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Das 2. Gesicht

Das 2. Gesicht

Titel: Das 2. Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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Vor knapp einem Jahr übrigens, das Haus hat sehr lange leer gestanden.“
    „Ach, es ist nicht für ihn gebaut worden?“, fragte ich erstaunt. Ehrlich gesagt war ich froh, dass es nicht so war, denn dieses Haus sah so gar nicht nach meinem geliebten George aus.
    „Dann können wir ja wieder schlafen gehen“, sagte ich.
    „Können wir, Babe, und morgen statten wir nach einer flotten Joggingrunde dem Makler einen Besuch ab.“

Beim Makler
    Lydia war pünktlich vor unserem Haus. Fort Myers war in tiefen Nebel getaucht, was den Palmen etwas Mystisches gab. Wir liefen los und merkten bald, dass Lydia sicher täglich im Central Park trainierte. Wir hatten Mühe, ihr Tempo durchzuhalten, obwohl sie, vorsichtig geschätzt, zwanzig Jahre älter war als wir. Sie plauderte munter drauf los, während wir keuchend versuchten, mit ihr Schritt zu halten. Wir liefen Richtung Country Club, wo wir uns einen Kaffee gönnten, während Lydia sich irgendein scheußlich gesund aussehendes Gebräu reinzog. Als wir endlich wieder zu Hause waren, fielen wir nach einer erfrischenden Runde im Pool dankbar auf unsere Liegen.
    Wir hatten bei dem Makler einen Termin gemacht. Sandra wollte sich als potenzielle Käuferin ausgeben. Der Makler war freundlicherweise Deutscher. Ferdinand Kuhn hieß er und er hatte sein Büro in Cape Coral.
    Es war angenehm kühl in dem kleinen Konferenzraum. Ferdinand Kuhn war klein, drahtig, irgendwas um fünfzig und weiblichen Reizen gegenüber durchaus aufgeschlossen, wie ich an dem Glitzern in seinen Augen sah, wenn er mit Sandra sprach. Sandra tischte ihm eine tolle Geschichte auf. Sie habe geerbt und wolle sich jetzt hier ein Strandhaus kaufen, in der Nähe ihrer besten Freundin. Und er habe doch deren Mann diese tolle Villa in Fort Myers verkauft.
    „Ach, Sie sind also die Frau Osterman, meinen herzlichen Glückwunsch. Wir haben uns gefreut, als wir gehört haben, dass George eine Deutsche geheiratet hat. Ein tolles Haus, nicht wahr“, sagte Ferdinand Kuhn. Mein Ruf war mir komischerweise vorausgeeilt, ohne dass ich je mit einem Menschen hier über George und mich gesprochen hätte.
    „Ja, ein tolles Haus. Wer hat es eingerichtet?“, fragte ich Ferdinand.
    „Meine Frau“, sagte Ferdinand. Ich beglückwünschte ihn zu seiner Frau und deren guten Geschmack.
    „Haben Sie meinem Mann auch das Strandhaus verkauft?“, fragte ich.
    „Nein, leider nicht“, sagte er.
    „Wissen Sie, ob es einen Makler gibt, der sich auf Strandhäuser spezialisiert hat?“
    Ferdinand Kuhn klärte uns darüber auf, dass das hier in Florida mit den Häusern ein wenig anders organisiert sei als in Deutschland. Der Makler wird von einem Kunden beauftragt, etwas Bestimmtes zu suchen. Gleichzeitig gibt es Immobilienverkäufer, die einen Makler beauftragen. Deren Immobilien werden dann allen Maklern zur Verfügung gestellt, so dass wirklich das gefunden werden kann, was der Kunde sucht.
    „Und wenn ich etwas in einer bestimmten Ecke suche, wie finde ich dann heraus, ob da irgendetwas frei ist?“, wollte Sandra wissen.
    „Ach, das ist ganz einfach. Sie brauchen nur auf einer bestimmten Webseite das eingeben, was Sie suchen, zum Beispiel die Adresse, und dann finden Sie alle Angaben von allein, zum Beispiel wem was gehört. Mit allem, was dazugehört: Hypotheken, Namen der Besitzer, alles schön übersichtlich und öffentlich zugänglich.“
    Sandra und ich wechselten einen Blick.
    „Und auf so eine Seite kommen alle Makler?“, fragte Sandra.
    „Nein, jeder, nicht nur Makler“, sagte Ferdi.
    „So was wie ein öffentliches Grundbuch?“, fragte ich.
    „Ja, so in etwa.“
    „Das ist ja hochinteressant. Kann ich da auch Preise sehen?“
    „Sie können da alles sehen.“ Ferdinand lächelte.
    „Das heißt, man kann damit auch seine Nachbarn ausspionieren?“
    Ferdinands Blick ruhte eine Viertelsekunde zu lang auf mir.
    „Theoretisch ja.“
    „Und wenn ich nicht alle Angaben habe, um das Haus zu finden?“
    „Sie geben einfach ein, was Sie haben, und dann warten Sie ab, was kommt“, sagte der Makler.
    Sandra ließ sich die Web-Adresse aufschreiben. Sie bedankte sich mit einem strahlenden Lächeln und gewährte Ferdinand einen Blick in ihren Ausschnitt.
    „Ich bin sicher, dass Sie genau das für mich finden werden, was ich brauche“, sagte sie. Alte Schwindlerin. Sandra hatte schon Mühe, zu Hause ihre Miete zu zahlen. Der Makler tat mir fast leid. Er war wirklich sehr nett und hilfreich.
    Wir konnten es kaum abwarten,

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