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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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oder Anheimelndes an sich. Was Reynolds auch von Beruf sein mochte, jedenfalls war er ein Sammler. Das Zimmer wurde beherrscht von zur Schau gestellten Altertümern, an den Wänden befestigt und auf Regalen aufgereiht. Es gab nur sehr wenige Möbel, und die vorhandenen wirkten sonderbar: Abgewetzte Stahlrohrsessel waren in einer so teuren Wohnung fehl am Platz. Vielleicht war der Mann ein Hochschullehrer oder ein Museumsdirektor, irgend etwas Akademisches. Das war nicht das Wohnzimmer eines Börsenmaklers.
    Gavin hatte keinen blassen Schimmer von Kunst, und erst recht nicht von Geschichte, folglich sagten ihm die ausgestellten Stücke nur sehr wenig, aber er wollte sie sich näher ansehen, bloß um sich willig zu zeigen. Der Typ würde ihn hundertprozentig fragen, was er von dem Zeug hielte. Die Regale waren sterbenslangweilig. Keramikscherben, Skulpturenbruchstücke: nichts vollständig, nur Fragmente. Auf manchen der Keramikteile war noch die Andeutung einer bildlichen Darstellung erhalten, wenngleich das Alter die Farben beinah völlig herausgewaschen hatte. Manche der Skulpturentrümmer waren erkennbar menschlich: der Teil eines Torsos oder eines Fußes (mit allen fünf Zehen am richtigen Platz), ein Gesicht, das fast ganz weggefressen war, nicht mehr männlich oder weiblich. Gavin unterdrückte ein Gähnen. Die Hitze, die Exponate und der Gedanke an Sex machten ihn lethargisch.
    Er wandte seine abgestumpfte Aufmerksamkeit den an der Wand aufgehängten Stücken zu. Sie waren zwar beeindrukkender als das Zeug auf den Regalen, aber ebenso alles andere als komplett. Er konnte nicht einsehen, weshalb irgend jemand sich unbedingt solche ze rbrochenen Dinger anschauen wollte.
    Was war das Faszinierende daran? Die Oberflächen der an der Wand befestigten Steinreliefs waren abgetragen und löcherig zernarbt, so daß die Haut der Figuren leprös aussah und die lateinischen Inschriften fast fortgewischt waren. Sie hatten nichts Schönes an sich; zu zerstört, um schön zu sein. Er fühlte sich irgendwie beschmutzt durch ihren Anblick, als ob ihr Zustand ansteckend wäre.
    Nur eines der Exponate kam ihm interessant vor: ein Grabstein, oder was er dem Anschein nach für einen Grabstein hielt, größer als die anderen Reliefs und in etwas besserem Zustand.
    Ein Mann auf einem Pferd, ein Schwert in Händen, das sich drohend über seinem kopflosen Feind abzeichnete. Unter der Abbildung wenige Worte auf lateinisch. Die Vorderbeine des Pferdes waren weggebrochen, und die Pfeiler, die die Darstellung einrahmten, waren vom Alter bös entstellt, ansonsten ergab das Bildnis durchaus einen Sinn. In den Zügen des grob gestalteten Gesichts deutete sich sogar eine gewisse Indiv idualität an: eine lange Nase, ein breiter Mund; eine Persönlichkeit.
    Gavin streckte die Hand aus, um die Inschrift zu berühren, zog aber die Finger zurück, als er Reynolds eintreten hörte.
    »Nicht doch, langen Sie es bitte an«, sagte sein Gastgeber. » Es ist da, um sich dran zu freuen. Nur zu, langen Sie’s ruhig an.«
    Jetzt, da man ihn aufgefordert hatte, das Ding anzufassen, war sein Wunsch verflogen. Er war verlegen, auf frischer Tat ertappt.
    »Na los«, beharrte Reynolds.
    Gavin berührte die Skulptur. Kalter Stein, rauh und körnig unter seinen Fingerspitzen.
    »Es ist römisch«, sagte Reynolds.
    »Ein Grabstein?«
    »Ja. Ein Fund aus der Nähe von Newcastle.«
    »Wer war das?«
    »Er hieß Flavius. Er war ein Regimentsstandartenträger.«
    Was Gavin für ein Schwert gehalten hatte, war bei näherer Betrachtung eine Standarte. Sie endete in einem fast ausgetilgten Motiv, vielleicht eine Biene, eine Blume, ein Rad.
    »Dann sind Sie also Archäologe?«
    »Das fällt in meinen Arbeitsbereich. Ich erforsche frühgeschichtliche Stätten, überwache hin und wieder Ausgrabungen, aber die meiste Zeit über restauriere ich Kunstwerke.«
    »Wie die hier?«
    »Das römische Britannien ist eine Leidenschaft von mir.« Er stellte die mitgebrachten Gläser ab und ging zu den mit Keramik beladenen Regalen hinüber. »Diese Sachen hier sammle ich schon seit vielen Jahren. Sich mit Gegenständen zu befassen, die jahrhundertelang kein Tageslicht mehr gesehen haben - das find’ ich nach wie vor unheimlich aufregend. Als ob man direkt in die Geschichte eintaucht. Verstehn Sie, was ich meine?«
    »Ja - klar.«
    Reynolds nahm eine Keramikscherbe vom Regalbrett. »Natürlich gehen die besten Funde alle an die größeren Sammlungen.
    Aber wenn man gewieft genug ist,

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