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Das 2. Buch Des Blutes - 2

Das 2. Buch Des Blutes - 2

Titel: Das 2. Buch Des Blutes - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Routine.
    »Nicht gerade gut, Lacey«, sagte sie dunkel, als wolle sie etwas erklären; und damit hatte es sich. Darin erschöpfte sich ihr Mitgefühl.
    Redman schaute sich flüchtig um, als sie den regungslosen Lacey in die rote Decke wickelten. Da geschah zweierlei fast gleichzeitig. Erstens: Einer sagte: »Das ist das Schwein.t Zweitens: Lacey öffnete die Augen und richtete den Blick geradewegs auf Redman, weit, klar und ohne Falsch.
    Redman verbrachte einen guten Teil des nächsten Tages damit, seine Werkstatt in Ordnung zu bringen. Viele der Werkzeuge waren zerstört oder durch unsachgemäße Verwendung unbrauchbar geworden: Sägen ohne Zähne, Meißel, die angeschlagen und ohne Schneide waren, zerbrochene Schraubstöcke. Er würde Geld benötigen, um die Werkstatt wieder mit dem grundlegenden Inventar auszustatten, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, ein Gesuch einzureichen. Gescheiter, man wartete ab und bewies zunächst, daß man anständige Arbeit verrichtete. Solche Verhaltensregeln in Institutionen war er durchaus gewohnt; nicht umsonst kam er vom Polizeidienst.
    Gegen halb fünf fing ziemlich weit von der Werkstatt entfernt eine Klingel an zu läuten. Er nahm sie nicht zur Kenntnis, aber nach einer Weile gewannen seine Instinkte doch die Oberhand.
    Kungeln waren Alarmvorrichtungen, und Alarmvorrichtungen wurden betätigt, um Menschen vor irgendeiner Gefahr zu warnen. Er ließ seine Aufräumarbeit liegen, schloß die Werkstatt hinter sich ab und ließ sich von seinem Gehör leiten.
    Die Klingel läutete in den Räumen, die man lächerlicherweise den Krankenhaustrakt nannte. Das waren zwei oder drei Zimmer, die vom Haupttrakt abgetrennt und mit ein paar Bildern sowie Vorhängen an den Fenstern aufgemotzt worden waren.
    Da keine Rauchspuren in der Luft waren, handelte es sich offensichtlich nicht um einen Feueralarm. Aber er hörte ein Geschrei. Mehr als ein Geschrei: ein Geheul.
    Er beschleunigte seine Schritte durch die endlosen Gänge, und als er vor der Abteilung um die Ecke bog, rannte eine kleine Gestalt direkt in ihn hinein. Der Zusammenprall nahm ihnen beiden den Atem, aber Redman kriegte den Burschen am Arm zu fassen, noch ehe dieser sich wieder davonmachen konnte.
    Der Gefangene reagierte blitzschnell und schlug mit den bloßen Füßen gegen Redmans Schienbein aus. Aber der hatte ihn fest im Griff.
    »Loslassen, du Scheiß…«
    »Nur ruhig! Schön ruhig!«
    Seine Verfolger waren in unmittelbarer Nähe. »Festhalten!«
    »Du Wichser! Du Wichser? Du Wichser! Du Wichser!«
    »Festhalten!«
    Es war wie der Ringkampf mit einem Krokodil: Der Junge hatte die volle Stärke, die einem nur die Angst verleihen kann. Aber der Großteil seiner Raserei war schon verbraucht. Tränen schössen ihm in die von Blutergüssen umrandeten Augen, als er Redman ins Gesicht spuckte. Lacey war es, in seinen Armen, der ungute Lacey.
    »Okay. Wir haben ihn.«
    Redman trat zurück, als der Wachmann seine Stelle einnahm und Lacey in einen Kontrollgriff zwang, der geeignet schien, dem Kind den Arm zu brechen. Zwei, drei andere Personen kamen um die Ecke. Zwei Jungen und eine Krankenschwester, ein reiz- und liebloses Neutrum.
    »Loslassen… Loslassen…« gellte Lacey, aber aller Kampfgeist hatte ihn verlassen. Sein Gesicht verzog sich zu einer Schnute, als er sich geschlagen gab, und noch immer blickten die kuhsanften Augen verdreht und vorwurfsvoll zu Redman hinauf, groß und braun. Lacey sah jünger aus, als seine sechzehn Jahre hätten vermuten lassen, fast vorpubertär. Auf seiner Wange zeigten sich erste Andeutungen eines Bart-flaums, ein paar Hautunreinheiten sprenkelten die blauen Flecken, und ein ungeschickt angebrachtes Pflaster klebte quer über der Nase. Trotzdem: ein ganz mädchenhaftes Gesicht, das Gesicht einer Jungfrau, einer Zeit zugehörig, in der es noch Jungfrauen gab. Und diesen Blick.
    Die Leverthal tauchte auf, zu spät, um noch irgendwas auszu-richten. »Was geht hier vor?«
    Der Wachmann keifte los. Die Hetzjagd harte ihm den Atem geraubt und die gute Laune. »Hat sich im Toilettenraum eingesperrt. Wollte durchs Fenster raus.«
    »Weshalb?«
    Die Frage war an den Wachmann gerichtet, nicht an das Kind.
    Eine vielsagende Verwechslung. Betreten zuckte der Wachmann mit den Achseln.
    »Weshalb?« Redman wiederholte die Frage, diesmal an Lacey gewandt.
    Der Junge glotzte ihn nur an, als hätte man ihm nie zuvor eine Frage gestellt. »Sind Sie das Schwein?« sagte er dann unvermittelt, und aus seiner

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