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Das abartige Artefakt

Das abartige Artefakt

Titel: Das abartige Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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Zwerge zu ihm hoch. Der Verwalter aber hörte ihn nicht. Seine kleinen roten Augen huschten im Raum umher. Er biss sich so fest auf die Lippen, dass sie beinahe bluteten, und in seinem Inneren mischten sich Zorn und Verzweiflung zu einem bitteren Sud, der ätzend durch seine Adern pulste.
    Mit zusammengepressten Lippen hämmerte der Verwalter auf die Tischplatte, dass das darauf verschüttete Bier aufspritzte.
    Er blickte sich um. Mit ihm im Raum befanden sich sechs Gardisten. Wie lange würden sie die Zwerge aufhalten können?
    Warum war Trümmerboldt nicht eingeschritten?
     
     
    Der letzte verbliebene Kupferkrieger begann, sich in Richtung der Treppe zu bewegen. Die Aufwiegler machten den Weg frei. Staunend und mit offenen Bärten betrachteten sie den Giganten, dessen riesige Füße über den goldenen Boden der Höhle schlurften.
    Trümmerboldt, der sich im Inneren des Kriegers befand, schaute sich um. Er sah, wie die aufständischen Zwerge einen Gardisten nach dem anderen entwaffneten. Die Wachen konnten sie nicht aufhalten. Nicht, solange sie sie nicht ernsthaft verletzen durften. Und dem stand das oberste Gesetz der Zwergenheit entgegen. Rücksicht war ein brüchiges Rad auf dem Weg zum Erfolg. Sie konnte alles gefährden. Das war eine der wichtigsten Lehren, die Krugk Trümmerboldt aus dem Schutzgoldgeschäft gezogen hatte. Wenn man sich die Taschen füllen wollte, musste man bereit sein, Beine zu brechen. Und das war eine Entscheidung, die bewusst getroffen werden musste. Denn halbherziges Beinebrechen brachte niemanden weiter. Das war so, als würde man einen Gang graben, ohne das Gold darin mitnehmen zu wollen…
    Der tiefschwarze Menhir begann, die Treppe hochzusteigen. Dabei grinste er unter seinem kupfernen Kopfschutz. Was immer geschah, die Felswehr musste das oberste Gesetz der Zwergenheit befolgen und durfte keinem anderen Zwergenartigen etwas antun. Mehr als drohen durften sie nicht. Drohungen, schicke Uniformen und Waffen, die sie nicht benutzen durften – das war die persönliche Leibgarde des Großen Verwalters.
    Der Verwalter hörte die aufständischen Zwerge nun schon ganz nahe. Sie mussten das dritte Stockwerk bereits erreicht haben. Sie schrien alle durcheinander. Durch den Türspalt konnte er sie bereits sehen. Helm an Helm, einer nach dem anderen, ein wilder Haufen zornigen Barthaars, der sich von der Treppe in das Stockwerk ergoss.
    Die kleinen rot geränderten Augen des Verwalters huschten gehetzt durch den Raum, von einem Gardisten zum nächsten. Ob sie ihn beschützen konnten? Draußen auf der Treppe war zu hören, wie die aufgebrachten Zwerge schreiend, schimpfend und tobend einen Gardisten nach dem anderen überwältigten.
    Der ungebändigte Zorn der Zwergenheit schwappte durch das Orakel. Und sein erklärtes Ziel war kein anderer als der Große Verwalter.
    Doch die Gardisten machten keinerlei Anstalten, die Waffen zu heben. Sie waren allesamt wie erstarrt vor Schreck. Die Augen des Verwalters weiteten sich vor Entsetzen, als er die ersten Aufrührer vor der Tür seiner Kammer sah.
    Er eilte zu einem der Gardisten hinüber, packte ihn bei den Schultern, schüttelte ihn durch und schrie: „Tut doch etwas! Irgendetwas, verdammt!“
    Niemand rührte sich. Die Freiwilligkeit der Felswehr endete offenbar bei einem tatsächlichen Konflikt. Ihnen fehlten die lange Erfahrung und die Kühnheit ihrer Vorgänger. Sie waren noch zu jung und zu unerfahren und würden den Verwalter nur beschützen, solange sie selbst dabei keinen Schaden nahmen.
    In dieser Situation hatten sie anscheinend beschlossen, ihn weder mit ihrem Leben noch anderweitig zu beschützen. Stattdessen begannen sie unter den fassungslosen Augen des Herrn aller Zwerge ihre Waffen abzulegen und ihre Uniformen auszuziehen.
    „Aber das könnt ihr doch nicht tun!“, rief der Verwalter entsetzt. „Ich… ich bin euer Herr! Ihr habt geschworen, mich zu beschützen. Ihr, ihr…“ Ein Ausdruck des Begreifens huschte über sein Gesicht. „Oh, ich verstehe. Feige Weichbärte seid ihr. Allesamt. Nun gut, macht, was ihr wollt, ich brauche euch nicht. Keinen von euch! Ich komme auch allein zurecht.“
    Er baute sich vor ihnen zu seiner vollen Größe auf. Dabei glühte in seinen Augen das letzte Fünkchen Würde, das ihm unter dem verfilzten Bart und den dreckigen Fingernägeln noch geblieben war.
    In diesem Moment stürmten die Zwerge in die Höhle. Die Felswehrgardisten mischten sich unter die ersten Aufständischen, während die

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