Das 10. Gebot - Women's Murder Club -: Thriller (German Edition)
bekommen.
Ich streckte erst das eine Bein und dann das andere aus, um die Muskeln ein wenig zu lockern. Conklin ließ seine Knöchel knacken. Eine dichte Atemwolke hing direkt vor meiner Nase. Für eine Tasse Kaffee hätte ich ohne mit der Wimper zu zucken die Hälfte meiner Pension geopfert, und für einen Schokoriegel auch die andere Hälfte.
Um halb elf, als ich gerade dachte, ich würde nie wieder gehen können, kam eine lang gestreckte Cadillac-Limousine angerollt und blieb vor dem Haus stehen. Adrenalin wurde in meine Blutbahnen gepumpt und vertrieb die Krämpfe und die Lethargie.
Der »Türsteher« verließ seinen Posten und öffnete den Passagieren die Fahrzeugtür. Sie kamen gerade aus der Oper und waren entsprechend gekleidet.
Nunzio Rinaldi, Capo der dritten Generation einer berühmt-berüchtigten Mafiafamilie, stieg aus. Er trug einen eleganten schwarzen Anzug und eine silbergraue Krawatte. Er reichte seiner Frau Rita die Hand. Ihre platinblonden Haare wären selbst bei einem plötzlichen Stromausfall noch deutlich zu er kennen gewesen. Der Wagen glänzte im Licht der Straßen laternen, und Rita Rinaldis Juwelen funkelten.
Die Rinaldis gingen nun von ihrem Wagen auf das verschwenderisch geschmückte Vestibül ihres Apartmenthauses zu. In diesem Augenblick bog ein Mann mit einem dunkelbraunen Regenmantel um die Ecke. Er hielt eine Einkaufstüte in der Hand und führte einen kleinen Jack-Russell-Terrier an der Leine.
Ich sah ihn nur aus dem Augenwinkel – ein Fußgänger unter vielen, während gleichzeitig etliche Autos das Sichtfeld zwischen mir und dem Türsteher durchkreuzten. Aber plötzlich lief der kleine Hund frei herum, und der Mann hatte seine Einkaufstüte fallen gelassen und eine Pistole aus der Innentasche seines Mantels gezogen.
Das ging so schnell, dass ich meinen Augen kaum traute. Dann sah ich, wie die Straßenbeleuchtung sich in dem Pistolenlauf spiegelte.
Der Lauf war auf die Rinaldis gerichtet.
Ich holte Luft und brüllte » SCHUSSWAFFE !« in mein Funkmikrofon. Vermutlich brachte ich damit etliche Trommelfelle entlang des Broadways zum Platzen.
110 Bei meinem Schrei stürzte sich Lieutenant Hampton auf den Mann mit der Pistole. Er schlug dessen Arm nach unten, zerrte und drehte den Beinahe-Attentäter herum und ließ sich schließlich mit seinem ganzen Gewicht auf ihn fallen.
Drei Schüsse wurden abgefeuert. Fußgänger kreischten, doch kaum war das Echo verklungen, war das Ganze auch schon vorbei. Der Attentäter lag entwaffnet auf dem Boden.
Conklin und ich rannten über die Straße und waren dort, noch bevor die Handschellen zuschnappten. Keuchend stand ich vor dem Mann mit der Kapuze und sagte: »Haben wir dich, du Arschloch. Der Tag hat sich jedenfalls gelohnt, schönen Dank auch.«
Wenige Meter entfernt presste Rita Rinaldi ihre mit Juwelen bestückten Hände an die Wangen und weinte. Sie musste davon ausgehen, dass die schwarz gekleideten Männer wegen ihres Mannes gekommen waren.
Nunzio Rinaldi legte schützend die Arme um seine Frau und sagte zu Conklin: »Was zum Teufel soll denn das? Wer ist dieser Mann?«
Conklin erwiderte: »Bitte entschuldigen Sie die Aufregung, Mr Rinaldi, aber wir mussten Ihr Leben retten. Wir hatten keine andere Wahl.«
Ich hingegen hatte noch ein paar Fragen, und wer weiß, vielleicht würde ich sogar ein paar Antworten bekommen.
Ich riss dem Kerl die Kapuze herunter, packte eine Strähne seines silberbraunen Haars und hob seinen Kopf.
Er sah mich an. Seine grauen Augen blitzten amüsiert, und auf seinen Lippen lag ein Lächeln.
»Wie heißen Sie?«, sagte ich, obwohl ich mir sicher war, dass ich das bereits wusste. Ich hatte dieses Gesicht schon einmal gesehen, auf einem ziemlich verwackelten Foto. Das war der Mann, der in einem Geländewagen neben einem Candace-Martin-Double gesessen hatte.
Dieser Mann musste Gregor Guzman sein. Musste er einfach.
Ich hatte etliches über Guzman gelesen und erfahren, dass er im Jahr 1950 als Sohn eines russischen Vaters und einer kubanischen Mutter auf Kuba zur Welt gekommen war. Ende der Sechzigerjahre hatte er seine Heimat in einem gestohlenen Fischerboot verlassen und sich nach seiner Landung in Miami im organisierten Drogenhandel nützlich gemacht, um später dann eine Laufbahn als unabhängiger Auftragskiller auf drei Kontinenten einzuschlagen.
Diese grobkörnige Aufnahme von Guzman oder jemandem, der ihm sehr ähnlich sah, hatte jedenfalls eine erneute Suche nach ihm ausgelöst. An den
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