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DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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gesagt.«
    »Hat sie gesagt, wer es war?«
    Bo lachte tief und herzhaft, schüttelte den Kopf. »Ich bezweifle, dass sie es überhaupt jemals wusste. Könnte jeder sein. Einer dieser Schauspieler, ein durchreisender Lastwagenfahrer. Ich wäre überhaupt nicht überrascht zu hören, dass Vera den Teufel selbst rangelassen hätte.«

35 22. Oktober 2010 – Brighton Falls, Connecticut
    WIE GEHT ES IHR?«, fragte Bo mit leicht zitternder Unterlippe. »Deiner Mutter?«
    Reggie betrachtete den alten Mann vor sich. Er war geschrumpft, faltig, übersät mit Leberflecken. Es war schwer, sich vorzustellen, dass dies derselbe massige, rotgesichtige Bo Berr war, dem Reggie vor fünfundzwanzig Jahren gegenübergestanden hatte.
    Charlie hatte ihr erzählt, dass bei seinem Onkel Bo vor kurzem Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert worden war und dass nicht erwartet wurde, dass er mehr als sechs Monate durchhalten würde. Selbst wenn dieser Mann damals, 1985, der Mörder gewesen wäre, konnte Reggie nicht glauben, dass er die Kraft und die Ausdauer haben würde, jetzt wieder damit anzufangen.
    Es schien Reggie ein seltsamer Zufall zu sein, dass sowohl ihre Mutter als auch Bo an Krebs starben. Das Leben hatte jeden von ihnen in so unterschiedliche Richtungen geführt, und jetzt waren sie hier, schwach und krank, und sahen sich so ähnlich, dass es Reggie eine Gänsehaut verursachte.
    »Komisch, dass du das fragst«, sagte Reggie. »Denn wenn ich mich recht erinnere, schienst du, als wir das letzte Mal eine Unterhaltung über meine Mutter führten, nicht allzu besorgt um ihr Wohlergehen zu sein.«
    Die Zeit heilte nicht alle Wunden. Manchmal eiterten sie nur.
    Bo nickte, blickte weg. Seine Nase begann zu laufen, und er wischte sie sich mit einem dreckigen Taschentuch ab.
    »Ich sterbe, weißt du? Hat mein Neffe es dir erzählt?«
    Reggie knirschte mit den Zähnen. Sie weigerte sich, Mitleid mit ihm zu haben.
    »Ich habe es ihr erzählt, Onkel Bo«, sagte Charlie. Er saß neben Reggie auf der Ledercouch in Bos Home Office. Charlie trug Jeans und ein Rolling-Stones-T-Shirt, das brandneu aussah, als hätte er es gerade erst aus dem Musikladen im Einkaufszentrum mitgenommen, als er dort wegen Gitarrensaiten angehalten hatte. Es war ein wenig eng, betonte seinen dicken Bauch. Auf dem Weg zu Bo hatte er Reggie erzählt, dass er bei seiner alten Gitarre neue Saiten aufgezogen hatte, lange aufgeblieben war, um zu spielen. Er hatte ihr seine wund aussehenden, mit Blasen überzogenen Finger gezeigt.
    Bos Frau Frances hatte sie hereingelassen, ihnen gesagt, dass Bo sie erwartete. Charlie hatte das Treffen am Telefon ausgemacht, Bo erzählt, dass sie ein paar Fragen hatten.
    Das Haus der Berrs war eine weitläufige, einstöckige Konstruktion mit gewölbten Wänden aus Glasbausteinen und einer mit Stuck verkleideten Außenseite. Reggie erinnerte sich daran, dass sie gedacht hatte, wie groß und schick es ihr erschienen war, als sie Kinder waren. Jetzt war der Stuck krümelig, die Glasbausteine waren angeschlagen und schmutzig. Es gab nach hinten raus einen Swimmingpool, den Reggie vom Bürofenster aus sehen konnte – der Beton war gesprungen, und er war mit dunkelgrünem, schleimig aussehendem Wasser gefüllt. Links neben dem Swimmingpool war die Garage mit der kleinen Wohnung im Obergeschoss, in der Rabbit einst übernachtet hatte.
    Bo räusperte sich geräuschvoll und spuckte etwas Dickes in das Taschentuch. Reggie spürte, wie ihr Magen sich umdrehte.
    »Was wollen Sie?«, fragte er ruhig. Sein Schreibtisch nahm ein Drittel des Raumes ein und hatte eine große Rauchglasplatte. Er war mit schmutzigen Taschentüchern, Tassen mit kaltem Tee und ein paar Reisebroschüren über Mexiko bedeckt.
    Reggie stürzte sich mitten hinein. »Wir haben mit Rabbit gesprochen. Wir wissen, dass er hier übernachtete, als meine Mutter entführt wurde – dass Sie sein NA-Sponsor waren und mit ihm bei Second Chance zusammengearbeitet haben. Und ich weiß verdammt genau, dass ich sah, wie meine Mutter an diesem Abend an der Bowlingbahn in ein braunes Auto mit einem zerbrochenen Rücklicht einstieg. Waren Sie das?«
    Sie kämpfte gegen die Versuchung an, sich vorzubeugen und den alten Mann zu schütteln, sein blasses, kränkliches Gesicht immer wieder zu ohrfeigen, wie ein Gangster in einem Film der 1940er Jahre – spuck es aus, du dreckige Ratte –ihn irgendwie zu zwingen, die Wahrheit zu sagen. Irgendwo im Dunkeln wartete Tara, wusste, dass Neptun bald zu ihr

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