Das 8. Gestaendnis
gar nicht verschweigen, dass ich das Gefühl hatte, als würden mich Dutzende Augen anstarren. Dass ich bis in die Haarspitzen nur blankes Entsetzen empfand und dass, obwohl ich schreckliche Angst um meinen Partner hatte, auch noch ein bisschen Angst für mich selbst übrig war.
Auf dem Weg ins Wohnzimmer, wo Conklin mit gesenktem Arm auf einem blau karierten Sofa lag, ließ ich den Fußboden nicht aus den Augen.
Seit dem Biss waren erst ein, zwei Minuten vergangen, aber ich hatte keine Ahnung, wie lange es dauern würde, bis das Gift sein zentrales Nervensystem lähmte. Wie lange es dauern würde, bis Conklin nicht mehr atmen konnte.
War es vielleicht jetzt schon zu spät? Ich riss ihm den Gürtel aus der Hose, schlang ihn direkt unterhalb des Ellbogens um den gebissenen Arm und zog ihn stramm. »Hab ich dich, Kumpel. Der Notarztwagen ist schon unterwegs.«
Da wurde ich von einer Panikattacke erfasst. Meine Tränen drängten mit aller Macht gegen den Staudamm und wollten ihn sprengen. Aber das konnte ich im Angesicht meines
Partners nicht zulassen. Ich wollte wenigstens zehn Prozent seiner Tapferkeit an den Tag legen.
Also zwang ich mich, nicht mehr über seine Überlebenschancen nachzudenken.
Und konzentrierte mich stattdessen auf die Entfernung zwischen uns und dem nächstgelegenen Krankenhaus. Ich dachte an den Hindernisparcours, den die Sanitäter zurücklegen mussten, um die Tragbahre vom Eingang an der Twenty-fifth Avenue bis ganz nach hinten zu bringen.
Und dann war da noch das Antivenin.
Konnte das Krankenhaus rechtzeitig ein passendes Gegenmittel auftreiben?
Die Seelen all jener Verstorbenen, die ich einmal geliebt hatte, statteten mir einen Besuch ab, während ich Richies unverletzte Hand hielt und auf die Sirenen wartete: Jill und Chris und meine Mom - wenn Conklin sterben würde, das würde ich nicht verkraften.
Ich hörte die Sirenen jaulen und verstummen.
Zu meiner unbeschreiblichen Erleichterung stürmten, zwölf Minuten nachdem Conklin gebissen worden war, Sanitäter mit Tragbahren durch die Tür.
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Ich schrie den Sanitätern und den Polizisten zu: »Verdammte Giftschlangen, überall auf dem Boden. Hochgiftig! « »Sie haben einen verletzten Polizisten gemeldet?«, sagte einer der Streifenbeamten.
Ich kannte ihn. Tim Hettrich. Schon zwanzig Jahre bei der Truppe und einer unserer Besten. Aber er und Conklin hatten eine Fehde laufen, die mit Conklins Versetzung zur Mordkommission angefangen hatte. Ich konnte mir gut vorstellen, dass die beiden einander von Herzen hassten.
»Conklin ist von einer Giftschlange gebissen worden.«
»Da drin liegt ein verletzter Kollege , Sergeant. Wir gehen rein.«
Nachdem Conklin auf die Tragbahre geschnallt worden war, ging ich zu Norma Johnson, die immer noch gefesselt am Boden lag. Ihr Gesicht war angeschwollen, und sie blutete aus der Nase, aber ich hatte das Gefühl, dass sie, wenn jetzt eine Schlange aus der Speisekammer gekrochen käme und sie beißen würde, vor Freude gejubelt hätte.
Vielleicht wollte sie ja so sterben, wie ihr Vater gestorben war.
Einerseits hoffte ich, dass ihr Wunsch in Erfüllung ging, aber meine eher rationale Seite wollte hören, was sie zu erzählen hatte.
Ich wollte wissen, was Norma Johnson wem angetan hatte und warum. Und dann sollte der Staat ihr den Prozess machen, sie verurteilen und das Todesurteil vollstrecken.
Ich stellte mich mit gespreizten Beinen über Norma Johnson auf und las ihr ihre Rechte vor.
»Du hast das Recht, die Aussage zu verweigern, du widerliches,
feiges Stück«, sagte ich. »Alles, was du sagst, kann und wird verdammt nochmal vor Gericht gegen dich verwendet werden. Du hast das Recht, dir einen Rechtsanwalt zu nehmen, falls du einen findest, der schleimig genug ist, um dich zu verteidigen. Falls du dir keinen Rechtsbeistand leisten kannst, dann stellt der Bundesstaat Kalifornien dir einen zur Verfügung. Das machen wir sogar für Abschaum wie dich. Hast du das kapiert, Pet Girl?«
Sie blickte mich lächelnd an.
Ich packte sie an den Handschellen und rüttelte, sodass der Schmerz in ihre ausgekugelte Schulter fuhr und sie laut aufkreischte.
»Ich habe dich gefragt, ob du das kapiert hast!«
»Ja, ja, ja !«
Hettrich sagte: »Ich hab sie, Sergeant.« Er zog sie auf die Füße und schob sie hastig zur Tür hinaus. Ich wäre am liebsten auch rausgegangen. Aber erst musste ich nachsehen, was in dieser Speisekammer los war.
Ich musste es wissen.
Ich trat an die Türöffnung und starrte
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