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Das 2. Buch Des Blutes - 2

Das 2. Buch Des Blutes - 2

Titel: Das 2. Buch Des Blutes - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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er!«
    Beelzebub fand das gelungen. Er lachte, summte, trompetete.
    »Jack Johnson Polo ist das Kind eines praktizierenden Mitglieds der Kirche des Verlorenen Heils. Er gehört Uns.«
    »Aber was bitte wollt Ihr denn mit ihm? Er ist so fad.«
    »Wir wollen ihn, weil man Uns seine Seele versprochen und seine Mutter sie nicht ausgeliefert hat. Oder selber nicht so weit gekommen ist. Sie hat Uns betrogen. Tod in den Armen eines Priesters, und sicheres Geleit zum…«
    Das darauffolgende Wort war mit dem Bannfluch belegt. Der Herr der Fliegen brachte es kaum über sich, es auszusprechen.
    »… Himmel«, sagte Beelzebub mit unendlicher Trauer über den Verlust in der Stimme.
    »Himmel«, sagte das Geyatter und wußte nicht recht, was mit dem Wort gemeint war.
    »Auf Geheiß des Alten höchstpersönlich ist Polo mit Furien zu hetzen und zu bestrafen für die Verbrechen seiner Mutter.
    Keine Tortur ist grausam genug für eine Familie, die Uns betrogen hat.«
    »Ich bin am Ende«, setzte das Geyatter inständig dagegen und wagte es, sich dem Spiegel zu nähern. »Bitte. Ich fleh’ Euch an.«
    »Bring diesen Mann zur Strecke«, sagte Beelzebub, »oder du leidest an seiner Statt.«
    Die Gestalt im Spiegel winkte mit ihrem schwarzgelben Rüssel und verblaßte.
    Der dritte Kater, den Polo nach Hause brachte, war über die unsichtbare Gegenwart des Dämons von Anfang an im Bilde, und so wurde dann auch Mitte November das Leben für das Geyatter eine unterhaltsame Woche lang, in der es Katz und Maus mit Freddy III. spielte, geradezu interessant. Freddy spielte die Maus. Da Katzen keine besonders hellen Tiere sind, war der Zeitvertreib schwerlich eine große intellektuelle Herausforderung, aber er brachte Abwechslung in die endlosen Tage des Wartens, Verfolgens und Scheiterns. Zumindest akzeptierte das Tier die Gegenwart des Geyatters. Zu guter Letzt jedoch, in einer scheußlichen Stimmung (ausgelöst durch die Wiederverheiratung der nackten Witwe von gegenüber) verlor der Dämon seine Geduld mit dem Kater. Der wetzte seine Krallen auf dem Nylonteppich, kratzte stundenlang mit den Klauen am Velours. Das Geräusch tötete dem Dämon den metaphysischen Nerv: ein einziger kurzer Blick auf den Kater, und der zersprang in Stücke, als hätte er eine scharfe Granate verschluckt.
    Die Wirkung war imposant, die Ergebnisse kraß: überall Katzenhirn, Katzenfell und Katzeneingeweide.
    Polo kam an diesem Abend erschöpft nach Hause, stand unter der Tür des Eßzimmers und musterte mit zutiefst angeekeltem Gesicht das Blutbad, in das sich Freddy III. verwandelt hatte.
    »Elende Hunde«, sagte er, »Elende Hundsviecher, elende.«
    Wut war in seiner Stimme. Ja, frohlockte das Geyatter, regelrechte Wut. Der Mann war durcheinander: In seinem Gesicht zeigten sich eindeutig feststellbare Anzeichen von Gefühl.
    Hochgestimmt fegte der Dämon durchs Haus, wild entschlossen, seinen Sieg auszureizen. Er machte jede Tür auf und knallte sie zu, zertrümmerte Vasen, brachte die Lampenschirme zum Schwingen.
    Polo kratzte lediglich feinsäuberlich den Kater zusammen.
    Das Geyatter warf sich die Treppe runter, zerfetzte ein Kissen, schlüpfte auf dem Speicher in die Rolle eines kichernden Wesens mit Hinkefuß und Lust auf Menschenfleisch.
    Polo begrub lediglich Freddy III. neben dem Grab von Freddy II. und der Asche von Freddy I. Dann legte er sich schlafen, ohne sein Kissen.
    Der Dämon fühlte sich restlos aufgeschmissen. Welche Chance, bitte, blieb ihm denn, diesen Dreckskerl jemals zu knacken, wenn der Mann beim Explodieren seines Katers im Eßzimmer nicht mehr als den Funken einer Anteilnahme aufzubringen vermochte?
    Eine letzte Möglichkeit stand noch aus.
    Christi Geburtstag rückte näher, und Jacks Kinder würden heimkommen in den Schoß der Familie. Vielleicht konnten sie ihn überzeugen, daß mit der Welt doch nicht alles in Ordnung war; vielleicht konnten sie ihre Fingernägel unter seine makellose Gleichgültigkeit zwängen und anfangen, ihn niederzureißen. Hoffend, wo es nichts mehr zu hoffen gab, harrte das Geyatter die Wochen bis in den späten Dezember aus und plante seine Angriffe mit aller erfinderischen Bösartigkeit, die es aufbringen konnte.
    Inzwischen ging Jacks Leben seinen gemächlichen Gang. Er schien abgetrennt von seiner Erfahrung zu leben, lebte sein Leben, wie ein Autor möglicherweise eine grotesk-abstruse Erzählung schreibt: indem er sich selbst nie zu tief in den Geschehensablauf verwickelt. Einige bezeichnende

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