Das 8. Gestaendnis
Quere. Ich bin eher der stille Typ, und genau das gefällt ihnen an mir. Ich komme rein, führe die Hunde aus und bringe sie wieder zurück. Schnappe mir meinen Scheck. Meistens kriegen sie nicht mal mit, dass ich da war.«
53
Nachdem die Hundesitterin gegangen war, sagte ich zu Conklin: »Weißt du, meine Hundesitterin hat seit Jahren meinen Schlüssel und den Code für meine Alarmanlage, und ich habe mir noch nie was dabei gedacht. Martha liebt Karen. Ich vertraue ihr.«
»Und was willst du mir damit sagen, Sergeant meines Herzens? Willst du die ›Ratten-mit-Hausschlüssel-Theorie‹ über Bord werfen?«
»Ich weiß nicht, Kumpel. Die Hundesitterin hatte zwar Zugang, aber welches Motiv soll sie gehabt haben? Was hätte sie davon, ihre Arbeitgeber umzubringen?« Meine Sprechanlage summte, und Brendas Stimme ertönte, außer Atem und ein wenig verschämt. »Lindsay, Besuch für dich.«
Ich blickte mich um. Konnte niemanden entdecken.
Ich drückte die Sprechtaste und fragte Brenda: »Wer denn?«
»Er ist auf dem Weg nach hinten.«
Ich hörte ihn, noch bevor ich ihn sah. Leise quietschten die Gummireifen auf dem Linoleum, und dann war St. Jude bei mir, balancierte auf den Hinterrädern, grinste breit und stellte seinen Rollstuhl vor meinem Schreibtisch ab.
»Boxer, du siehst großartig aus. Besser denn je.«
Ich stand auf und umarmte den legendären Simon McCorkle, der im gesamten Bundesstaat nur »St. Jude, der Schutzheilige der hoffnungslosen Fälle« genannt wurde. McCorkle hatte im Dienst eine Kugel in den Rücken bekommen, war von der Hüfte abwärts gelähmt, weigerte sich jedoch standhaft, in Pension zu gehen. Seit jenem schwarzen Tag vor zwanzig Jahren kümmerte sich St. Jude von einem Büro im Kriminaltechnischen Labor aus um ungelöste Fälle.
»Danke, McCorkle. Ich sehe da ein paar graue Haare in deinem Bart. Steht dir gut.«
»Gib mir deine Hand, Boxer. Nein, die linke. Unverheiratet? Dann habe ich also immer noch eine Chance.«
Ich lachte, machte McCorkle mit Conklin bekannt, und sie drückten sich gegenseitig die Pranken wie lange verschollene Brüder des irischen Kleeblatts. Es dauerte nicht lang, bis wir St. Jude vom Fall der verstorbenen Millionäre erzählten, einem Fall, der uns in den Wahnsinn trieb.
McCorkle sagte: »Genau deswegen bin ich ja hier, Kleines. Als ich heute Morgen in der Bahn das Foto von Sara Needleman gesehen habe, habe ich eine Verbindung zu den Baileys gezogen … und weißt du was, Boxer? - Da hat’s bei mir geklingelt.«
54
McCorkle griff mit einem seiner massiven, über und über tätowierten Arme hinter sich und wuchtete einen Rucksack auf seinen Schoß.
»Ich hab dir was mitgebracht«, sagte er augenzwinkernd.
»Was mag das sein? Hoffentlich Schokolade.«
Er holte eine Ermittlungsakte aus seinem Rucksack. Sie umfasste einen dicken Aktenordner voll mit Notizen und Dokumenten zu einem einzigen Mordfall. Auf dem Umschlag stand in breiten Filzstiftbuchstaben: PANGORN, 1982.
Es folgten zwei weitere Ermittlungsakten mit den Titeln GODFREY, 1982 und KENNEDY, 1982.
»Was soll das denn werden?«, fragte ich McCorkle, als er die drei Aktenordner auf meinen überfüllten Schreibtisch schob.
»Geduld, meine Hübsche. Das ist der letzte. Christopher Ross. Er musste als Letzter sterben, im Dezember 1982.«
»McCorkle, mein Lieber, hilf mir mal auf die Sprünge.«
»Ich erzähle dir alles, und dann, wer weiß, können du und ich und Conklin vielleicht unseren Frieden finden.«
Ich ließ mich gegen die Stuhllehne sinken. Manche Menschen auf dieser Welt leben für ihr Publikum, und Simon McCorkle war einer dieser Menschen.
Das rührte zum Teil daher, dass er die ganze Zeit da draußen in diesem Labor in Hunters Point hockte. Und zum Teil daher, dass er sich tagein, tagaus nur mit kalten Spuren und noch kälteren Leichen beschäftigte.
Aber da war noch etwas anderes. Ob er das Verbrechen nun heute oder im nächsten Monat aufklärte, St. Jude erzielte jedes Mal Tore, die ohne ihn niemals zustande gekommen wären. Sein Job lieferte erstklassige Geschichten.
»Die Opfer hatten verschiedene Dinge gemeinsam.« McCorkle beugte sich nach vorn und legte seinen fleischigen Arm auf die Akten, sodass ich auf eine behaarte, halbnackte Hulatänzerin an seinem privaten Tattoo-Strand starrte.
»Die Opfer entstammten allesamt der Oberschicht. Sie starben ohne jedes erkennbare Anzeichen für ein Verbrechen. Doch beim letzten Opfer, Christopher Ross, hat der Killer die Mordwaffe
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