Das 4. Buch des Blutes - 4
Elektrokardiographen; auf die Drucker, die noch immer meterweise unbeschriebenes Papier auf den Boden ausspien; auf die Datensichtmonitore und die Schaltpulte. Die Szenerie rief ihm die Marie Celeste ins Gedächtnis. Dieses verlassene Forschungsschiff – das beim Weitersegeln noch immer ein klangloses Lied vor sich hinsummte, obwohl weder Kapitän noch Mannschaft zurückgeblieben waren, um es zu bedienen.
Hinter der Apparaturenwand sah man ein Fenster, nicht mehr als ein Meter im Quadrat. McBride hatte angenommen, daß es zur Außenmauer gehöre und ins Freie führe, aber bei näherer Betrachtung erkannte er jetzt, daß das nicht der Fall war. Hinter dem Aggregatblock lag eine Testkammer.
»Dooley…?« sagte er und sah sich dabei flüchtig um. Der Mann war jedoch gegangen, vermutlich nach unten, um sich mit Carnegie zu treffen. Zufrieden, seiner Erkundung überlassen zu sein, wandte McBride seine Aufmerksamkeit wieder dem Fenster zu. Da drinnen war kein Licht an.
Neugierig lief er an der Rückseite des Apparaturenblocks entlang, bis er die Kammertür fand. Sie war angelehnt. Ohne Zögern trat er ein.
Durch das Fenster kam kaum Licht; es wurde größtenteils durch die draußen aufgebauten Instrumente blockiert.
McBrides Augen brauchten ein paar Sekunden, um den richtigen Eindruck von dem Chaos in der Kammer zu bekommen: der umgestürzte Tisch; der Stuhl, aus dem jemand Kleinholz gemacht hatte; das Gewirr aus Kabeln und zertrümmerten Geräten – Kameras vielleicht, um hier Vorgänge zu überwachen? – Bündel von Lampen, auf ähnliche Weise zertrümmert. Kein Berufsvandale hätte bei der Zerstörung der Kammer gründlichere Arbeit leisten können, als es hier der Fall war.
Ein Geruch lag in der Luft, den McBride zwar wiedererkannte, von dem er aber seltsamerweise nicht wußte, wo er ihn unterbringen sollte. Regungslos blieb er stehen, irritiert von diesem Duft. Draußen, vom Korridor her, drang jetzt das Geräusch von Sirenen herauf. Carnegie mußte jeden Augenblick da sein. Plötzlich kam ihm, womit der Geruch zusammenhing. Es war derselbe Duft, der ihm in der Nase prickelte, wenn er, nachdem er Jessica geliebt und sich – wie es seine Gepflogenheit war – gewaschen hatte, vom Badezimmer ins Schlafzimmer zurückkehrte. Es war der Geruch von Sex.
McBride lächelte.
Sein Gesichtsausdruck war noch immer vergnügt, als ein schwerer Gegenstand die Luft durchschnitt und ihn an der Nase streifte. Er spürte, wie der Knorpel nachgab und augenblicklich Blut herausschoß. Er machte zwei, drei schwindlige Schritte rückwärts und entging auf diese Weise dem anschließenden Schlag, glitt aber in der Unordnung aus. Dummerweise fiel er in einen Wust aus Glasscherben, und als er aufsah, erblickte er seinen Angreifer, der, eine Eisenstange schwingend, auf ihn zukam. Das Gesicht des Mannes ähnelte einem der Affen: die gleichen gelb verfärbten Zähne, die gleichen tobsüchtigen Augen. » Nein! « schrie der Mann, als er seinen behelfsmäßigen Knüppel auf McBride niedersausen ließ, dem es gelang, den Hieb mit dem Arm abzuwehren und dabei gleichzeitig nach der Waffe zu greifen. Er war von der Attacke überrascht worden, aber jetzt, da der Schmerz in seiner zerquetschten Nase seiner Gegenreaktion die nötige Portion Wut hinzufügte, war er seinem Angreifer mehr als gewachsen. Er entriß dem Mann den Knüppel, ein Lutscher aus Babyfingern, und sprang brüllend in die Höhe. Jegliche Regeln über das richtige Vorgehen bei Festnahmen, die man ihm möglicherweise einmal beigebracht hatte, waren ihm entfallen. Er deckte Kopf und Schultern des Mannes mit einem Hagel von Schlägen ein und trieb ihn dabei rückwärts durch die Kammer. Der Mann duckte sich unter der Attacke und plumpste schließlich wimmernd gegen die Wand. Erst jetzt, angesichts seines bis an den Rand der Bewußtlosigkeit malträtierten Gegners, flaute McBrides Raserei ab. Nach Atem ringend, stand er in der Mitte der Kammer und sah zu, wie der Geschlagene an der Wand hinunterrutschte. Er hatte einen gravierenden Fehler begangen.
Der Angreifer hatte, wie er jetzt klar erkannte, einen weißen Labormantel an; er stand, wie Dooley mit nervtötender Vorliebe immer sagte, auf der Seite der Engel.
»Verdammt«, sagte McBride, »elende Scheiße, verdammte.«
Flackernd öffneten sich die Augen des Mannes, und er starrte zu McBride hoch. So ganz bei Bewußtsein war er offensichtlich noch nicht, aber ein Ausdruck des Wiedererkennens ging über sein breitstirniges,
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