DAS 5. OPFER
sie war in eine sitzende Haltung gebracht worden, ihr Rücken lehnte am Mittelpunkt des Springbrunnens.
»Ihre Augen waren offen«, beschrieb Hartley sie. »Man sollte denken, dass ein toter Mensch ganz friedlich aussieht, als würde er schlafen. Sie nicht. Ich werde das niemals vergessen. Sie war dort in der Mitte des Springbrunnens, Wasser lief auf sie herab, und als ich in ihre Augen blickte, war das, was ich sah, blankes Grauen.«
Dr. Aldous Ramsey, der leitende Gerichtsmediziner des Staates Connecticut, stellte fest, dass McFerlin nur Stunden bevor ihre Leiche gefunden wurde durch Strangulation getötet worden war. Außer der fehlenden Hand und den Abbindemalen um ihren Hals gab es kein Anzeichen für eine andere Verletzung oder einen sexuellen Übergriff. Es gab Spuren von Klebstoff an ihren Armen und Beinen, wahrscheinlich weil sie mit Klebeband gefesselt gewesen war. Dr. Ramsey fand ihren Magen voll mit gekochtem Hummer in geklärter Butter, den sie nur eine oder zwei Stunden, bevor sie erwürgt worden war, gegessen hatte.
8 1. Juni 1985 – Brighton Falls, Connecticut
ICH KENNE DIE DAME, die sie gefunden hat.«
Der Mann hinter der Theke trug den Namen Dix und war ein alter Freund von Vera. Ihm gehörte das Airport Lanes, und er war ein dünner Typ mit grauer Haut und einer knolligen, pockennarbigen Nase, die den Bowlingbällen ähnelte, von denen er umgeben war.
»Sie ist in der Damenmannschaft am Freitagabend«, sagte er. »War gestern Abend hier, immer noch ganz aufgewühlt. Süßes kleines Mädel. Becky ist ihr Name. Wirklich winzig, wie eine Puppe. Sie läuft jeden Morgen so um sechs durch den King Philip Park. Ich denke nicht, dass sie da so schnell wieder hin zurückkehren wird.«
Dix reichte ihnen ihre Schuhe, deren Leder abgetragen und abgewetzt war. Die Größen waren als eingestickte Zahlen auf der Rückseite angebracht. Reggie hatte Größe 37. Ihre Mutter Größe 39. Onkel George brachte seinen eigenen frisch polierten Ball und seine eigenen Schuhe mit.
»Dieses McFerlin-Mädel war völlig nackt«, fuhr Dix fort, »abgesehen von dem Verband um ihre rechte Hand. Muss erwürgt worden sein. Becky sagte, sie hätte überall um ihren Hals blaue Flecke gesehen.«
Vera machte ein leises Ts-Ts-Geräusch mit ihrer Zunge, hob dann die Hände und griff an ihren Hals.
George, der offensichtlich dachte, das wären zu viele Informationen für die Ohren einer Dreizehnjährigen, griff Reggies Schultern und führte sie von der Theke weg Richtung Bahn drei. »Wir werden heute ein paar Treffer landen, was, Reggie?«, sagte er. Er war ein kleiner Mann mit schütter werdendem Haar und einem spitzen, nagetierartigen Gesicht. Er trug eine Brille mit kleinen, runden Gläsern, hätte aber wahrscheinlich eine neue gebraucht, da er ohnehin die ganze Zeit die Augen zusammenkniff. Reggies geheimer Name für ihn war Onkel Maus, aber es war nett gemeint.
»Wie sieht es aus?«, fragte George wieder, ein wenig zu enthusiastisch. »Ich wette, du bist ein Naturtalent beim Bowlen.«
Reggie zuckte die Achseln. Sie hatte wirklich nicht mitkommen wollen. Sie wollte zu Hause sein, Schindeln auf das Dach des Baumhauses nageln, Charlie heimliche Blicke zuwerfen und sich daran erinnern, wie er sie geküsst hatte, auch wenn er es nicht wirklich so gemeint hatte. Doch ihre Mom hatte darauf bestanden. »Georgie nimmt uns mit zum Bowlen«, hatte Vera ihr gesagt.
»Ich bowle nicht«, hatte Reggie gesagt. »Und außerdem dachte ich, du hättest gesagt, dass George ein Blindgänger wäre.«
Reggie liebte George, aber ihre Mom hänselte ihn immer, äffte ihn nach, machte sich hinter seinem Rücken über ihn lustig.
»Nun, es wird Zeit, dass du lernst, wie man bowlt«, antwortete Vera. »Und Georgie mag auf gewisse Weise ein Blindgänger sein, aber er ist durch und durch ein Gentleman. Nach dem Bowlen führt er uns in das neue Steakhaus zum Abendessen aus. Ich habe gehört, dass man dort gebackene Kartoffeln auf fünf verschiedene Arten bekommen kann! Hol deine Schuhe, Regina.«
George war seit der Highschool mit Vera befreundet. »Er ist immer ein bisschen verliebt in mich gewesen«, sagte Vera lächelnd. »Aber er ist einfach nicht mein Typ. Es tut mir leid, das zu sagen, aber jeder Mann, der so viel Zeit mit einem Haufen Holzenten verbringt, ist irgendwie ein Blindgänger.«
George sammelte Entenattrappen. Und er stellte auch seine eigenen Enten her, in der Holzwerkstatt, die er sich in seinem Keller eingerichtet hatte – er
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