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Das 4. Buch des Blutes - 4

Das 4. Buch des Blutes - 4

Titel: Das 4. Buch des Blutes - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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in seinem »Monsterbau« jagte Gregorius noch immer die Schlange, und die Schlange entzog sich ihm noch immer, hinterließ im Verlauf der Monate lediglich immer schrecklichere Zeichen ihrer Anwesenheit.
    Es war die Gattin eines jener verschollenen Besucher, die schließlich die Wahrheit entdeckte – und die Behörden alarmierte. Gregorius’ »Monsterbau« wurde unter polizeiliche Überwachung gestellt, und schließlich – an die drei Jahre nach seiner Vollendung – wagte sich ein Quartett von Polizeibeamten beherzt über die Schwelle.
    Ohne Instandhaltung ging das Bauwerk bereits in schlimmen Verfall über. In vielen Etagen war die Beleuchtung ausgefallen; die Wände waren erkaltet, die Pechgruben erstarrt.
    Aber während die Beamten auf ihrer Suche nach Gregorius durch die düsteren Gewölbe voranschritten, wurde ihnen mit hinlänglicher Offenkundigkeit klar, daß die Neue Hölle trotz ihres baufälligen Zustands durchaus funktionstüchtig operierte.
    In den Öfen lagen Leiber mit aufgerissenen, schwarzen Gesichtern; in zahlreichen Zimmern befanden sich hingesetzte oder aufgeknüpfte Überreste von Menschen – zu Tode gelocht, gespießt, geschlitzt.
    Mit jeder Tür, die sie gewaltsam öffneten, mit jeder neuen Scheußlichkeit, auf die ihr fiebernder Blick fiel, wuchs ihr Entsetzen.
    Zwei von den vieren, die die Schwelle überschritten hatten, sollten nie ins Zentrum des Orkus gelangen. Entsetzen übermannte sie unterwegs, und sie flohen, nur um in irgendeinem verstopften Durchgang abgefangen zu werden und den Hunderten zu folgen, die seit Satans Wohnsitznahme in dem »Monsterbau« umgekommen waren.
    Von dem Paar, das schließlich den Täter aufstöberte, hatte nur einer den Mut, seine Geschichte zu erzählen, wenngleich die Eindrücke, denen er sich dort im Innersten des
    »Monsterbaus« aussetzte, beinah zu schrecklich waren, um von ihnen zu berichten.
    Von Satan war natürlich keine Spur vorhanden. Nur Gregorius war da. Der Bauherr, der niemanden fand, der das Haus bewohnen wollte, für das er sich abgeschuftet hatte, hatte sich selbst darin eingemietet. Er hatte ein paar Schüler bei sich, die er im Lauf der Jahre aufgetrieben hatte. Sie schienen, wie er selber, unauffällige Kreaturen zu sein. Aber es gab nicht eine einzige Foltervorrichtung in dem Gebäude, von der sie nicht ausgiebigen und gnadenlosen Gebrauch gemacht hatten.
    Gregorius widersetzte sich seiner Verhaftung nicht; ja, er schien sich darüber zu freuen, ein öffentliches Forum zu erhalten, vor dem er sich seiner Metzeleien rühmen konnte.
    Wie auch später vor Gericht sprach er freimütig von seinem Wunsch und seiner Neigung; und davon, wieviel mehr Blut er noch vergießen wolle, sollte man ihm durch seine Freilassung dazu Gelegenheit geben. So viel, um allen Glauben und die dazugehörigen Verblendungen zu ertränken, schwor er. Und noch immer wäre er dann nicht zufriedengestellt. Denn Gott verrotte im Paradies und Satan im Höllenschlund – wer solle ihm also Einhalt gebieten?
    Während des Prozesses war er vielfachen Schmähungen ausgesetzt, desgleichen später in der Anstalt, wo er, unter irgendwelchen verdachterregenden Umständen, kaum zwei Monate später starb. Der Vatikan tilgte alle ihn betreffenden Erwähnungen aus den Kirchenbüchern; die in seinem unheiligen Namen gegründeten Priesterseminare wurden aufgelöst.
    Aber es gab, selbst unter den Kardinalen, welche, denen seine verstockte Bosheit nicht aus dem Kopf gehen wollte, und die sich – in ihrem geheimsten Zweifel – fragten, ob er nicht mit seiner Vorgehensweise sein Ziel erreicht habe. Ob er nicht, indem er alle Hoffnung auf Engel – seien es gefallene oder sonstwelche – fahrenließ, selber einer geworden sei.
    Oder eben alles, was die Erde an solchen Phänomenen hervorzubringen vermag.

Das Zeitalter der Begierde
    Blindlings steuerte der brennende Mann die Treppe der Hume-Versuchsanstalt hinunter, als das Polizeiauto – seiner Vermutung nach durch den Alarm herbeigerufen, den entweder Welles oder die Dance im oberen Stockwerk ausgelöst hatten –
    in großem Bogen die Auffahrt heraufrollte. Während er von der Tür wegrannte, kam der Streifenwagen vor der untersten Stufe des Aufgangs kreischend zum Stehen und leerte seine menschliche Ladung aus. Der Mann wartete im Dunkel, von Entsetzen zu sehr erschöpft, um einen einzigen Schritt weiterzurennen, und in der Gewißheit, daß sie ihn sehen würden. Aber sie verschwanden durch die Schwingtüren, ohne auch nur einen

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