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Das 9. Urteil

Das 9. Urteil

Titel: Das 9. Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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sagte: »Das ist kein Lippenstift.«
    Ich ließ den Strahl meiner Taschenlampe über die Schrift gleiten und spürte, wie mir der Magen in die Kniekehlen sackte.
    »Das ist Blut«, sagte Conklin. »Er hat das mit dem Finger geschrieben, mit ihrem Blut.«
    Einer von Clappers Technikern machte Fotos. Ein zweiter untersuchte die Buchstaben auf der Windschutzscheibe nach Fingerabdrücken. Mein flackernder Hoffnungsschimmer wurde zu einem hellen Licht.
    War das denn möglich?
    Hatte der Lippenstift-Killer sich so sehr in seinem Wahn verloren, dass er einen blutigen Fingerabdruck als Hinweis für die Mächte des Guten hinterlassen hatte?

42
    Am selben Tag um halb neun Uhr abends saß Sergeant Jackson Brady einer bunt zusammengewürfelten Schar aus Angehörigen der Mordkommission und Streifenpolizisten gegenüber, die sich in unserem Bereitschaftsraum versammelt hatte. Er steckte eine Videokassette in den veralteten Rekorder und sagte: »Falls irgendjemand etwas sieht, was mir entgangen ist, dann bitte sofort melden.«
    Der Monitor erwachte mit einem grobkörnigen Schwarz-Weiß-Bild zum Leben. In der unteren rechten Ecke war ein Mann zu sehen, der den Mittelgang des Parkhauses entlangging und auf den Dodge Caravan am hinteren Ende der Reihe zusteuerte.
    Die Bilder waren aufgrund der schlechten Beleuchtung und der Tatsache, dass das billige Band bereits Hunderte Male überspielt worden war, ruckelig, schlecht belichtet und grießelig. Trotzdem, der Killer war zu erkennen. Wie beim letzten Mal trug er auch jetzt eine Schirmmütze und eine zweifarbige Baseballjacke. Den Kopf hielt er gesenkt und wandte der Kamera den Rücken zu.
    Brady kommentierte, während der Film lief.
    »Da, er hat die Hände in den Taschen. Er nähert sich dem Wagen des Opfers und spricht Mrs. Marone an. Was sagte er? Vielleicht erkundigt er sich nach der Uhrzeit? Oder er fragt, ob sie ihm einen Zwanziger wechseln kann?
    Jetzt stellt sie ihre Taschen auf den Rücksitz und schiebt die Tür zu. Sie geht auf die Fahrerseite und telefoniert dabei mit ihrem Mann.«
    Ich sah genau hin, während der Killer sich der noch lebenden Elaine Marone näherte. Ich prägte mir seinen Gang ein, konzentrierte mich auf seine und ihre Körpersprache. Er machte einen irgendwie verlegenen Eindruck, und Elaine Marone wirkte keineswegs verschreckt.
    Mir fiel ein, dass Brady gesagt hatte, der Täter mache einen »ganz normalen Eindruck«. Und ich musste an die bösartigsten aller Serienkiller denken – an diejenigen, die später irgendwann im Film verewigt wurden. Sie alle hatten nach außen hin absolut normal gewirkt.
    »Sehen Sie, jetzt hat er die Pistole gezogen«, sagte Brady. »Neun Millimeter, Beretta. Schicker Schalldämpfer. Sie wirft einen kurzen Blick auf den Rücksitz, dann streckt sie ihm die Handtasche entgegen. Sie sagt: ›Was wollen Sie?‹ Sie versucht ihm irgendwas anzubieten, hat aber keinen Erfolg. Der Highlander blockiert den Blick auf die untere Körperhälfte, aber so, wie er plötzlich einknickt, würde ich sagen, dass sie ihm einen Tritt verpasst hat.
    Jetzt schlägt er ihr die Handtasche aus der Hand, und das war der erste Schuss. Sie greift sich an die Brust.«
    Brady sprach weiter, aber ich konnte selbst sehen, dass Elaine Marone die Hand ergriff, in der der Killer die Pistole hielt. Er packte sie seinerseits mit der anderen Hand am Handgelenk, drückte fest zu und riss sich los. Dabei musste er die Druckstellen an ihrem Handgelenk hinterlassen haben. Eine Sekunde später zuckte Elaine Marones Körper viermal und verschwand aus dem Blickfeld.
    Die Hintertür des Vans wurde aufgeschoben, und der Killer gab einen Schuss auf den Rücksitz ab, dann verschwand er ebenfalls.
    »Sehen Sie«, sagte Brady, »da taucht unser Mann wieder auf. Er hat Elaine Marones Leiche mit dem linken Arm an der Hüfte gepackt und schreibt mit dem Zeigefinger ihrer rechten Hand seine Signatur auf das Glas. Sie hatte keinen Lippenstift dabei, darum hat er improvisiert.«
    Ich bat Brady, das Band ein Stück zurückzuspulen, und sah noch einmal genau zu, wie der Killer mit der Hand und dem Blut der Toten » KFZ « schrieb. Er nahm dazu ihren Finger, nicht seinen, und außerdem trug der Schweinehund Handschuhe. Meine Hoffnungen auf einen Fingerabdruck erstarben.
    Brady sagte: »Er hat die Türen des Vans offen gelassen und die beiden Leichen fein säuberlich auf dem Boden drapiert. Und da sehen wir ihn wieder, wie er in den vierten Stock geht. Dort hat ihn die nächste Kamera

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