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Das 2. Buch Des Blutes - 2

Das 2. Buch Des Blutes - 2

Titel: Das 2. Buch Des Blutes - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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ungekünstelt.
    »Gott nein! Der Ort war ihm verhaßt. Übrigens, wie soll er reinkommen?«
    »Er ist auch rausgekommen.«
    Die Leverthal gab sich mit leisem Knurren geschlagen. »Erwar nicht besonders hell, aber er war gerissen. Genaugenommen überraschte es mich nicht, als er mit einem Mal abgängig war.
    In den Wochen vor seiner Flucht war er ganz in sich selbst versunken. Ich konnte nicht das Geringste aus ihm rausbekommen, und bis dahin war er wirklich gesprächig gewesen.«
    »Und Lacey?«
    »Stand unter seiner Fuchtel. Das kommt häufig vor. Ein jüngerer Bursche vergotten einen älteren, erfahreneren Typ.
    Lacey kommt aus sehr gestörten Familienverhältnissen.«
    Tadellos, dachte Redman. So tadellos, daß ich kein Wort davon glaube. Gemütsverfassungen sind keine Bilder einer Ausstel-lung, die mit Nummern versehen sind und so gehängt, daß man die Einflüsse sieht, wenn man eines mit »gerissen«
    bezeichnet, ein anderes mit »beeindruckbar«. Bilder sind Kritzeleien, wild auswuchernde Graffitispritzer, unvorhersagbar, uneingrenzbar.
    Und Bubi Lacey? Der war in den Wind geschrieben.
    Der Unterricht begann am nächsten Tag bei einer Hitze, die so bedrückend war, daß die Werkstatt gegen elf einem Ofen glich.
    Aber die Kids sprachen rasch auf Redmans geradlinige Art an.
    Sie erkannten in ihm einen Mann, den sie ohne Zuneigung respektieren konnten. Sie erwarteten keine Gefälligkeiten, und sie empfingen keine. Das war ein haltbares Übereinkommen.
    Redman erschien der Mitarbeiterstab im ganzen weniger kommunikativ als die Jungen. Alles in allem ein Verein von Sonderlingen. Nicht ein aufrechter Kerl unter ihnen, entschied er. Die Amtsroutine von Tetherdowne, die Rituale der Einstufung und der Erniedrigung schienen alle zu einheitlichem Kies zermahlen zu haben. Zunehmend ertappte er sich dabei, wie er die Unterhaltung mit Kollegen vermied. Die Werkstatt wurde ein Zufluchtsort, ein Heim vor dem Heim, das nach frisch gefälltem Holz und Körperausdünsrung roch.
    Erst am darauffolgenden Montag erwähnte einer der Jungen die Farm. Niemand hatte Redman erzählt, daß auf dem Gelände eine Farm war, und ihm kam der bloße Gedanke daran absurd vor.
    »Geht selten jemand hin«, sagte Creeley, einer der schlechte-sten Holzbearbeiter unter der Sonne. »Da stinkt’s.«
    Allgemeines Gelächter.
    »Schon gut, Jungs, beruhigt euch nur wieder!«
    Das Gelächter, durchsetzt von ein paar hämisch getuschelten Sticheleien, verebbte.
    »Wo ist diese Farm, Creeley?«
    »Es ist nicht mal ‘ne richtige Farm, Sir«, sagte Creeley und kaute auf seiner Zunge (eine ständige Angewohnheit). »Es sind nur ‘n paar Hütten. Aber stinken tun sie, Sir. Besonders jetzt.«
    Durchs Fenster deutete er auf die Wildnis hinter dem Sportplatz. Diese Gegend hatte er nur an jenem ersten Tag mit der Leverthal von oben angeschaut. Seitdem war das Ödland in der schweißtreibenden Hitze zusammengewachsen; das Unkraut wucherte üppig. Creeley deutete auf eine weit entfernte Ziegelmauer, die fast ganz hinter einem Gestrüppverhau verborgen war.
    »Sehn Sie’s, Sir?«
    »Ja, ich seh’.«
    »Das ist der Schweinestall, Sir.«
    Erneutes Gekicher.
    »Was gibt’s zu lachen?« schnauzte er die Klasse an.
    Ein Dutzend Köpfe duckten sich blitzschnell über die Arbeit.
    »Ich ginge da nicht hin, Sir. So ‘n Mief. So kotzvoll abgehan-gen, daß es tropft, Sir.«
    Creeley hatte nicht übertrieben. Obwohl es jetzt am späten Nachmittag verhältnismäßig kühl war, drehte einem der Gestank, der von der Farm herüberdrang, den Magen um.
    Redman folgte einfach seiner Nase über den Sportplatz und an den Nebengebäuden vorbei. Die Baulichkeiten, die er von der Werkstatt aus nur andeutungsweise zu sehen bekommen hatte, traten aus ihrem Versteck. Ein paar windige Hütten, aus Wellblech und faulendem Holz zusammengebastelt, ein Hühnerauslauf und der ziegelgemauerte Schweinestall - mehr hatte die Farm nicht zu bieten. Wie Creeley gesagt hatte, es war eigentlich keine Farm. Es war ein gezähmtes Miniatur-Dachau, trostlos und verdreckt. Irgend jemand fütterte offenkundig die paar Insassen: Hühner, ein halbes Dutzend Gänse, Schweine.
    Niemand aber schien sich damit abzugeben, sie sauberzuhalten. Daher dieser kotzvolle Geruch. Gerade die Schweine hausten in einem Pfuhl aus ihrem eigenen Unrat. Inseln aus Kot rösteten bis zum vollen Reifegrad in der Sonne, bevölkert von Tausenden von Fliegen.
    Der Schweinestall bestand aus zwei gesonderten Abteilungen, die durch eine

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