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Das 5. Buch des Blutes - 5

Das 5. Buch des Blutes - 5

Titel: Das 5. Buch des Blutes - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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passiert. Die halten sich möglichst von der Anlage fern. Und wenn sie tatsächlich auf Streife gehn, dann greifen sie Kids wegen Trunkenheit auf und so. Sie haben Angst, wissen Sie. Deshalb unternehmen sie nichts.« »Gegen diesen Schlächter?«
    »Schon möglich«, antwortete Anne-Marie. Dann: »Er hatte einen Haken.«
    »Einen Haken?«
    »Der Mann, der’s getan hat. Er hatte einen Haken, wie Jack the Ripper.«
    Helen war keine Mordexpertin, aber sie war sich ziemlich sicher, daß der Ripper keinen Haken besessen hatte. Sie wollte jedoch nicht so unverfroren sein und die Wahrheit von Anne-Maries Geschichte anzweifeln; obwohl sie sich stillschweigend fragte, wieviel von dem Ganzen - die herausgenommenen Augen, der in der Wohnung verwesende Körper, der Haken - erfundenes Beiwerk war. Auch der gewissenhafteste Berichterstatter war sicherlich hin und wieder versucht, eine Geschichte auszuschmücken.
    Anne-Marie hatte sich eine frische Tasse Tee eingeschenkt und war im Begriff, für ihren Gast dasselbe zu tun.
    »Nein, danke«, sagte Helen, »ich muß dann wirklich gehen.«
    »Sind Sie verheiratet?« fragte Anne-Marie völlig unerwartet.
    »Ja. Mit einem Dozenten von der Uni.«
    »Wie heißt er?«
    »Trevor.«
    Anne-Marie nahm zwei gehäufte Löffel Zucker zu ihrer Tasse Tee.
    »Kommen Sie wieder her?« fragte sie.
    »Ja, ich hoffe schon. Noch diese Woche. Ich will Fotos von den Bildern in der Maisonette machen, Nummer 14, da drüben.«
    »Dann komm’ Sie doch vorbei.«
    »Mach’ ich. Und danke für Ihre Hilfe.«
    »Is’ schon okay«, antwortete Anne-Marie. »Sie müssen jemand Bescheid sagen, ja?«
    »Der Mann hatte offenbar einen Greifhaken statt einer Hand.«
    Trevor schaute von seinem Teller tagliatelle con prosciutto auf. »Wie bitte?«
    Helen hatte sich bemüht, bei der Wiedergabe dieser Geschichte so wenig von ihrer eigenen Reaktion einfließen zu lassen wie nur irgend möglich. Es lag ihr daran zu erfahren, was Trevor davon hielt, und sie wußte, daß er, sobald sie ihre eigene Einstellung signalisierte, aus reiner Querköpfigkeit einen entgegengesetzten Standpunkt einnehmen würde. »Er hatte einen Haken«, wiederholte sie in unverändertem Tonfall.
    Trevor legte seine Gabel hin, zupfte an seiner Nase und schniefte dabei. »Hab’ nichts darüber gelesen«, sagte er.
    »Du schaust nicht in die Lokalpresse«, erwiderte Helen.
    »Das tun wir beide nicht. Vielleicht ist es nie in die Überregionalen gelangt.«
    »>Greis von hakenhändigem Irren ermordet    »Irgendwann diesen Sommer. Vielleicht waren wir da in Irland.« »Vielleicht«, sagte Trevor und nahm seine Gabel wieder in die Hand. Als er sich zu seinem Essen beugte, war in den glänzenden Gläsern seiner Brille nur der vor ihm stehende Teller mit Nudelteig und gehacktem Schinken zu sehen, nicht seine Augen.
    »Weshalb sagst du vielleicht? « stieß Helen nach.
    »Es klingt irgendwie unwahr«, sagte er. »Genaugenommen klingt es schauerlich abstrus.«
    »Du glaubst es nicht?« sagte Helen.
    Trevor schaute von seinem Essen auf, wobei seine Zunge ein Stückchen Tagliatelle aus seinem Mundwinkel befreite.
    Sein Gesicht hatte sich zu diesem für ihn typischen Ausdruck nichtssagender Unverbindlichkeit entspannt - dasselbe Gesicht setzte er zweifellos auf, wenn er seinen Studenten zuhörte.
    »Glaubst du es denn?« fragte er Helen. Das war einer seiner Lieblingskunstgriffe, um Zeit zu gewinnen, ein weiterer Semi-nartrick: den Frager befragen.
    »Ich bin mir nicht sicher«, antwortete Helen, zu sehr daran interessiert, in diesem Meer der Zweifel irgendeinen festen Boden zu finden, um ihre Energie mit Punktemachen zu verschleudern.
    »Na schön, dann vergiß mal die Erzählung«, sagte Trevor und ließ sein Essen für ein weiteres Glas Rotwein stehen. »Wie steht’s mit der Erzählerin? Hast du ihr getraut?«
    Helen vergegenwärtigte sich, mit welch ernstem Ausdruck Anne-Marie die Geschichte von der Ermordung des Alten erzählt hatte. »Ja«, sagte sie. »Ja. Ich glaub’, ich hätt’ es gespürt, wenn sie mich belogen hätte.«
    »Warum ist das denn überhaupt so wichtig? Ich mein’, ob sie lügt oder nicht, was für ‘ne Rolle spielt das schon, verdammt noch mal?«
    Das war eine vernünftige, wenn auch provozierend gestellte Frage. Warum spielte es eine Rolle? Wollte sie etwa, daß sich ihre schlimmsten

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