DAS 5. OPFER
Du bist so ahnungslos, dass du denkst, du hast dir hier einen scharfen Feger geangelt, aber du hast keine Vorstellung davon, wie völlig kaputt sie ist.«
»Das reicht«, sagte Sid und stand auf.
»Warum zeigst du uns nicht deine Arme, Tara?«, sagte Charlie, der nun auch stand und über ihr schwebte. Charlie atmete schwer, keuchte beinahe.
Tara starrte ungläubig zu ihm auf. Dann drehte sie sich um und sah Reggie an, ihre dunklen Augen glühten, ihre Botschaft war eindeutig: Du hast mich verraten.
Reggie hielt den Atem an, wartete darauf, dass Tara den Spieß umdrehte und ihnen allen die Wahrheit über Reggie sagte: Wenn wir schon einmal dabei sind, warum seht ihr euch nicht auch Reggies Beine an? Doch sie schwieg, starrte sie zornig an. Das war schlimmer, als wenn Reggies Geheimnis enthüllt worden wäre. Es war, als wäre ihr Herz in Eiswasser getaucht worden.
Charlie griff nach Taras Ärmel, und sie zuckte zurück. Sid packte Charlies Handgelenk, hielt es fest. Er stieß ein Glas vom Tisch, und es zerbrach auf dem Boden.
»Gibt es hier ein Problem, Jungs?«, fragte Reuben. Er hatte sich flink bewegt und stand nun direkt hinter Sid.
»Nee«, sagte Sid, ließ Charlies Arm los und setzte sich wieder hin. »Es gibt gar kein Problem, richtig, Cousin?«
Charlie setzte sich ebenfalls, zog seine Hand von Taras Arm. Er atmete wie eine Dampflok.
»Freut mich zu hören.« Reuben nickte. »Warum beendet ihr alle nicht einfach euer Essen und geht dann nach Hause?« Er betrachtete sie einen Moment, drehte sich dann um und ging zurück zur Bar.
»Lasst uns hier verschwinden«, sagte Sid, stand auf und warf Geld auf den Tisch.
Niemand sonst bewegte sich. Tara starrte Reggie an. Charlie starrte Tara an. Und Reggie blickte auf die Glasscherben und die schmelzenden Eiswürfel auf dem Boden.
»Kommt schon«, sagte Sid. »Bevor sie uns rausschmeißen.« Reggie stand auf, und Tara und Charlie folgten.
DIE LAMPEN AUF DEM Parkplatz waren aus. Sie blieben einen Augenblick stehen, gewöhnten ihre Augen daran, bewegten sich dann zu Sids Wagen.
»Nun, ich denke nicht, dass ich mich da drin so bald wieder blicken lassen werde«, sagte Sid.
»Es ist deine Schuld«, blaffte Tara Charlie an. »Wenn du da drin nicht so eine verdammte Szene gemacht hättest …«
»Ja, sicher«, sagte Charlie. »Gib mir die Schuld. Du hast dich selbst aufgeschlitzt und in Würfel geschnitten, bist in die Wohnungen von toten Frauen eingebrochen, und nun verwandelst du dich in eine totale Schlampe. Du bist nicht hellsichtig, Tara. Du bist eine Psychopathin!«
Sid stürzte nach vorn, griff nach Charlies T-Shirt und brachte sein Gesicht direkt vor Charlies. »Das reicht jetzt, Charlie.«
Charlie stieß mit beiden Händen gegen Sids Brust, warf den älteren Jungen rückwärts auf den Asphalt.
»Gott!«, schrie Sid auf und begann, sich vom Asphalt zu erheben. Charlie stürzte sich auf ihn, und sie gingen beide zu Boden, rollten herum. Sid mühte sich ab, Charlie loszuwerden und sich unter den Schlägen und Tritten wegzuducken.
Tara raste vorwärts, griff nach der Rückseite von Charlies T-Shirt. »Lass ihn los«, brüllte sie. Charlie schwenkte herum, und Tara verlor ihr Gleichgewicht, fiel auf den Parkplatz. »Scheißkerl!«, schrie sie. Reggie ging hin, um ihr aufzuhelfen, und Tara wich ruckartig vor ihr zurück. »Was zur Hölle hast du getan?«, fragte sie. »Was hast du zu ihm gesagt?«
»Es tut mir leid«, sagte Reggie.
Tara schüttelte heftig den Kopf. »Du hast alles ruiniert!«, zischte sie.
Sid und Charlie standen wieder, hielten sich umklammert. Charlie war kleiner als Sid, aber seine Bewegungen wirkten vorsichtiger, zielgerichteter als Sids, der sich wie eine langsame, schlaksige Vogelscheuche bewegte.
Charlie packte Sid am Hals, und Sid versuchte, Charlies Finger aufzustemmen.
Tara sprang auf und krallte sich in Charlies Arm. »Lass ihn los!« Sie stand seitlich, gegen Sid gelehnt, ihr linkes Bein befand sich hinter ihm.
Reggie stand da wie gelähmt, wusste, sie sollte etwas unternehmen, war sich aber nicht sicher, was es sein sollte. Sid machte furchtbare, würgende Geräusche. Reggie näherte sich Charlie, sah, dass seine Arme bluteten, von den Kratzern, die Tara ihm zugefügt hatte. »Bitte, Charlie«, sagte Reggie. »Das bist nicht du.«
Charlie sah ungläubig auf seine eigenen Hände, die um Sids Hals lagen, als wären es gar nicht die seinen, dann ließ er los. Sid rang keuchend nach Atem, seine Hände umklammerten seine
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