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DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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getan, so wie manche Mädchen Kokain nahmen oder Fremden Blow-Jobs gaben. Sie hatte es in ihrem Zimmer zu Hause oder eingeschlossen in einer Kabine der Mädchentoilette in der Schule getan. Es war wie ein Zwang gewesen. Das Bedürfnis, die Kontrolle zu haben, ihre Gedanken zu ordnen, wenn sie sich in verrückten, unsinnigen Schleifen drehten. Erst als sie von zu Hause weggegangen war, war sie in der Lage gewesen aufzuhören – als sie nach Rhode Island gekommen und ihr Leben als ein neues und anderes Mädchen, ein Mädchen ohne Vergangenheit, begonnen hatte.
    Und hier war sie wieder, genau dort, wo sie angefangen hatte. Ihre Haut juckte auf die alte, vertraute Weise, der Drang sich zu schneiden war groß. Und das Teppichmesser lag direkt vor ihr. Es wäre so einfach, es zu nehmen und über ihre Haut zu ziehen.
    Reggie drehte den Wasserhahn ab und drückte gerade ein Papiertuch auf ihren Daumen, als ihr Mobiltelefon in der Tasche ihrer Jeans zu vibrieren begann. Sie holte es heraus – wieder Len.
    Sie ging dran.
    »Hey«, sagte sie.
    »Reggie? Mein Gott, ich bin krank vor Sorge! Warum hast du nicht angerufen? Hast du meine Nachrichten nicht bekommen?«
    »Es tut mir leid. Die Dinge hier waren so verrückt. Ich hatte vor anzurufen, aber ich war nicht …«
    »Du bist wieder zu Hause, nicht wahr? In Brighton Falls?«
    »Ja«, sagte sie. Der Schnitt an ihrem Finger blutete weiter. Sie griff nach einem frischen Papiertuch und drückte mit ihrem Zeigefinger auf die Wunde. »Len?«
    »Ja?«
    »Kann ich dir etwas sagen? Etwas, was ich nie jemandem erzählt habe?«
    »Natürlich.«
    Reggie machte sich bereit. Sie dachte daran, auszuweichen, irgendeine andere Lüge zu erfinden, aber sie war schon so weit gekommen. Wenn sie es erzählte, wäre das Geheimnis heraus und würde nicht mehr die gleiche Macht über sie haben. Dann würde vielleicht ihre Haut aufhören zu jucken, und sie würde aufhören, so sehnsüchtig das Teppichmesser zu beäugen. »Als ich ein Teenager war, habe ich mich selbst geschnitten. Absichtlich.«
    »Okay«, sagte er mit ruhiger und fester Stimme.
    »Ich habe eine Rasierklinge benutzt und nie tief geschnitten, gerade tief genug, dass es wehtat, blutete. Ich fing in etwa zu der Zeit damit an, als die ganze Neptungeschichte begann. Als alles so außer Kontrolle geraten zu sein schien, so schmerzhaft und gewalttätig und sehr furchterregend. Das Schneiden brachte mir ein Gefühl von Ordnung. Von Ruhe.«
    Len schwieg einen Moment. »Das leuchtet mir total ein. Es ist ziemlich kaputt und furchtbar, und es tut mir leid, dass du das durchgemacht hat, aber ich verstehe es«, sagte er schließlich. »Aber ich muss das fragen, warum erzählst du mir das gerade jetzt?«
    »Weil es niemand anderen gibt, dem ich es erzählen kann. Das ist der springende Punkt.« Es war wichtig, dass Len das begriff, dass er wirklich verstand, was sie zu sagen versuchte. »Du bist der einzige, dem ich jemals alle meine kaputten kleinen Geheimnisse verraten wollte. Es war falsch, es dir nicht zu erzählen, als meine Mutter auftauchte. Ich kapiere das jetzt, und es tut mir wirklich und wahrhaftig leid.«
    »Ist schon in Ordnung«, sagte er.
    »Nein, ist es nicht. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass ich etwas getan habe, was dich verletzt hat. Du bist mein einer wahrer Freund, Len. Der Mensch, der mir auf der ganzen Welt am nächsten steht. Ich werde nicht vorgeben, dass ich weiß, wie wir unsere Beziehungen definieren sollen, und ich kann nicht versprechen, dass ich jemals bereit sein werde, mit dir zusammenzuziehen. Aber ich liebe dich, Len. Auf meine eigene, kaputte Art liebe ich dich sehr.«
    »Ich liebe dich auch«, sagte Len.
    »Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dich zu verlieren«, sagte sie und biss sich auf die Lippe.
    »Ich weiß«, sagte er. »Ich kann den Gedanken, ohne dich zu sein, auch nicht ertragen.«
    Sie schwiegen einen Augenblick.
    »In den Nachrichten haben sie gesagt, dass eine weitere Hand gefunden wurde, dass Neptun zurück ist.«
    »Er hat meine alte Freundin Tara. Meine Tante hat sie als Krankenpflegerin angestellt, um nach meiner Mutter zu sehen. Ich denke, Tara hat etwas herausgefunden und herumgesucht und ist ihm ein wenig zu nahe gekommen.«
    »Gott«, sagte Len. »Ich denke, ich sollte zu dir kommen. Ich kann eine Tasche packen und in zehn Minuten aus der Tür sein.«
    »Nein«, sagte Reggie schnell und blickte auf ihr blutdurchtränktes Papiertuch. »Ich meine, danke, aber nein. Du kannst nicht

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