Das 500 Millionen Komplott (German Edition)
mental vorbereitet und war fest entschlossen, Stärke zu zeigen und nicht etwa in Tränen auszubrechen. Außerdem wollte sie gar nicht erst an ihren Arbeitsplatz gehen, sondern direkt ins Büro des Chefredakteurs.
»Guten Morgen, Frau Petrova«, begrüßte Hauke Kaspar seine junge Mitarbeiterin. Er schätzte sie und ihre Arbeit sehr. »Es tut mir sehr leid, was passiert ist. Eigentlich habe ich Sie heute gar nicht erwartet.«
Hauke Kaspar deutete an, dass Svetlana an einem kleinen Besprechungstisch Platz nehmen sollte. Der immer korrekt gekleidete Sechzigjährige kam hinter seinem Schreibtisch hervor und ging zum Besprechungstisch hinüber, wo er sich in einen Sessel fallen ließ. Svetlana beobachtete ihn. Es war ihm anzusehen, dass ihm seine Körperfülle Mühe bereitete.
»Herr Dolny war ein guter Bursche. Ich bedaure es sehr, was mit ihm passiert ist.«
»Kannten Sie Floyd?« Svetlana war erstaunt.
Für einen Moment zögerte Hauke Kaspar. »Sie hatten ihn doch zum letzten Sommerfest mitgebracht.«
»Ach ja, daran habe ich gar nicht mehr gedacht.« Ein gezwungenes Lächeln brachte zum Ausdruck, wie unwohl sie sich fühlte. Kaspar war ihr noch nie sonderlich sympathisch gewesen und in diesem Moment empfand sie ihre Abneigung besonders stark. Weshalb dies so war, wusste sie nicht.
»Was kann ich für Sie tun?« Kaspar saß zurückgelehnt im Sessel und blickte Svetlana mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an, als ob er seinen Status als Chef unterstreichen wollte. Erst jetzt fiel ihr auf, wie dick er eigentlich war. Es fehlte nur noch eine Zigarre, um das klischeehafteBild eines überheblichen Typen abzurunden.
Svetlana kam ohne Umschweife zum Kern ihres Anliegens.
»Ich möchte mein Volontariat kündigen.«
Kaspar hatte vieles erwartet, aber nicht dies. Längst hatte er sich entschieden, Svetlana eine Festanstellung anzubieten, sobald ihr Studium abgeschlossen sei. Svetlana wusste davon allerdings nichts.
»Frau Petrova, darf ich fragen, was Sie zu diesem Schritt bewogen hat?«
»Da ich keinen Urlaub mehr habe, bleibt mir nichts anderes übrig. Ich möchte unbedingt recherchieren, was mit Floyd los war. Irgendein Geheimnis steckt hinter seinem Tod.«
»Was wollen Sie damit sagen?« Kaspar wurde neugierig.
Ohne ins Detail zu gehen, berichtete Svetlana von ihrem Fund und ihrer Vermutung, dass Floyd ein Doppelleben geführt haben musste. Kaspar hörte aufmerksam zu, wobei es nicht allein seine journalistische Neugier war.
»Ich möchte Sie ungern verlieren, Frau Petrova.«
»Mein Entschluss steht fest. Ich muss es einfach tun.«
Kaspar lehnte sich vor, so gut es seine Körperfülle zuließ, und sah Svetlana in die Augen.
»Ich mache Ihnen ein Angebot. Wenn es stimmt, was Sie vermuten, dann könnte daraus eine interessante Story werden. Übertragen Sie mir die Exklusivrechte und als Gegenleistung bekommen Sie bezahlten Sonderurlaub, solange Sie wollen.«
»Das ist sehr großzügig, herzlichen Dank.«
»Na, Ihre Freude hält sich aber in Grenzen.«
»Tut mir leid, ich kann es gerade nicht so zeigen.«
»Dafür habe ich Verständnis«, sagte Kaspar schon fast väterlich.
»Ich habe noch ein Anliegen, weiß aber gar nicht, ob ich Sie damit belästigen soll.«
»Nur raus damit.«
Svetlana erzählte, dass sie gerne nach Moskau reisen und herauszufinden möchte, weshalb Floyd dort war und was es mit diesem Hotel auf sich hatte.
»Ich werde einen Kredit aufnehmen müssen, um diese Reise finanzieren zu können. Als Studentin wird dies allerdings schwierig werden. Wären Sie eventuell bereit, für mich zu bürgen?«
Kaum hatte sie dies gesagt, bereute sie es. Svetlana rechnete damit, Kaspars Gutmütigkeit
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