Das 500 Millionen Komplott (German Edition)
Vorfall zu Protokoll zu nehmen.
»Eine Todesursache ist nicht diagnostizierbar. Ich halte deshalb eine Obduktion für unumgänglich.« Der Polizist nickte zustimmend. Der Arzt holte einen Leichenbegleitschein aus seiner Tasche und begann das Formular auszufüllen.
»Litt der Mann unter einer Krankheit oder hatte er einen Unfall?«, fragte er Svetlana.
»Nichts dergleichen«, antwortete sie.
»Hatte er in letzter Zeit eine Infektion?«
Auch diese Frage verneinte Svetlana.
Bei der Frage, ob eine mögliche Straftat vorliegt, kreuzte der Arzt ›unklar‹ an und fragte den Polizisten, ob die Leiche beschlagnahmt würde. Ein eindeutiges Ja war die Antwort. Der Arzt vermerkte es.
Eine knappe halbe Stunde später kehrte Svetlana in ihre Wohnung zurück, in der sie die letzten Jahre mit Floyd zusammengelebt hatte. Plötzlich kam ihr alles fremd vor, als sei sie in eine andere Welt katapultiert worden. Dabei wunderte sie sich, wie gefasst sie war. Eine tiefe Trauer würde zweifellos noch kommen, vielleicht morgen, übermorgen oder gar erst in einer Woche? Ihr war es egal, der Moment zählte.
Svetlana ging in die Küche und setzte sich Kaffee auf. Währenddessen dachte sie darüber nach, was Floyd ihr mit letzter Kraft gesagt hatte: ›Schreibtisch‹. Sie überlegte, was er damit zum Ausdruck bringen wollte. Sein Schreibtisch war sein Heiligtum gewesen. Niemanden ließ er auch nur indie Nähe kommen. Staub wischen oder gar aufräumen war für Svetlana ein absolutes Tabu. Das war aber nicht immer so, erst vor wenigen Wochen begann diese Marotte und sie erinnerte sich noch sehr genau, wie nervös und aufbrausend Floyd reagierte, als sie mit Staubwischen beginnen wollte, was sie bis zu diesem Tag immer getan hatte.
Als der Kaffee durchgelaufen war, nahm sie den Becher und ging in Floyds kleines Arbeitszimmer. Sie überkam das Gefühl, in eine verbotene Zone einzudringen. Gleichwohl es völlig absurd war, dachte sie für einen Augenblick, Floyds Geist würde strafend auf sie herabsehen und sie bildete sich eine gewisse Kälte ein. Sie stellte ihren Kaffeebecher auf den Schreibtisch und setzte sich. Auf den ersten Blick war nichts ungewöhnlich. Es war zu sehen, dass jemand gearbeitet hatte, Papiere lagen dort und die üblichen Utensilien, die auf jedem Schreibtisch zu finden waren. Svetlana betrachtete sich einige Unterlagen, Prospekte, eine Einladung der Polizeigewerkschaft, Fachzeitschriften, ein Infoblatt des Polizeisportvereins, alles belanglos. Erst als sie einen Kontoauszug fand, wurde Svetlana stutzig. Er wies ein beträchtliches Vermögen aus, welches Floyd unmöglich nur mit seinem Polizistengehalt angespart haben konnte. Außerdem hätte sie davon wissen müssen, denn in Geldangelegenheiten waren sie eigentlich immer sehr offen miteinander umgegangen.
Svetlana fuhr Floyds Notebook hoch. Zum Glück war das System nicht passwortgeschützt. Neugierig durchsuchte sie alle Ordner, ohne Antworten zu erhalten, die einen Rückschluss auf Floyds Verhalten und seinen extrem hohen Kontostand zuließen. Svetlana überlegte, ob er in letzter Zeit vielleicht geerbt haben könnte. Doch soweit ihr bekanntwar, hatte er keine Verwandten, die als Erblasser in Frage kämen. Doch wie kam er an so viel Geld? Immerhin stand ein Saldo von mehr als fünfzigtausend Euro auf dem Kontoauszug, der erst vor zwei Tagen ausgestellt worden war.
Das Geheimnis sollte noch rätselhafter werden, als Svetlana damit begann, die Schubladen zu durchsuchen. Die ersten beiden enthielten nichts von Bedeutung, die dritte war gänzlich leer und in der vierten fand sie lediglich Farbpatronen für den Drucker. Doch eins war merkwürdig, die leere
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