsten Stock ein. In diesem Flügel ging es sehr laut zu. Zwischen laut knallenden Stahltüren und dem wütenden Geschrei der Gefangenen wurde ich von einer Wärterin in eines der kleinen, karg möblierten Besprechungszimmer eskortiert.
Es dauerte nicht lange, bis Candace Martin hereingeführt wurde. Sie sah mir in die Augen, während die Wärterin ihr die Handschellen abnahm, und setzte sich dann mir gegenüber an den mit Kratzern übersäten Metalltisch.
»Das ist aber eine Überraschung«, sagte sie.
Candace war nicht geschminkt, hatte seit einem Jahr keinen Friseur mehr besucht und trug einen orangeroten Gefängnisoverall, eine Farbe, die Blondinen eigentlich nicht stand.
Aber trotzdem hatte sie sich ihre Würde und ihre professionelle Haltung bewahrt.
Ich sagte: »Offiziell bin ich gar nicht hier.«
»Aber mit guten Neuigkeiten, so hoffe ich.«
Ich holte das Foto aus meiner Tasche und legte es vor ihr auf den Tisch. »Bitte sehen Sie sich dieses Bild einmal an, und verraten Sie mir, was Sie bei diesem Mann im Auto wollten.«
Sie erwiderte: »Ich habe dieses Bild schon einmal gesehen. Aber das bin nicht ich.«
Die Deckenlampe strahlte dreihundert Watt weißes Neonlicht ab und leuchtete in jeden Winkel des winzigen Zimmers. Das rote Auge einer Überwachungskamera sah aus einer Ecke unter der Decke zu, wie die Frau in Orange das Foto zu sich heranzog und es in die Hand nahm.
»Ich kenne weder den Mann noch die Frau«, sagte sie. Aber dann, als sei ihr plötzlich etwas aufgefallen, betrachtete sie sich das Foto noch einmal genauer und fragte mich: »Was sehen Sie in der Hand dieser Frau?«
Sie schob den grobkörnigen Schwarz-Weiß-Ausdruck wieder zurück. Die Frau auf dem Bild hatte den Kopf nach vorn geneigt, sodass die blonden Haare das halbe Gesicht bedeckten, und sie schien die Hand an eine Halskette gelegt zu haben. Zwischen ihren Fingern sah ich etwas glitzern, was wie ein Anhänger aussah.
»Vielleicht so eine Art Amulett?«, sagte ich.
»Könnte es auch ein Kreuz sein?«, meinte Candace Martin.
»Ich nehme an.«
»Ich trage keine schmalen Goldketten mit Anhänger«, sagte Candace Martin dann. »Aber Sie kennen doch Ellen Lafferty, oder? Sie trägt immer so ein Kreuz um den Hals. Ehrlich gesagt frage ich mich schon länger, was es ihr wohl bedeutet.«
86 Candace Martin sollte in einer Stunde vor Gericht erscheinen, und falls ich mit meiner Vermutung recht hatte und sie unschuldig war, dann konnte ich gar nicht schnell genug in Yukis Fall »herumpfuschen«. Jeder Tag, den Candace vor Gericht stand, brachte sie ihrer Verurteilung wegen vorsätzlichen Mordes einen Tag näher.
So schwer es war, das Gericht davon zu überzeugen, dass die falsche Person auf der Anklagebank saß, es war immer noch ein Kinderspiel im Vergleich zu dem Aufwand, den man betreiben musste, um einen Schuldspruch rückgängig zu machen.
Ich lief die Hintertreppe der Hall of Justice hinunter bis ins Foyer, tippte eine Nummer in mein Handy und wartete auf die Stimme des Privatdetektivs Joseph Podesta. Er klang sehr verschlafen, meinte dann aber, dass ich ihn in zwanzig Minuten besuchen dürfe.
Ich fuhr über die Bay Bridge nach Lafayette und dann zu Podestas gelber Vorstadt-Ranch in der Hamlin Road, einer Straße, die von unterschiedlichen Baumarten und relativ ähnlichen Häusern, alle im Ranch-Stil, gesäumt wurde. Ich parkte in seiner Auffahrt, ging eine kleine Steintreppe hinauf, durchquerte einen Steingarten und klingelte.
Podesta machte mir die Tür auf. Er war barfuß und trug einen Jogginganzug voller Brotkrumen. Ich zeigte ihm meine Marke, und er ging mit mir nach hinten in seinen Arbeitsbereich.
Dort lagerte auf stählernen Regalen ein gewaltiges Arsenal an Spionageausrüstung. Er setzte sich auf den Schreibtischstuhl und rollte zu seinem Computer, hob eine alte Tigerkatze vom Tisch auf seinen Schoß.
»Wenn mein Mandant nicht tot wäre«, sagte er, während er die Maus bediente, »dann würde ich Ihnen diese Sachen nur mit einem Durchsuchungsbeschluss zeigen.«
»Ich weiß Ihre Hilfe
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