Das 500 Millionen Komplott (German Edition)
sie tatsächlich, dass Svetlana schon wieder irgendetwas im Schilde führte. Aber was sollte dies auch sein? Die Konferenz war längst vorbei und alle Bilderberger-Mitglieder hatten die Stadt verlassen. Alles war so, als hätte es die letzten Tage gar nicht gegeben. Manchmal wünschten sich beide Frauen, dass es tatsächlich so wäre und alles nur ein böser Traum war. Ganz besonders Svetlana wünschte sich dies, die seit ihrer Reise nach Moskau permanent Albträume hatte. Ständig träumte sie von Floyd, der in einem großen Blumenfeld von schwarz gekleideten Männern gejagt und mit einer Salve aus mehreren Maschinenpistolen niedergestreckt wurde. JedesMal wachte sie schweißgebadet auf.
Als Svetlana mit einer weißen Rose aus dem Blumenladen herauskam und wieder ins Taxi stieg, sah Celine die Blume nachdenklich an.
»Ich glaube, ich werde in meinem Leben nie mehr weiße Rosen kaufen oder welche geschenkt haben wollen.«
»Glaub mir«, sagte Svetlana, »diese hier ist auch für mich die letzte.«
Unterdessen traf sich Torge mit den andern Freunden der ehemaligen Weißen Rose im Billardzimmer. Lars und Pascal spielten eine Runde, während Torge, Bastian und Timo zusahen.
»Was meint ihr, werden sie uns auch noch drankriegen wegen der Sache im Hotel?«, fragte Torge.
»Das ist kaum anzunehmen«, glaubte Lars. »Selbst mich wird man in Ruhe lassen, obwohl ich auf Grabowski geschossen habe und er dies zweifellos aussagen wird. Alles, was mit den Bilderbergern im Zusammenhang steht, wird fein säuberlich unter den Tisch gekehrt. Alles andere wäre politisch nicht korrekt. Alles ist schön, alles ist gut, versteht ihr?«
»Was wird wohl aus Grabowski werden?«, fragte Pascal. »Wird er ins Gefängnis kommen oder lassen sie ihn in einer psychiatrischen Klinik verschwinden?«
»Wir werden es nie erfahren«, war Torges Meinung.
»Morgen müssen wir uns sofort um die beiden Frauen kümmern«, sagte Lars. »Die beiden haben von uns allen am meisten an dieser Sache zu knabbern. Das Beste wäre, wir fahren alle zusammen in den Urlaub. Irgendwohin, wo uns niemand kennt, und wir ein paar Tage ausspannen können, bis wir alles verarbeitet haben.«
»Prima Idee«, sagte Torge, »das wird uns guttun.«
In derselben Nacht verlosch das Licht in Kaspars Büro bis in die Morgenstunden nicht. Die ganze Nacht schrieb er an einem Artikel, der in einer Sonderausgabe der Zeitung erscheinen sollte. Er war fix und fertig, hielt sich mit Dutzenden Kaffees wach und rieb sich ständig die Augen. Auf seinem Monitor konnte er die Buchstaben schon gar nicht mehr klar erkennen. Alles sah er leicht verschwommen. Es wurde höchste Zeit, Feierabend zu machen. Nur noch einen abschließenden Absatz musste er schreiben, dann war er fertig. Die Datei wollte er dann direkt in die Mediengestaltung schicken und selbst erst einmal nach Hause fahren. Obwohl er todmüde war, ging er davon aus, nicht schlafen zu können. Die Bilder aus dem Fernsehstudio ließen ihn nicht los und würden ihm den Schlaf rauben.
Am nächsten Morgen verließ Svetlana schon sehr früh das Haus. Sie war schwarz gekleidet, trug schwarze Handschuhe und wirkte in sich gekehrt. In der Hand hielt sie an den Körper gedrückt die weiße Rose, die sie am Abend zuvor gekauft hatte. Um diese Zeit war sie die einzige Besucherin auf dem Friedhof und das war auch gut so. Sie wollte niemandem begegnen, einfach nur allein sein mit ihrer Trauer um Floyd.
Als sie sein Grab erreichte, blieb sie stehen und verharrte eine ganze Weile, ohne sich zu bewegen. Tränen liefen ihr über die Wangen. Auf dem Grabkreuz stand ›Floyd Dolny‹, darunter ›Geboren 17.04.1986‹, ›Gestorben 13.10.2012‹. Das Grab war verwaist, kein Kranz, keine Blumen, nur frisch aufgeworfene Erde. Mitten auf diese
Weitere Kostenlose Bücher