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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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alter Kacker, was?« sagte Declan. Das Lächeln hatte sich ins Gegenteil verkehrt. »Er wird’s dir zeigen. Du änderst dich noch.«
    »Nein, Declan. Lassen Sie mich los …«
    Die Umarmung war zu fest.
    »Los, die Treppe rauf, Kacker-Fresse. Gott darf man nich’
    wart’n lassen.«
    Er zerrte Coot die Treppe hinauf, hielt dabei noch immer die Arme eisern um ihn geschlossen. Coot fehlten die Worte, fehlte jegliches logische Argument. Konnte er denn gar nichts sagen, um dem Mann seine Entwürdigung vor Augen zu führen?
    Das Betreten der Kirche gestaltete sich etwas plump, und automatisch, in der Hoffnung auf irgendeine Beruhigung, schaute Coot zum Altar. Aber er bekam keine. Der Altar war entweiht worden. Die Altartücher hatte man zerrissen und mit Exkrementen beschmiert, das Kreuz und die Kerzenleuchter befanden sich inmitten eines Feuers aus Gebetbüchern, das heftig auf den Altarstufen loderte. Rußflocken schwebten in der Kirche herum, die Luft war schmutzigtrüb vom Rauch.
    »Waren Sie das?«
    Declan grunzte. »Er will, daß ich alles zerstöre. Stein für Stein nehm’ ich’s auseinander, wenn’s sein muß.«
    »Das würd’ er nicht wagen.«
    »0 doch, er schon. Er hat keine Angst vor Jesus, er hat keine Angst vor …«
    Einen vielsagenden Moment lang schwand die Gewißheit, und Coot stürzte sich auf dieses Zögern. »Und trotzdem gibt’s hier was, wovor er todsicher Angst hat, nicht wahr - sonst war’ er selber hier reingekommen und hätt’ es alles selber getan…«
    Declan schaute Coot nicht an. Sein Blick war glasig geworden.
    »Wovor, Declan? Was genau mag er nicht? Sie können’s mir ruhig sagen …«
    Declan spuckte Coot ins Gesicht, einen zähen Schleimbatzen, der wie eine Nacktschnecke an seiner Wange herunterhing.
    »Das geht dich gar nichts an.«
    »Um Christi willen, Declan, schaun Sie doch, was er mit Ihnen gemacht hat.«
    »Ich erkenne meinen Herrn, wenn ich ihn sehe …« Declan schlotterte. »… und du auch.«
    Er drehte Coot herum, so daß er zur Südtür schaute. Sie war offen, und dort auf der Schwelle stand das Geschöpf. Es duckte sich, lässig vornübergebeugt, unter das Portal. Zum erstenmal sah Coot Rohkopf bei günstiger Beleuchtung, und die Schrekkensängste setzten ernstlich ein. Er hatte es tunlichst unterlas sen, sich über seine Größe, seinen Starrblick, seine Herkunft zuviel Gedanken zu machen. Nun, da es mit langsamen, ja würdevollen Schritten auf ihn zukam, gestand Coots Herz ihm seine Herrschergewalt zu. Es war keine bloße Bestie, trotz seiner Mähne und der furchteinflößenden Phalanx seiner Zähne. Seine Augen durchbohrten ihn bis ins Mark und schimmerten dabei in einer bodenlosen Verachtung, wie sie kein Tier je aufzubieten imstande war. Sein Maul öffnete sich mehr und mehr, die Zähne glitten aus ihren Zahnfleischscheiden, fünf Zentimeter, bald acht Zentimeter lang, und trotzdem tat das Maul sich immer weiter auf. Als es keine Fluchtmöglichkeit mehr gab, ließ Declan Coot los. Nicht daß Coot sich überhaupt hätte bewegen können. Das Starren war zu hartnäckig. Rohkopf streckte die Hand nach Coot aus und hob ihn hoch. Die Welt stellte sich auf den Kopf …
    Es waren sieben Polizeibeamte, nicht sechs, wie Coot vermutet hatte. Drei davon waren bewaffnet; die Waffen waren von London hierhergebracht worden, auf Anordnung von Detective Sergeant Gissing. Dem verstorbenen Detective Sergeant Gissing, der demnächst postum ausgezeichnet werden sollte.
    Angeführt wurden sie, diese sieben kreuzbraven, wackeren Männer, von Sergeant Ivanhoe Baker. Ivanhoe war kein heldenhafter Mann, weder von der Anlage noch von der Erziehung her. Seine Stimme, von der er sich inständig erhoffte, daß sie zum gegebenen Zeitpunkt die passenden Anordnungen erteilen würde, ohne ihn im Stich zu lassen, kam wie ein abgewürgtes Jaulen heraus, als Rohkopf aus dem Kircheninnern auftauchte.
    »Ich kann es sehen!« sagte er. Jeder konnte das: Es war zwei Meter siebzig groß, blutbedeckt und schaute aus wie die Hölle auf Beinen. Man mußte wirklich niemanden darauf aufmerksam machen. Die Schießeisen gingen ohne Ivanhoes Anweisung in die Höhe; und die Waffenlosen, die sich plötzlich nackt vorkamen, küßten ihre Gummiknüppel und beteten. Einer von ihnen rannte los.
    »Dageblieben!« kreischte Ivanhoe. Wenn diese Hurensöhne Reißaus nahmen, stand er ganz allein da. Man hatte ihn nicht mit einem Schießeisen ausgestattet, nur mit der Amtsgewalt, und das war kein besonderer

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