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Das 9. Urteil

Das 9. Urteil

Titel: Das 9. Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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erfasst, wie er in den Fahrstuhl steigt. Vom Fahrstuhl selbst gibt es ebenfalls ein Band. Die Aufnahme ist genau zehn Sekunden lang, eine Nahaufnahme seiner Mütze von oben, neutral, ohne Aufdruck. Jetzt steigt er im Erdgeschoss wieder aus. – Drei Minuten und vierzig Sekunden«, sagte Brady, richtete die Fernbedienung auf den Monitor und schaltete ihn aus. »So lange hat es von dem Zeitpunkt, wo er die Pistole gezogen hat, bis zu seinem Verschwinden gedauert.«

43
    Wir saßen auf dem breiten Ledersofa im Wohnzimmer und warteten auf die Elf-Uhr-Nachrichten. Meine Füße lagen auf Joes Schoß, und Martha schnarchte neben mir auf dem Teppich. Ich war frustriert und vollkommen übermüdet. Ich wollte nur noch schlafen, aber meine Gedanken ließen mich nicht in Ruhe.
    »Heute war eine Frau im Präsidium«, erzählte ich Joe. »Sie hat ausgesagt, dass sie an dem Abend, als die Kinskis ermordet wurden, vor dem Ferry Building von einem Mann angesprochen worden ist. Er hatte sich angeblich verlaufen. Trug eine Schirmmütze und eine blau-weiße Baseballjacke.«
    »Hat sie glaubwürdig gewirkt?«
    »Jacobi meint, sie hätte am ganzen Leib gezittert und sich die halbe Lippe abgekaut. Sie hat gesagt, dass der Typ ihr unheimlich war. Sie hat ihm geantwortet, dass sie ihm nicht helfen kann, und sei mit ihrem Baby weggegangen, und da hat er ihr wohl nachgerufen: ›Vielen Dank, dass Sie mir Ihre gottverdammte Zeit geopfert haben!‹ Sie hat sich das Überwachungsvideo angeschaut und meint, das könnte er sein.«
    »Das ist gut, Linds. Eine Zeugin, zumindest eine vage.«
    »Es ist besser als nichts, das stimmt, aber weißt du, das kann auch einfach ein x-beliebiger Mann mit Baseballjacke gewesen sein. Joe, FKZ , ZFK und jetzt KFZ . Du bist doch so ein Rätsel-Junkie. Was sagt dir das?«
    »Für Korrekte Zeichensetzung. Zentrale für Freie Kulturschaffende. Kraftfahrzeug. Soll ich weitermachen?«
    »Nein, du hast ja recht«, sagte ich. »Es ist sinnlos. Der Killer spielt mit uns.«
    »Hör mal, bevor ich es vergesse …«
    »Da«, unterbrach ich ihn, griff nach der Fernbedienung auf dem Couchtisch und stellte den Ton lauter, als das vertraute Gesicht der Nachrichtensprecherin Andrea Costella über dem Schriftzug EILMELDUNG eingeblendet wurde.
    »Es gibt Neuigkeiten vom Lippenstift-Killer. Er ist auf einem Überwachungsvideo aus dem Parkhaus am Union Square zu sehen, wie er den Schauplatz eines weiteren grauenhaften Doppelmordes verlässt«, sagte sie.
    Dann war das rund zehn Sekunden lange Video zu sehen, auf dem der Killer den Fahrstuhl betrat, mit seiner behandschuhten Hand auf eine Taste drückte und dann mit gesenktem Blick regungslos dastand, bis die Türen wieder aufgingen und er ins Freie trat.
    »Die Polizei hat von einem anonymen Zeugen eine Beschreibung des Todesschützen erhalten. Hier sehen Sie das entsprechende Phantombild.« Jetzt wurde statt des Videos eine Zeichnung ins Bild gerückt.
    »Siehst du?«, sagte ich zu Joe. »Mr. Nullachtfünfzehn. Farblose Augen, farblose Haare. Normales Aussehen, normale Neun-Millimeter-Patronen, nirgendwo registriert. Was den Zuschauern jedoch vorenthalten wird: Er benutzt einen hoch professionellen Schalldämpfer.«
    »Klingt ganz nach einer militärischen Ausbildung. Bei einer Spezialeinheit. Oder nach einem Söldner. Den Schalldämpfer hat er sich auf dem Schwarzmarkt oder im Ausland besorgt.«
    »Ja, genau. Der militärische Ansatz klingt vielversprechend. Aber hier in der Stadt gibt es … wie viele? Tausende und Abertausende ehemalige Militärs. Und die Hälfte davon entspricht mehr oder weniger dieser Beschreibung. He, was ist das denn?«, rutschte es mir heraus, als ein weiteres Video gezeigt wurde.
    Mit offenem Mund sah ich zu, wie Claire von einer unruhigen Handkamera verfolgt wurde. Sie ging gerade von der Leichenhalle zu dem Parkplatz direkt vor ihrem Büro. Journalisten fragten nach den Mordopfern und ob sie den Einwohnern von San Francisco etwas zu sagen habe.
    Claire drehte den Kameras den Rücken zu und stieg in ihren neuen Prius. Sie ließ den Motor an, und ich dachte, das war’s – Verzieht euch, ihr Aasgeier –, doch dann ließ sie das Fenster herunter, legte den Ellbogen auf den Fensterrahmen und blickte direkt in die Kameras.
    »Ja, ich habe den Einwohnern von San Francisco etwas zu sagen. Aber ich spreche hier nicht als Leiterin der Gerichtsmedizin. Ich spreche hier als Ehefrau und Mutter. Ist das klar?«
    Ein vielstimmiges Ja war die Antwort.
    »Mütter,

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