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Das 2. Buch Des Blutes - 2

Das 2. Buch Des Blutes - 2

Titel: Das 2. Buch Des Blutes - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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anderen Straßenseite wohnte. Sie war eine junge Witwe und verbrachte augenscheinlich den größten Teil ihres Lebens damit, splitternackt ums Haus zu stolzieren. Manchmal, zur Mittagszeit, wenn sich der Postbote wieder mal nicht blicken ließ, war es für das Geyatter fast unerträglich, die Frau drüben vor Augen zu haben und zu wissen, daß es niemals die Schwelle von Polos Haus überschreiten konnte.
    So lautete das Gesetz. Das Geyatter war ein subalterner Dämon, und seine Seelenf ängerei war strikt auf den häuslichen Umkreis seines Opfers eingegrenzt. Ein Schritt darüber hinaus bedeutete die Preisgabe aller Macht über das Opfer: ein Sichausliefern an die Gnade und Ungnade der Menschennatur.
    Den ganzen Juni und Juli und fast den ganzen August schwitzte es in seinem Gefängnis, und all diese strahlenden, heißen Monate über bewahrte Jack Polo seine vollkommene Ungerührtheit gegenüber den Attacken des Geyatters.
    Es war zutiefst verwirrend und zerstörte nach und nach das Selbstvertrauen des Dämons, mit ansehen zu müssen, wie dieses kühl-glatte Opfer jeden Anschlag und Trick überlebte.
    Das Geyatter weinte.
    Das Geyatter zeterte.
    In einem Anfall zügelloser Qual brachte es das Wasser im Aquarium zum Kochen und pochierte dabei die Guppies.
    Polo hörte nichts, sah nichts.
    Schließlich, Ende September, brach das Geyatter eine der Grundregeln seines Standes und wandte sich direkt an seine Meister.
    Der Herbst ist die Jahreszeit der Hölle; und die Dämonen der höheren Herrschaftsränge fühlten sich milde gesinnt. Sie geruhten, mit ihrer Kreatur zu sprechen.
    »Was willst du?« fragte Beelzebub, und seine Stimme schwärzte die Luft im Wohnzimmer.
    »Dieser Mann…« begann das Geyatter nervös.
    »Ja?«
    »Dieser Polo…«
    »Ja?«
    »Ich bring’s zu keinem Ergebnis bei ihm. Ich kann keine Panik bei ihm auslösen, ich kann keine Angst, nicht einmal leichte Beunruhigung bei ihm hervorbringen. Fruchtlos bin ich, o Herr der Fliegen, und ich wünsche, daß man mich von meinem Elend befreit.«
    Einen Augenblick lang nahm Beelzebubs Gesicht im Spiegel über dem Kaminsims Gestalt an.
    »Was willst du?«
    Beelzebub war halb Elefant, halb Wespe. Das Geyatter fürchtete sich schrecklich.
    »Ich… will sterben.«
    »Du kannst nicht sterben.«
    »Fort aus dieser Welt. Nur von dieser Welt wegsterben. Dahinschwinden. Ausgetauscht werden.«
    »D« wirst nicht sterben.«
    »Aber ich kann ihn nicht zugrunde richten!« kreischte unter Tränen das Geyatter.
    »Du mußt es.«
    »Wo bleibt dein Stolz?« sagte die Stimme des Meisters noch und verhallte in der Ferne. »Stolz, Geyatter, Stolz!«
    Dann war er fort.
    In seiner Frustration griff sich das Geyatter den Kater und warf ihn ins Kaminfeuer, wo er rasch eingeäschert wurde. Wenn das Gesetz doch nur gestattete, menschliches Fleisch mit einer solch einfachen Quälerei heimzusuchen, dachte es. Ja, wenn nur. Wenn nur - dann würde es Polo solche Torturen erdulden lassen. Aber nein. Das Geyatter kannte die Gesetze so gut wie seinen Handrücken; von seinen Lehrern waren sie ihm als gerade flügge gewordenem Dämon auf den Balg gebleut worden. Und Gebot eins bestimmte: »Du sollst nicht an deine Opfer Hand anlegen.«
    Man hatte ihm nie gesagt, weshalb dieses Gebot Geltung beanspruchte, aber das tat es.
    »Du sollst nicht…«
    Also ging die peinliche Prozedur weiter. Tagein, tagaus, und noch immer zeigte der Mann kein Symptom des Weichwer-dens. Im Verlauf der nächsten Wochen murkste das Geyatter zwei weitere Kater ab, die Polo als Ersatz für seinen hochgeschätzten Freddy (nunmehr Asche) heimbrachte.
    Das erste dieser armen Opfer wurde an einem unproduktiven Freitagnachmittag in der Kloschüssel ertränkt. Es war immerhin eine Genugtuung, den Ausdruck des Ekels auf Polos Gesicht sich abzeichnen zu sehen, als er den Reißverschluß seiner Hose öffnete und runterschaute. Aber jegliches Vergnü-
    gen, das das Geyatter an Jacks Fassungslosigkeit fand, wurde durch die unbekümmert souveräne Art wieder aufgehoben, in der der Mann mit dem toten Kater fertig wurde: Er hievte das triefende Fellbündel aus dem Becken, wickelte es in ein Handtuch und begrub es im Garten praktisch ohne einen Mucks.
    »Warum?«
    »Weil Wir’s dich heißen.« Immer gebrauchte Beelzebub den Pluralis majestatis, obwohl ihm das gar nicht zustand.
    »Laßt mich wenigstens wissen, weshalb ich in diesem Haus bin«, bat das Geyatter dringlich. »Was ist er denn schon?
    Nichts! Ein Nichts ist

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